Aus Protest gegen den ab Montag in ganz Österreich geltenden Lockdown und die Einführung einer Impfpflicht sind in Wien am Samstag zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Nach Angaben der Polizei nahmen rund 35.000 Menschen am Samstag an der Großkundgebung im Zentrum der Hauptstadt teil. Mehr als 1300 Polizisten wurden mobilisiert, um mögliche Ausschreitungen zu verhindern. Mindestens zehn Menschen wurden festgenommen.
An der Stadtgrenze kontrollierte die Polizei stichprobenartig aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland anreisende Demonstranten.
Zur größten Protestveranstaltung von vielen angekündigten Kundgebungen hatte die FPÖ aufgerufen. Die Partei sprach sogar von rund 100.000 Teilnehmern. Es galt eine Maskenpflicht, die jedoch von vielen nicht eingehalten wurde. Demonstranten schwenkten Transparente mit der Aufschrift „Corona-Diktatur“ oder „Nein zum Impfzwang“, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten.
„Es ist nicht normal, dass uns unsere Rechte vorenthalten werden“, sagte Katarina Gierscher, die für die Demonstration aus dem Bundesland Tirol angereist war. Die 42-jährige Lehrerin betreut seit mehreren Monaten ihre vier Kinder zu Hause und beklagte den zu großen „Druck in der Schule“, wo jede Woche PCR-Tests vorgenommen würden.
Demonstrantin: „Wir möchten, dass der Impfzwang nicht durchgesetzt wird“
„Wir möchten, dass der Impfzwang nicht durchgesetzt wird. Wir möchten unsere Kinder schützen“, sagte eine weitere Demonstrantin AFP. „Es wird ja nicht bei einer einmaligen Impflicht bleiben“, sagte ein Pfleger, der nur seinen Vornamen Martin angab. Deshalb gehe er auf die Straße - auch „für künftige Generationen“.
Nach Warnungen vor Angriffen auf kritische Infrastruktur wurden die Sicherheitsmaßnahmen für Krankenhäuser, Verlage, Ministerien sowie die Impfzentren verschärft. Wie APA aus Polizeikreisen erfuhr, soll in einem Fall versucht worden sein, einem Beamten die Schusswaffe aus dem Sicherheitsholster zu entreißen.
Neben den Demonstranten zog es aber auch zahlreiche Menschen zum letzten Einkaufstag vor dem erneuten Lockdown in die Wiener Innenstadt. Auch in anderen Landesteilen füllten sich vor allem die Einkaufszentren. Besonders stark war der Andrang in Oberösterreich, wo der Lockdown länger dauern wird als im Rest des Landes.
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Van der Bellen: „Die Gefahr ist groß, dass die Gräben jetzt noch tiefer werden“
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte am Freitag an die Menschen appelliert, sich „gegen eine Spaltung der Gesellschaft“ zu wehren. „Die Gefahr ist groß, dass die Gräben jetzt noch tiefer werden. Aber das dürfen wir nicht zulassen“, sagte er in einer Fernsehansprache.
Angesichts des Anstiegs der Corona-Zahlen in Österreich hatte die Regierung am Freitag drastische Maßnahmen angekündigt: Am Montag tritt ein neuer landesweiter Lockdown in Kraft, der auch für Geimpfte gilt und bis zu 20 Tage dauern soll. Zudem wird eine Impfpflicht eingeführt: Bis zum 1. Februar muss jeder vollständig gegen das Coronavirus geimpft sein.
Österreich ist das erste Land in Europa, das derart harte Maßnahmen ergreift. Täglich werden mehr als 15.000 positiv Getestete gezählt, während die Impfrate bei 66 Prozent liegt - und damit unter dem europäischen Durchschnitt. (afp/oz)
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