2023: Mehr Einbürgerungen in Deutschland denn je – noch mehr erwartet

Im vergangenen Jahr erhielten mehr Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft als je zuvor. Die Einbürgerungswelle folgt der Flüchtlingswelle von vor acht Jahren. Inzwischen erfüllen viele Migranten die Voraussetzungen für eine Einbürgerung. Und die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes wird die Einbürgerungen ab Ende Juni noch erleichtern.
Titelbild
Der deutsche Reisepass.Foto: iStock Pradeep Thomas Thundiyil
Von 31. Mai 2024

Waren es 2020 noch 110.000 Einbürgerungen, stieg die Zahl ein Jahr später laut Statistischem Bundesamt bereits auf 131.600 Ausländer, die neu in Deutschland eingebürgert wurden. Im vergangenen Jahr erhielten 200.100 Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft. Im Vergleich zum Vorjahr war das wiederum ein Anstieg um 31.000. Die aktuelle Zahl der Einbürgerungen ist damit so hoch wie nie seit Beginn der Statistik im Jahr 2000. Epoch Times berichtete.

Erst Flüchtlingswelle, dann Einbürgerungswelle

Die Einbürgerungswelle folgt der Flüchtlingswelle der Jahre 2014 bis 2016. Entsprechend stellen Syrer die mit Abstand größte Gruppe mit 75.000 Einbürgerungen. 2015 gab es laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) circa 890.000 Erstregistrierungen von Schutzsuchenden.

Immer mehr Migranten, die damals Schutz erhielten, erfüllen mittlerweile die Voraussetzungen für eine Einbürgerung. Weil sie zum Beispiel Ausbildungen absolviert oder Sprachnachweise erworben haben oder inzwischen einfach lange genug im Land leben. Oder auch der Ehepartner. Denn für diese und auch minderjährige Kinder gilt keine Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland.

Noch schnell(er) deutscher Staatsbürger werden

Aber auch dieser sprunghaft angestiegene Rekordwert könnte rasant weiter ansteigen. Der Grund dafür: die neuen Bestimmungen im deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz.

Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, die Hürden für die Einbürgerung zu senken und dieses Vorhaben auch auf den Weg gebracht. Anfang des Jahres beschloss der Bundestag eine Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes.

Ab dem 27. Juni 2024 beträgt die Mindestlaufzeit für eine Einbürgerung dann nicht mehr acht, sondern nur noch fünf Jahre. Bei besonderen Integrationsleistungen kann die Einbürgerungszeit sogar auf drei Jahre verkürzt werden.  Die Zahl der „Mehrfachstaatsangehörigkeit“, der sogenannte Doppelpass, dürfte auch sprunghaft ansteigen; Bewerber müssen ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht mehr aufgeben.

Staatsangehörigkeitsgesetz versus „Staatsangehörigkeitsentwertungsgesetz“

„Wir brauchen das Gesetz, weil es unserem Land nutzt“, befand Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und, dass das neue Staatsangehörigkeitsgesetz zu einer modernen Einwanderungspolitik gehöre. Es mache Deutschland stärker, moderner und international wettbewerbsfähiger, so Faeser.

Vor einem „Staatsangehörigkeitsentwertungsgesetz“ hingegen warnte die Union. „Daran ist auch nichts modern“, befand Alexander Throm (CDU), der innenpolitische Sprecher der Union schon vor Verabschiedung des neuen Gesetzes: „Solche Gesetzentwürfe spalten unser Land“, sagte Throm laut Protokoll des Bundestages während der ersten Lesung zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts. Die Debatte wurde sehr emotional geführt.

Eine vom Deutschen Wirtschaftsdienst veröffentlichte Analyse sieht vor allem ein Schlüsselereignis verantwortlich, für eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft: Die schon eingangs erwähnte Massenzuwanderung ab September 2015:

„Nachdem (…) mehr als 1 Mio. Menschen Zuflucht gesucht hatten, kam es zu einem Meinungsumschwung und viele begannen, den politischen Optimismus von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu bezweifeln, der in ihrer Aussage ‚Wir schaffen das‘ zum Ausdruck kam.“ Der „Wirtschaftsdienst“ attestierte der Alternativen für Deutschland (AfD), dass sie wie keine zweite politische Partei von der „Flüchtlingskrise“ profitieren konnte.

Die Partei positionierte sich 2015 im Kontext der Krise gegen den asylpolitischen Kurs der Bundesregierung. „Die AfD hat diese Situation damals genutzt und die Flüchtlinge extrem stark politisiert“, erklärt Politologe Oliviero Angeli (Institut für Politikwissenschaft der Technischen Universität Dresden) gegenüber MDR. Das gelang der Partei auch, da es vor 2015 in Deutschland kaum Fluchtzuwanderung gegeben habe.

Gesetzeslage dem politischen Weg angepasst

Einbürgerungen gab es in der BRD fortlaufend ab dem Gründungsjahr 1949. Zu der Zeit basierte das Einbürgerungsrecht hauptsächlich auf dem Grundgesetz und dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) von 1913, bevor dieses 1964 durch das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) abgelöst wurde. Diese bekommt seitdem regelmäßige Updates, wie jetzt am 27. Juni 2024.

Das Staatsangehörigkeitsgesetz seit 1964 regelte in der neuen Bundesrepublik die Bedingungen für die Einbürgerung von Ausländern. Wer eingebürgert werden wollte, musste einen bestimmten Zeitraum des legalen Aufenthalts in Deutschland nachweisen, Kenntnisse der deutschen Sprache und Kultur sowie die Bereitschaft, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren.

Es wurden Bedingungen definiert, unter denen die deutsche Staatsangehörigkeit verloren gehen konnte, zum Beispiel durch den freiwilligen Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit ohne vorherige Genehmigung der deutschen Behörden. Bis auf Ausnahmen war die doppelte Staatsangehörigkeit nicht gestattet.

Maßgeblich war das Abstammungsprinzip. Die deutsche Staatsangehörigkeit konnte in erster Linie durch Abstammung erworben werden. Kinder, die von deutschen Eltern geboren wurden, erhielten demnach – Ius Sanguinis (wörtlich: Recht des Blutes) – automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Einbürgerung war in den 1950er- und 1960er-Jahren eher restriktiv und hauptsächlich auf Vertriebene und Flüchtlinge aus ehemaligen deutschen Ostgebieten beschränkt.

Ab den 1960er-Jahren kamen zunehmend Gastarbeiter aus Südeuropa, der Türkei und Nordafrika nach Deutschland, von denen sich viele dauerhaft niederließen. Diese wurden gezielt nach Deutschland angeworben, um dem Arbeitskräftemangel in der Nachkriegszeit entgegenzuwirken. Die Einbürgerung dieser Arbeitsmigranten sowie die Einbürgerung ihrer Nachkommen wurde ein Thema ab den 1980er-Jahren. Das zog Reformen des Einbürgerungsgesetzes in der 1990er- und 2000er-Jahre nach sich.

Zwei Seiten der Mauer

Aber es gibt auch noch eine andere Seite der Politmedaille, die hier nicht vernachlässigt werden soll: Auch die DDR, und zwar 1967, veröffentlichte ein Staatsbürgerschaftsgesetz. Während in der DDR-Verfassung von 1949 noch die einheitliche Staatsbürgerschaft für ganz Deutschland bestätigt wurde, gab es seit dem Staatsbürgerschaftsgesetz für die DDR zwei deutsche Staaten. Die BRD war zum Ausland geworden.

Das DDR-Gesetz basierte unter anderem auf dem Prinzip der doppelten Staatsbürgerschaft (DDR und BRD). In der BRD hingegen ging die Auffassung von einem deutschen Volk vor. Deshalb hatte, wer als Flüchtling aus der DDR in den Westen kam, automatisch Anspruch auf einen Pass der Bundesrepublik.

Nach der Wende erfolgte die Integration der DDR-Gesetze in die der BRD, überwiegend im Zuge der deutschen Wiedervereinigung. Das Staatsbürgerschaftsgesetz der DDR wurde durch das bundesdeutsche Staatsangehörigkeitsrecht ersetzt. Dies war ein zentraler Bestandteil des Einigungsvertrages von 1990, der die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Wiedervereinigung festlegte, am Ende die Eingliederung der DDR in die BRD.

DDR-Bürger bekamen automatisch die Staatsbürgerschaft der Bundesrepublik Deutschland.

Nach der Wende bis zur Jahrtausendwende

In der BRD wurde im Jahr 1993 auch die Einbürgerung von ausländischen Kindern, die in Deutschland geboren wurden, erleichtert. In dieser Zeit, nach der Wiedervereinigung, gab es einen erheblichen Anstieg der Einbürgerungen, insbesondere von Aussiedlern aus Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion. In den Jahren 1990 bis 1999 wurden in Deutschland rund 2,3 Millionen Personen eingebürgert. Bezogen auf die bisherige Staatsangehörigkeit stammten dabei die meisten aus Russland, aber auch viele aus der Türkei.

2000 wurde das Staatsangehörigkeitsgesetz erneut erleichtert, mit dem Resultat, dass in den kommenden 20 Jahren weitere 2,56 Millionen Personen eingebürgert wurden.

Zur Jahrtausendwende wurde das Gesetz um das Geburtsortprinzip erweitert. Seither erhalten auch in Deutschland geborene Kinder von zwei ausländischen Elternteilen die deutsche Staatsangehörigkeit ohne Einbürgerung. Es muss dafür mindestens ein Elternteil schon seit acht Jahren in Deutschland leben. Durch eine weitere Reform wurde 2014 der rechtliche Rahmen bereitet, unter bestimmten Bedingungen die doppelte Staatsangehörigkeit zu behalten, vorwiegend für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder von ausländischen Eltern.



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