Allgemeinarzt: „Praxen pfeifen aus dem letzten Loch“
Um einen Eindruck von der Situation und der Stimmung in deutschen Arztpraxen des ländlichen Raums zu gewinnen, die derzeit mit dem Coronavirus konfrontiert sind, hat die „Welt“ in einem Skype-Interview den Allgemeinmediziner Stefan Höhne aus dem brandenburgischen Wandlitz befragt.
Allgemeinmediziner seien die Ersten, die mit Infekten aller Art in Berührung kämen, erklärte Höhne dabei auf die Frage nach den bisherigen Auswirkungen des Coronavirus auf die Praxen – häufig geschehe dies in einem Stadium der Unklarheit darüber, um welche es sich handele. Es sei dann die Verantwortung der betroffenen Praxen, diese Frage medizinisch aufzuklären.
„Keine Rückmeldung darüber, wann mit Material zu rechnen ist“
Was die Kapazitäten von Arztpraxen zur Bewältigung sich rasch verbreitender Erscheinungen wie des Coronavirus anbelangt, sei man für alltägliche Fälle wie eine herkömmliche Influenza ausgestattet, aber nicht für Pandemien, Epidemien oder ähnliches.
„Wir haben bisher auch alles selbst bestritten; was ich trage, habe ich auch alles selbst angeschafft“, schildert Höhne. „Letztendlich ist auch für meine Mitarbeiterinnen der Schutz nicht zu gewährleisten, weil wir aus dem letzten Loch pfeifen. Wir haben kleine Reserven, aber wenn das, was hier vorhanden ist, verbraucht ist, ist auch hier Ende.“
Wenn Politiker von Gesundheitsminister Jens Spahn abwärts erklärten, es werde für eine ausreichende Versorgung Sorge getragen und man stehe in stetigen Kontakt mit den Praktikern vor Ort, sei dies schlichtweg falsch.
Er selbst, so Höhne, habe sich mit mehreren E-Mail-Anfragen ans Gesundheitsministerium gewandt. Er habe darauf gedrängt, dieses möge die erforderlichen Schritte setzen, um dafür zu sorgen, dass auch Allgemeinärzte mit dem erforderlichen Schutzmaterial versorgt würden, um ihrer Verantwortung für das Gesundheitswesen gerecht werden zu können. Bis dato mit wenig Erfolg.
Material muss endlich in die Primärversorgungspraxen
Derzeit verfüge man über einen sterilen und einen nicht sterilen Arbeitsraum. Auch trage man dafür Sorge, Personen mit Infekten getrennt von jenen mit chronischen Krankheiten zu behandeln, die durch Erscheinungen wie das Coronavirus ein noch höheres Risiko hätten.
Es seien jedoch „glückliche Umstände“, die seiner Praxis dies ermöglichten. Nicht jede könne dies gewährleisten. Es gäbe in seiner Praxis eine eigene „Infektsprechstunde“, die er selbst auch mithilfe seiner vorhandenen Schutzvorrichtungen halte. Die übrigen Agenden übernähmen die Mitarbeiterinnen.
Reichten die eigenen Schutzausstattungen nicht mehr aus, sei in weiterer Folge eine Überlastung der Rettungsstellen und des Gesundheitswesens insgesamt zu befürchten. Deshalb richtet Höhne auch einen dringlichen Appell an die Verantwortlichen, dass „endlich einmal Belieferung ausgelöst“ werde: „Es muss ja Material da sein, und das muss jetzt endlich in die Primärversorgungspraxen gelangen.“
„Eigentlich nur zugucken, wie Coronavirus sich ausbreitet“
In der Vorwoche sei es immerhin gelungen, nach mehrstündigen Gesprächen mit den zuständigen Behörden eine klare Abrede zu treffen, wie Proben schnellstmöglich und reibungslos an die damit betrauten Stellen gelangten.
Dennoch könne man als Allgemeinpraxis nicht darauf vertrauen, dauerhaft alle erforderlichen Veranlassungen um das Coronavirus in Eigenregie zu bewältigen, sondern „eigentlich nur zugucken, wie es sich ausbreitet“. Für die „pandemischen Abstriche“ sei man nicht ausgerüstet.
In Brandenburg hat sich bisher in einem Fall der Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus bestätigt. Derzeit meldet das Robert-Koch-Institut (Stand: 3.3.20) 188 bestätigte Fälle in ganz Deutschland – 101 davon betreffen Nordrhein-Westfalen.
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