Abschiebung von Afghanen: Taliban bieten Deutschland Zusammenarbeit an

Inmitten der Debatte um Abschiebungen nach Afghanistan äußert sich der Taliban-Sprecher und fordert die deutschen Behörden auf, die Angelegenheit bilateral zu regeln. Ein heikles Thema.
Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban in Kabul im August 2021 gilt in Deutschland ein Abschiebestopp für Afghanen.
Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban in Kabul im August 2021 gilt in Deutschland ein Abschiebestopp für Afghanen.Foto: Abdul Khaliq/AP/dpa
Epoch Times7. Juni 2024

Die in Afghanistan herrschenden islamistischen Taliban zeigen sich angesichts der in Deutschland neu entflammten Debatte um Abschiebungen von afghanischen Straftätern und Gefährdern offen für eine Zusammenarbeit.

„Das Islamische Emirat Afghanistan fordert die deutschen Behörden auf, die Angelegenheit im Rahmen der üblichen konsularischen Beziehungen und eines geeigneten Mechanismus auf der Grundlage einer bilateralen Vereinbarung zu regeln“, teilte der Sprecher des Taliban-Außenministeriums, Abdul Kahar Balchi, auf der Plattform X mit.

Nach der tödlichen Messerattacke von Mannheim hatte Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen zu wollen. Innenministerin Nancy Faeser prüft das derzeit. Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban in Kabul im August 2021 gilt in Deutschland ein Abschiebestopp für Afghanen.

Gespräche mit den Taliban nicht ohne Preis

Das Auswärtige Amt warnt vor einer Zusammenarbeit mit den islamistischen Taliban bei Abschiebungen von Afghanen. „Etwaige Rückführungen werden sich die Taliban mindestens durch internationale Anerkennung bezahlen lassen wollen“, sagte ein Sprecher des Ministeriums von Annalena Baerbock in Berlin. „Und es ist nun mal Fakt, dass die Bundesregierung die De-facto-Regierung der Taliban in Afghanistan, genau wie jedes andere Land der Welt, nicht anerkennt und nicht mit ihr zusammenarbeitet.“ Es gebe nur punktuell in Einzelfällen Kontakt „auf technischer Ebene“.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte, Abschiebungen bedeuteten für Kriminelle nicht Straffreiheit in Deutschland. „Bei Mordfällen heißt das, mindestens zehn Jahre Haft in Deutschland als Minimum, bevor eine Abschiebung dann in Anschluss an diese Strafhaft in Betracht kommt.“

Kritiker warnen allerdings vor solchen Gesprächen mit den Islamisten, die international isoliert sind. Die Taliban könnten von Abschiebungen profitieren, indem sie diese als Möglichkeit für eine Zusammenarbeit mit einem westlichen Staat nutzten, meinte Afghanistan-Experte Thomas Ruttig. Auch Vertreter der Grünen lehnen Abschiebungen von Afghanen und eine Kooperation dafür mit den Taliban ab oder stehen dem Vorhaben skeptisch gegenüber.

Bislang hat kein Land die Taliban-Regierung offiziell anerkannt

Ein Umweg über Nachbarländer Afghanistans wie Pakistan wird derzeit ebenfalls von der Bundesregierung erwogen. Diese Möglichkeit lehnen die Taliban jedoch offensichtlich ab. Auslieferungen an Drittstaaten seien ein Verstoß gegen geltende Konventionen, hob ein Taliban-Sprecher in seiner Mitteilung hervor.

Bislang hat kein Land die Taliban-Regierung offiziell anerkannt. Westliche Staaten fordern für eine Anerkennung unter anderem die Einhaltung von Menschen- und vor allem Frauenrechten in dem Land. Andere Staaten, vor allem Nachbarländer, haben sich gleichwohl für einen pragmatischeren Umgang mit den Islamisten ausgesprochen. (dpa/dl)



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