Verhandlungen ergebnislos – Israel beginnt mit Evakuierung von Rafah
Vor einem erwarteten Militäreinsatz hat Israels Armee mit der Evakuierung der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen begonnen. Das Militär rief die Einwohner des östlichen Teils der Stadt an der Grenze zu Ägypten dazu auf, sich in das einige Kilometer nördlich gelegene Al-Mawasi-Lager am Mittelmeer zu begeben.
Indirekte Verhandlungen Israels mit der islamistischen Terrororganisation Hamas in Kairo über eine Feuerpause im Gaza-Krieg und die Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge waren zuvor ohne Ergebnis geblieben.
Ägyptische Quellen sagten dem „Wall Street Journal“, dass Israel der Hamas noch eine Woche Zeit gegeben habe, einem Abkommen über eine Waffenruhe zuzustimmen. Anderenfalls werde Israel zur angekündigten Bodenoffensive auf die Stadt Rafah im Süden Gazas übergehen
Man bitte nun die Bewohner von Ost-Rafah, sich in Richtung des „erweiterten humanitären Bereichs“ zu begeben, teilten die israelischen Streitkräfte mit.
„Heute morgen (…) haben wir mit einem Einsatz von begrenztem Umfang begonnen, um die Bewohner im östlichen Teil von Rafah vorübergehend zu evakuieren“, sagte ein Militärsprecher in einer Online-Pressekonferenz. Der Armee zufolge sind „etwa 100.000 Personen“ von der Evakuierung betroffen.
Dieser Bereich liegt nördlich im Lager Al-Mawasi. Zu ihm gehören nach Angaben der Armee Feldlazarette, Zelte und größere Mengen an Nahrungsmitteln, Wasser, Medikamenten und weiteren Hilfsgütern. Im Einklang mit der Genehmigung der Regierung werde eine laufende Lagebeurteilung die „schrittweise Verlegung“ der Zivilbevölkerung aus den genannten Gebieten in den „humanitären Bereich“ ermöglichen, so das israelische Militär.
Evakuierung könnte zwei bis drei Wochen dauern
Die Evakuierung sei „Teil unserer Pläne, die Hamas zu zerschlagen“, sagte der Militärsprecher. „Wir wurden gestern auf brutale Weise an ihre Präsenz und ihre operativen Fähigkeiten erinnert.“
Am Sonntag waren nach Armeeangaben drei israelische Soldaten bei Raketenangriffen aus dem Gazastreifen auf den Grenzübergang Kerem Schalom getötet und ein Dutzend weitere Menschen verletzt worden. Mitglieder des militärischen Hamas-Arms feuerten Raketen auf den Grenzübergang . Kerem Schalom ist der wichtigste Grenzübergang für die Lieferung von Hilfsgütern aus Israel in den Gazastreifen.
Das Militär bombardierte im Anschluss nach eigenen Angaben im Gazastreifen den Ort in der Nähe des Grenzübergangs Rafah zu Ägypten, von dem der Angriff ausgegangen war. Die Armee schloss ihn nach dem Raketenangriff vorübergehend für humanitäre Transporte.
Die Hamas habe ihre Kämpfer in Rafah auf den Einsatz gegen Israel vorbereitet und sie mit Proviant und Waffen versorgt, hieß es aus Israel dazu. Auch die Zahl der Wächter für die Geiseln ist nach Medienberichten verstärkt worden.
Nach Informationen des „Wall Street Journal“ will Israel seine Bodenoffensive in Rafah in Etappen durchführen. Das Blatt schrieb von zwei bis drei Wochen Evakuierung und sechs Wochen Offensive.
Nachbarland Ägypten befürchtet Flüchtlingswelle
Ranghohe israelische Geheimdienst- und Militärbeamte waren im vergangenen Monat in Kairo unter anderem mit dem ägyptischen Geheimdienstchef zusammengetroffen, um Israels geplanten Einsatz seiner Armee in Rafah zu besprechen.
Zuvor hatte der Vorsitzende des ägyptischen Staatsinformationsdiensts SIS, Diaa Raschwan, noch erklärt, man führe keine Gespräche mit Israel über dessen mögliche Militäroffensive in Rafah. Ägypten lehne Pläne für solch eine Offensive entschieden ab und habe diese Position auch mehrfach klargestellt.
Ägypten befürchtet unter anderem, es könnte bei einem Einsatz Israels in Rafah zu einem Ansturm von Palästinensern über die Grenze kommen. In Rafah liegt der Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten, es ist auch ein wichtiges Tor für humanitäre Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen.
Heftige Kämpfe in Rafah könnten die Lieferungen von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Treibstofff weiter erschweren. Zudem haben hier, so wird geschätzt, rund 1,2 Millionen Menschen Zuflucht vor den Kämpfen gesucht.
Israel will mit dem Militäreinsatz in Rafah die verbliebenen Bataillone der islamistischen Terrororganisation Hamas zerschlagen. Es werden auch Geiseln in der Stadt an der Grenze zu Ägypten vermutet.
Verbündete warnten seit Monaten eindringlich vor einer solchen Offensive. Israel hält den Einsatz für unumgänglich, um eine Zerstörung der Kampffähigkeiten der Hamas sicherzustellen. Anderenfalls könne sie nach Kriegsende wiedererstarken.
Die EU hat die von Israel angeordnete Evakuierung des Ostteils der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen verurteilt. Der Aufruf der Armee lasse „das Schlimmste befürchten: mehr Krieg und Hunger“, schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag im Onlinedienst X.
„Das ist inakzeptabel. Israel muss auf eine Bodenoffensive verzichten“, fügte er hinzu. Die EU müsse sich zusammen mit der internationalen Gemeinschaft dafür einsetzen, „ein solches Szenario zu verhindern“.
Bericht: Extremisten sollen hohe Summen geraubt haben
Bewaffnete Palästinenser sollen laut einem Medienbericht im vergangenen Monat bei einer Serie von Überfällen auf die Bank of Palestine im Gazastreifen sehr hohe Summen gestohlen haben.
Insgesamt habe die Bank Verluste von umgerechnet mehr als 66 Millionen Euro, schrieb die französische Zeitung „Le Monde“ am Samstag. Das Blatt bezog sich dabei auf ein Bankdokument vom 20. April, das das Geldinstitut an internationale Partner übermittelt habe.
Das Bargeld – in israelischen Schekeln – sei aus Tresorräumen verschiedener Zweigstellen in dem Küstenstreifen entwendet worden, teilweise unter Einsatz von Sprengstoff. Es werde davon ausgegangen, dass militante Palästinenser mit Verbindungen zur Terrororganisation Hamas, die bis zum Gaza-Krieg uneingeschränkt in dem Gebiet herrschte, mindestens einen der Überfälle verübt haben. (afp/dpa/dts/red)
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