Alternative in Sicht: Habeck plant teilweise Befreiung von Wärmepumpe

Welchen Beitrag kann die Fernwärme beim klimaneutralen Umbau der Wärmeversorgung leisten? Das wollen Wirtschaftsminister Habeck und Bauministerin Geywitz erörtern.
Bundeswirtschaftsminister Habeck nimmt an einem Pressestatement zum Förderprogramm für Klimaschutzverträge teil.
Bundeswirtschaftsminister Habeck nimmt an einem Pressestatement zum Förderprogramm für Klimaschutzverträge teil.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 12. Juni 2023

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Werden ganze Straßenzüge oder Stadtteile an das Fernwärmenetz angeschlossen, sollen Hausbesitzer beim Heizungstausch keine Wärmepumpe einbauen müssen. Das geht nach einem Bericht der „Augsburger Allgemeinen“ aus einer Beschlussvorlage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für ein Treffen mit Kommunen und Branchenvertretern hervor.

„Wenn ein Wärmenetzbetreiber einen solchen Ausbau verbindlich verfolgt, sollten daran interessierte Gebäudeeigentümer (…) von der Pflicht zum Einbau einer die 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien erfüllenden Heizung befreit werden“, heißt es in dem Papier laut Zeitung.

Habeck und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) haben Vertreter der Branche zu dem Treffen in Berlin eingeladen. Davon soll ein „deutliches Aufbruchssignal“ für den Um- und Ausbau der Fernwärmeversorgung gesendet werden, wie es vorab hieß.

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Keine Fokussierung nur auf Wärmepumpe

Der Stadtwerkeverband VKU sieht noch Hürden für einen Ausbau der Fernwärme. VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing fordert unter anderem eine längere, milliardenschwere staatliche Förderung. Liebing sagte der Deutschen Presse-Agentur vor dem „Fernwärmegipfel“: „Es ist gut, dass die Bundesregierung erklärt, wir wollen die Fernwärme voranbringen. Aber dann müssen auch Hürden beseitigt werden. Ich erwarte vom Fernwärmegipfel einen wesentlichen Impuls und konkrete Vorschläge.“

„Es gibt noch viele Hemmnisse für den Ausbau der Fernwärme“, sagte Liebing. „Aber die Fernwärme soll und wird einen wesentlichen Beitrag dazu leisten müssen, dass wir insgesamt die Wärmewende hinbekommen.“ Es dürfe keine Fokussierung nur auf die Wärmepumpe geben. „Sie wird, das wissen auch alle, bei realistischer Betrachtung nur eine Lösung sein.“

Die Bundesregierung plant zum einen eine Reform des Gebäudeenergiegesetzes – das sogenannte Heizungsgesetz – sowie eine Reform der kommunalen Wärmeplanung. Laut Gesetzentwurf sollen Länder und Kommunen in den kommenden Jahren konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen. Dies soll Bürgern eine wichtige Orientierung geben, indem sie erfahren, ob ihr Haus bald an ein Fern- oder Nahwärmenetz angeschlossen wird oder sie ihre Heizung absehbar auf eine Wärmepumpe oder andere Optionen umrüsten sollten.

Drei Milliarden Euro im Topf

„Es muss eine Verzahnung des Gebäudeenergiegesetzes mit der kommunalen Wärmeplanung geben“, sagte Liebing. „Am Ende wird über den Ausbau der Fernwärme vor Ort entschieden durch die Versorger und durch die Kommunen, die Klarheit für die Kunden und für die Netzbetreiber schaffen müssen. Wo sehen sie Potenzial für Fernwärme, wo weniger? Wo geht es eher über elektrische Lösungen? Oder wo geht es vielleicht auch durch die Umstellung von Gas- auf Wasserstoffnetz? Das ist für uns der wesentliche Ausgangspunkt, dass wir jetzt zügig mit den Wärmeplänen vorankommen.“

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sehe ein Potenzial der Verdopplung bis Verdreifachung in der Fernwärme. „Aber das braucht Zeit und es sind kapitalintensive Projekte. Deswegen wird es auch um Finanzierungsfragen gehen“. Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze laufe 2026 aus. Eine langfristige Förderung sei notwendig.

Bisher seien bis 2026 insgesamt drei Milliarden Euro im Topf. „Diese drei Milliarden Euro brauchen wir aber bis in die Mitte der 30er Jahre jährlich an staatlicher Förderung.“

Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, forderte in der „Rheinischen Post“ ebenfalls eine Verzahnung der kommunalen Wärmeplanung mit dem Gebäudeenergiegesetz. „Gleichzeitig müsste über die Länder geregelt werden, dass bei der Etablierung eines Nah- oder Fernwärmenetzes im Regelfall auch ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht, um die Wirtschaftlichkeit der Systeme zu sichern“, sagte Landsberg.

Verbraucherzentralen fordern mehr Transparenz

Der Vize-Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Achim Dercks, sagte der dpa: „Viele Betriebe sehen in der Fernwärme eine Chance für die klimafreundliche Versorgung ihrer Gebäude oder ganzer Gewerbegebiete.“ Darum sei es richtig, den Aus- und Umbau der leitungsgebundenen Wärmeversorgung stärker in den Fokus zu nehmen. „Wie uns die Rückmeldungen aus den Unternehmen vor Ort zeigen, hängt die Akzeptanz dafür aber an wichtigen Voraussetzungen: Im Zentrum stehen dabei wettbewerbsfähige und langfristig kalkulierbare Preise.“

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht Fernwärme als „zentralen Baustein für eine erfolgreiche Wärmewende“. Das gelte nicht nur für Städte, sondern biete auch Potenziale im ländlichen Raum, sagte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae, der „Rheinischen Post“ (Montag). „Um den Ausbau zu beschleunigen, braucht es aber Rückenwind von der Bundesregierung“, mahnte Andreae. Aus Sicht der Energiewirtschaft sei ein stabiler, planungssicherer und auskömmlicher Förderrahmen notwendig.

Die Verbraucherzentralen fordern mehr Transparenz auf dem Fernwärmemarkt. Wärmenetze seien ein Markt, „wo die Anbieter praktisch unregulierte Monopole haben“, sagte Verbandschefin Ramona Pop den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Fernwärme kann ein wichtiger Baustein für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung sein“, betonte Pop. Es seien aber dringend bessere Rahmenbedingungen für Verbraucher notwendig. (dpa/mf)



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