Aiwanger-Affäre: Pensionierter Lehrer muss sich in Disziplinarverfahren verantworten

Die sogenannte Flugblatt-Affäre von Freie-Wähler-Chef Aiwanger findet kein strafrechtliches Nachspiel. Dem mutmaßlichen Denunzianten, einem pensionierten Lehrer, konnte keine Weitergabe der Pamphlete nachgewiesen werden. Ein Disziplinarverfahren steht jedoch an.
Hubert Aiwanger und seine Partei, die Freien Wähler, wollen nicht mit der AfD kooperieren.
Opfer einer Denunziationskampagne: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger.Foto: Harald Tittel/dpa
Von 30. Juli 2024

Dem pensionierten Lehrer Franz G., der als Schlüsselfigur in der Kampagne der „Süddeutschen Zeitung“ gegen Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger galt, droht ein Disziplinarverfahren. Aiwanger war 2023 im Landtagswahlkampf vorgeworfen worden, als Jugendlicher 1987 antisemitische Flugblätter mit sich geführt zu haben.

In Medien wurden noch weitere Behauptungen über den Bundesvorsitzenden der Freien Wähler aufgestellt. So solle dieser „vor dem Spiegel Hitlerreden geübt haben“. Dies sollen „anonyme Informanten“ geäußert haben. Aiwangers Bruder hat am Ende zugegeben, Urheber der Flugblätter gewesen zu sein. Beide haben sich von dessen Inhalt distanziert und Bedauern über die „Jugendsünde“ geäußert.

Lehrer soll ehemalige Mitschüler „in obsessiver Weise“ zu Aiwanger ausgehorcht haben

Die „Süddeutsche“ hatte sich über die Person ihres Informanten stets bedeckt gehalten. Franz G. soll in der Zeit vor Beginn der Kampagne jedoch bei mehreren früheren Mitschülern Aiwangers auffällig geworden sein. Er habe in „obsessiver“ Weise Fragen über diesen gestellt und versucht, Belastungszeugen gegen diesen zu finden. Der frühere Lehrer soll der „Süddeutschen“ auch eine Schularbeit Aiwangers zum Zwecke der Anfertigung eines Schreibmaschinen-Gutachtens übermittelt haben.

Gegen den pensionierten Lehrer gingen zahlreiche Anzeigen wegen Weitergabe von Flugblättern mit strafrechtlich relevantem Inhalt und wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen ein. Die strafrechtlichen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Regensburg nun eingestellt, wie sie in der Vorwoche mitteilte.

Mittlerweile liegt die Akte jedoch bei der Landesanwaltschaft. Diese prüft nun ein mögliches Disziplinarverfahren gegen den Lehrer. Die bayerische Lehrerdienstordnung sieht vor, dass Beamte auch im Ruhestand zur Verschwiegenheit über dienstliche Wahrnehmungen verpflichtet bleiben.

Disziplinarverfahren soll zeitnah beginnen – Kürzung der Bezüge möglich

Außerdem könnte G. gegen Datenschutzbestimmungen und gesetzliche Regelungen über Aufbewahrungspflichten verstoßen haben. Sollte die zuständige Disziplinarkammer Verstöße feststellen, droht dem pensionierten Lehrer eine Kürzung der Bezüge um bis zu 20 Prozent für bis zu fünf Jahre. Im Extremfall wäre sogar eine Aberkennung der Pension möglich.

Die Staatsanwaltschaft hatte hingegen ihr Verfahren eingestellt. Es sei nicht möglich gewesen, dem Ex-Lehrer die Weitergabe des Flugblatts nachzuweisen. Die „Süddeutsche“ habe unter Berufung auf Redaktionsgeheimnis und Quellenschutz keine Angaben gemacht.

Der Beschuldigte selbst habe sich zu den Tatvorwürfen nicht geäußert. Aus diesem Grund sei es auch möglich, dass die „Süddeutsche“ auf andere Weise, etwa aus einer Schülerarbeit, von dem Flugblatt und dessen Inhalten Kenntnis erlangt habe.

Warum hat sich die „Süddeutsche“ für die Kampagne hergegeben?

Bis heute herrscht Rätselraten über die Motivation hinter der Kampagne der „Süddeutschen“ wegen einer Jugendsünde, die fast vier Jahrzehnte zurückliegt. Als eine mögliche Erklärung gilt, dass Aiwanger sich mit seinem Auftritt bei der Demonstration gegen das geplante Heizungsgesetz im Juni 2023 in Erding zur Zielscheibe der Grünen und ihres Sympathisantenumfeld in den Medien gemacht hat.

Dort hatte Aiwanger geäußert, es sei „der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss“. Ein anderer Erklärungsansatz, der damals diskutiert wurde, war, dass linksliberale Meinungseliten einen Weg suchten, um die Chancen für ein schwarz-grünes oder Jamaika-Projekt nach der Bundestagswahl zu erhalten versuchten.

Der verbreitete öffentliche Unmut über das Heizungsgesetz hatte die Grünen in der Wählergunst abstürzen lassen. Auch in der Union gingen führende Entscheidungsträger auf Distanz zu einem möglichen schwarz-grünen Projekt. Söder hatte ein solches Bündnis vor der bayerischen Landtagswahl kategorisch ausgeschlossen. Wäre es gelungen, die Koalition zwischen CSU und Freien Wählern in Bayern zu sprengen, hätte er jedoch keine andere Wahl gehabt, als mit den Grünen zu koalieren.

Kontraproduktiver Effekt der Jagd auf Aiwanger in der Bevölkerung

Politisch wurde das Gegenteil einer Schwächung der Freien Wähler erreicht.

Ministerpräsident Markus Söder hat aufgrund der Vorwürfe gegen Aiwanger zwar den Koalitionsausschuss einberufen und diesem eine Erklärung im Wege eines Fragenkatalogs abverlangt. Am Ende hat er sich jedoch dazu entschlossen, die Koalition mit den Freien Wählern fortzusetzen.

Einen Einfluss auf Söders Entschluss dürfte die Reaktion auf die Enthüllungen der „Süddeutschen Zeitung“ innerhalb der bayerischen Bevölkerung gehabt haben. Die Kampagne hatte ein erhebliches Maß an Reaktanz hervorgerufen. Bei der Landtagswahl 2023 haben die Freien Wähler deutlich an Stimmen gewonnen und sind mit 15,8 Prozent drittstärkste Kraft vor der AfD geworden. Die Grünen sind hingegen auf Platz 4 in der Wählergunst zurückgefallen und spielten bei der Regierungsbildung im Freistaat keine Rolle.



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