„Unerklärliche Erkrankung eines Teilnehmers“: Johnson & Johnson setzt Test von Corona-Impfstoff vorläufig aus
Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson hat seine Tests eines potenziellen Coronavirus-Impfstoffs nach der Erkrankung eines Probanden vorläufig ausgesetzt. Der Teilnehmer sei aus „ungeklärten“ Gründen krank geworden, teilte das Unternehmen am Montag (12. Oktober) mit.
In der Testpause wird den Angaben zufolge ein Komitee aus unabhängigen Experten die Ursachen des Krankheitsfalles untersuchen. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob die Erkrankung von dem potenziellen Serum mit der Bezeichnung JNJ-78436735 ausgelöst wurde.
„Wir haben die weitere Dosierung in allen unseren klinischen Studien mit dem Impfstoffkandidaten COVID-19, einschließlich der Phase 3 ENSEMBLE-Studie, aufgrund einer unerklärlichen Erkrankung eines Studienteilnehmers vorübergehend unterbrochen“, sagte J&J in einer Erklärung auf seiner Website.
„Gemäß unseren Richtlinien wird die Krankheit des Studienteilnehmers vom unabhängigen Data Safety Monitoring Board (DSMB) des ENSEMBLE sowie von unseren internen klinischen Ärzten und Sicherheitsärzten geprüft und bewertet.“ Das Unternehmen fügte hinzu, dass es mehr über die Krankheit des Teilnehmers erfahren muss und dass es „wichtig ist, alle Fakten zu kennen“, bevor es zusätzliche Informationen weitergibt.
Die Unterbrechung der dritten und finalen Testphase bedeutet unter anderem, dass vorläufig keine weiteren Online-Anmeldungen für die Tests möglich sind. In dieser entscheidenden Phase will J&J den Wirkstoff an insgesamt 60.000 Menschen an 200 Orten in Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Mexiko, Peru, Südafrika und den Vereinigten Staaten erproben. Zu den Teilnehmern würden auch Personen mit einem Alter über 60 Jahre gehören, teilte das Unternehmen mit.
Impfstoffkandidat namens JNJ-78436735
J&J arbeitet an einem „Single-Shot-Impfstoff“, der sich von den drei konkurrierenden Herstellern dadurch unterscheidet, dass nur eine Dosis für eine Impfung nötig sein soll. Paul Stoffels, Chefwissenschaftler von J&J, sagt, dass das Unternehmen „Anfang 2021 einen Impfstoff für die Notfallzulassung liefern will“.
Johnson & Johnson erklärte, es sei nicht immer sofort ersichtlich, ob ein Teilnehmer eine Studienbehandlung oder ein Plazebo erhalten habe. „Unerwünschte Ereignisse“ wie Krankheiten oder Unfälle seien zu erwartende Bestandteile jeder klinischen Studie. Die klinische Studie würde als Erfolg betrachtet werden, wenn sich das Mittel zu mindestens 60 Prozent wirksam erweist. J&J hatte die dritte Testphase Ende September gestartet.
An Impfstoffen gegen den neuartigen Erreger wird rund um den Globus intensiv geforscht. Neben J&J befinden sich noch mehrere andere Unternehmen in der letzten Testphase.
J&Js Testunterbrechung ähnelt der Handlung des Pharmaunternehmens AstraZeneca Anfang September. Dieses unterbrach ebenfalls seine Studie – wegen einer „potenziell unerklärlichen Krankheit“ bei einem Teilnehmer aus Großbritannien. AstraZeneca nahm die Arbeit binnen einer Woche in Großbritannien, Brasilien, Südafrika und Indien wieder auf. In den USA wurden die Tests noch nicht wieder begonnen, die behördliche Überprüfung ist noch offen.
Getestet wird in drei Phasen
Christina Winter (Mag. pharm., Doktorandin im Bereich der Galenik an der Entwicklung von Arzneimitteln gegen verschiedene Entzündungen) erklärte in einem Beitrag in der Epoch Times, wie Impfstoffe getestet werden. Nachdem sich in der sogenannten Grundlagenforschung passende Kandidaten herauskristallisieren, beginnen die ersten präklinischen Tests. Unter Präklinischen Tests versteht man, dass man einen ausgewählten Impfstoffkandidaten an Zellkulturen und später in Tierversuchen prüft. Schafft es der Kandidat in dieser Phase, seine Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zu beweisen, geht es weiter in die klinischen Tests der Phase I.
In Phase I wird erstmals am Menschen, jedoch an einer kleinen Gruppe gesunder Freiwilliger getestet. Dabei wird hauptsächlich auf Verträglichkeit sowie Aufnahme, Verteilung, Umwandlung und Ausscheidung der Substanz geachtet. Oft erprobt man dabei verschiedene Dosen, um eine geeignete Dosierung für Phase II zu finden. Phase II darf dann starten, wenn keine relevanten Nebenwirkungen und Sicherheitsfragen auftreten und die vorläufigen Nachweise darauf hindeuten, dass eine Wirksamkeit besteht. Meist werden in dieser Phase zehn bis 30 Personen getestet.
In Phase II testet man, meist in enger Zusammenarbeit mit Kliniken, erstmals die Wirksamkeit. Im Falle eines Impfstoffes heißt dies, dass er in der Lage sein muss, die Erkrankung zu verhindern oder die Symptome im Falle einer Erkrankung deutlich abzuschwächen.
Während dieser Phase muss es Kontrollgruppen geben und zur guten klinischen Praxis gehören doppelt verblindete Placebostudien. Dies bedeutet, dass weder die Probanden noch die Ärzte über den gesamten Vorgang hinweg bis zur Auswertung wissen, wer den echten Wirkstoffkandidaten und wer das Placebo [Anmerk. der Red.: äußerlich vom Impfstoff nicht zu unterscheidendes Präparat, jedoch ohne Wirkstoff] erhält. Damit will man verhindern, dass es zu einer Verzerrung der Ergebnisinterpretation kommt. In dieser Phase werden üblicherweise insgesamt 50 bis 500 Personen getestet.
Test-Stufe drei dauert normalerweise vier bis sechs Jahre
Sind die Ergebnisse vielversprechend und der Nutzen wird größer als das Risiko bewertet, kann der Impfstoff in Phase III übergehen.
In Phase III wird mit der in Phase I und II herausgefundenen Dosierung erstmals an einer größeren Gruppe getestet. Hier müssen mindestens 1000 Freiwillige den Impfstoff erhalten. Dabei wird die Zuverlässigkeit des Schutzes überprüft und mögliche Nebenwirkungen können durch die größere Anzahl an Menschen besser abgeschätzt werden. Oft passiert dies auch in Etappen, mit einer geregelten und langfristigen Überwachung.
In Hinblick auf die Sicherheit ist diese Phase besonders wichtig, weshalb sie üblicherweise vier bis sechs Jahre dauert. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Langzeitnebenwirkungen eben nicht sofort sichtbar sind.
Zeigt Phase III die gewünschten Ergebnisse, darf der Impfstoff zugelassen werden. Somit dauert in einem normalen Verfahren das vollständige Prozedere zwischen acht und 17 Jahren.
(afp/ks)
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