Unruhen in Südafrika: Bereits 72 Tote und Lebensmittelengpässe – Regierung mobilisiert Reservisten

Die seit sechs Tagen andauernden Unruhen haben in Südafrika nun auch Auswirkungen auf die Lebensmittel-, Benzin- und Medikamentenversorgung. Besonders in der südöstlichen Provinz KwaZulu-Natal sind Lieferketten und Transportverbindungen durch Gewalt und Plünderungen unterbrochen. Unterdessen mobilisierte die Regierung das Militär mit 25.000 Reservisten.
Titelbild
Soldaten der South Africa Defence Force (SANDF) stehen am 14. Juli 2021 vor der Maponya Mall in Soweto Wache.Foto: LUCA SOLA/AFP via Getty Images
Epoch Times15. Juli 2021

In der Hafenstadt Durban standen hunderte Menschen bereits am Mittwoch um vier Uhr morgens vor Lebensmittelläden und Tankstellen Schlange, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Dienstleister wie das staatliche Logistikunternehmen Transnet und die größte Raffinerie Sapref stellten wegen „höherer Gewalt“ teilweise ihre Arbeit ein.

Die Zahl der Toten im Zusammenhang mit den Ausschreitungen, die nach der Inhaftierung von Ex-Präsident Jacob Zuma vergangene Woche begonnen hatten, stieg nach Polizeiangaben auf 72. Mehr als 1200 Menschen wurden festgenommen.

Sapref erklärte, die Raffinerie sei aufgrund der Unruhen und der Unterbrechung der Versorgungswege in und aus KwaZulu-Natal „vorübergehend stillgelegt“. Die Anlage ist für ein Drittel der südafrikanischen Treibstoffversorgung verantwortlich.

Einige Kraftstoffhändler begannen bereits mit der Rationierung, während bei anderen die Vorräte langsam zur Neige gingen.

Plünderungen und Vandalismus durch Mob

Im Johannesburger Township Soweto wurde Brot aus einem Lieferwagen vor einem großen Einkaufszentrum verkauft, da die Geschäfte entweder geplündert oder aus Angst vor Vandalismus geschlossen wurden.

In den vergangenen Tagen hatten tausende Menschen Geschäfte gestürmt. Die Leute räumten die letzten Waren aus den Regalen und durchsuchten die Trümmer nach weiteren brauchbaren Lebensmitteln.

Doch nicht nur die Lebensmittel- und Treibstoffversorgung sind eingeschränkt – auch Engpässe bei der Lieferung von Medikamenten und Covid-19-Impfstoffen drohen.

Die Unruhen haben „zu einer Unterbrechung der Verteilung des Corona-Impfstoffs und der Lieferungen an die Krankenhäuser geführt“, sagte Bonang Mohale, Professor für Betriebs- und Volkswirtschaft an der University of the Free State der Nachrichtenagentur AFP.

Arbeitspersonal bleibt zuhause

Hinzu kommen Personalengpässe, da einige Mitarbeiter nicht zum Dienst kommen, weil Busse und Züge wegen der Ausschreitungen nicht fuhren.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) berichtete am Mittwoch, dass in der Stadt Empangeni, etwa 160 Kilometer nördlich von Durban, Ärzte wegen Plünderungen und Unruhen in der Gegend fernbleiben mussten, was sich auf die Corona-Hilfe auswirkte.

Zulu-König ruft „zum Frieden auf“

Der König der südafrikanischen Zulu, der größten ethnischen Gruppe des Landes, rief am Mittwoch zu einem Ende der Unruhen auf.

„Ich rufe zum Frieden auf“, sagte Misuzulu Zulu im staatlichen Fernsehen. Die Gewalt „hat große Schande über uns alle gebracht“. Dieses Chaos zerstöre die Wirtschaft, „und es sind die Armen, die am meisten leiden werden“, fügte er hinzu.

Regierung mobilisiert die Armee

Die südafrikanische Regierung hat am Donnerstag die Reserve der Armee mobilisiert. Die Soldaten sollten sich „mit ihrer notwendigen Ausrüstung bereithalten“, erklärte das Verteidigungsministerium.

Am Mittwoch hatte die Regierung die Einberufung von rund 25.000 Soldaten zur Eindämmung der Unruhen angekündigt – zehnmal mehr als ursprünglich vorgesehen.

Insbesondere in der Wirtschaftsmetropole Johannesburg und im südöstlichen Bundesstaat KwaZulu-Natal wurden Läden und Lagerhäuser geplündert und in Brand gesteckt.

Festnahme von Ex-Präsident als Ausgangspunkt der Proteste

Ausgangspunkt der Proteste war Ex-Präsident Zumas Heimatprovinz KwaZulu-Natal gewesen. Seither breiteten sich die Unruhen aber auch auf andere Teile des Landes aus, insbesondere in der Provinz Gauteng mit Johannesburg.

Der langjährige Präsident Zuma war Ende Juni vom Verfassungsgericht wegen Missachtung der Justiz zu einer 15-monatigen Haftstrafe verurteilt worden, die er vergangene Woche antrat. Während viele Südafrikaner die Inhaftierung des Ex-Staatschefs als Erfolg für die Rechtsstaatlichkeit des Landes feierten, gingen Unterstützer Zumas aus Protest auf die Straße. (afp)



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