Ungarn verliert Anspruch auf EU-Hilfen in Milliardenhöhe
Bei den verfallenen Mitteln handelt es sich um 1,04 Milliarden Euro, die für Ungarn aus Programmen zur Förderung strukturschwacher Gebiete vorgesehen waren. Die Gelder waren Ende 2022 eingefroren worden, weil die EU-Kommission nach Analysen zum Schluss gekommen war, dass Ungarn verschiedene EU-Standards und Grundwerte missachtet.
Fehlende Reformen
Zur Freigabe der Gelder hätte die ungarische Regierung um Ministerpräsident Viktor Orban bis Jahresende ausreichende Reformen umsetzen müssen. Dazu gehören unter anderem Änderungen von Gesetzen zur Vermeidung von Interessenkonflikten und Korruptionsbekämpfung.
Die Führung in Budapest reagierte verständnislos auf den Verfall der Gelder. „Die ungarische Regierung hat alle Bedingungen für die Abrufung der EU-Ressourcen erfüllt“, schrieb Europa-Minister Janos Boka aus Ungarn vor dem Jahreswechsel auf seiner Facebook-Seite. „Brüssel will die Gelder, die Ungarn und den ungarischen Menschen zustehen, aus politischen Gründen wegnehmen“, fügte er hinzu.
Es drohen weitere Milliardenverluste
Sollte Ungarn weiterhin keine ausreichenden Reformen umsetzen, droht in Zukunft der Verlust weiterer Milliardensummen. Nach den Regeln des seit 2021 geltenden EU-Rechtsstaatlichkeitsmechanismus verfallen darüber eingefrorene Gelder am Ende des zweiten Kalenderjahres nach dem Jahr, für das sie eingeplant waren. Ende dieses Jahres würden damit die für 2023 eingeplanten Mittel verfallen.
Insgesamt waren aus dem mehrjährigen Gemeinschaftshaushalt 2021-2027 Ende 2022 rund 6,3 Milliarden Euro für Ungarn über den Mechanismus eingefrorenen worden. Weitere Milliardensummen für das Land sind über andere Regelungen blockiert. Zuletzt ging es nach Kommissionsangaben um rund 19 Milliarden Euro – die Summe entspricht in etwa einem Zehntel der jährlichen Wirtschaftsleistung Ungarns.
Anfang Dezember drohte ungarischer Ministerpräsident Orban mit einem Veto gegen den nächsten Sieben-Jahre-Haushalt der EU, falls Brüssel blockierte EU-Gelder nicht freigeben sollte. Über den nächsten langfristigen EU-Haushalt von 2028 bis 2035 beginnen die Verhandlungen voraussichtlich Mitte 2025.
Brüssel zwischen Druck und Kompromiss
Es war nicht das erste Mal, dass Orban mit Blockaden zentraler EU-Entscheidungen drohte. So verweigerte er beim EU-Gipfel Mitte Dezember seine Zustimmung zur Verlängerung der Ende Januar auslaufenden Russland-Sanktionen.
Im Dezember 2023 hatte die Kommission eingefrorene EU-Fördermittel in Höhe von rund zehn Milliarden Euro für das Land freigegeben. Europaabgeordnete kritisierten dies damals und warfen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor, sich von Ungarn erpressen zu lassen. Orban hatte zuvor angekündigt, den Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und ein milliardenschweres Hilfspaket der EU für das von Russland angegriffene Land zu blockieren. (dpa/red)
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