Ukraine baut militärische Kommandantur in Russland auf – Gefangenenaustausch denkbar
Nach ihrem Vorstoß in die russische Region Kursk richtet die Ukraine in Russland eine militärische Kommandantur ein. Ziel sei es, „Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten und die vorrangigen Bedürfnisse der Bevölkerung zu gewährleisten“, teilte Kiew mit.
Generalmajor Eduard Moskaljow soll nach dem Willen Kiews in den besetzten Teilen Westrusslands für Recht und Ordnung sorgen. Moskaljow war einer der hochrangigen Befehlshaber im östlichen Donbass, bis ihm im Februar 2023 der Posten als Kommandeur der Streitkräfte per Dekret von Präsident Wolodymyr Selenskyj entzogen. Gründe wurden nicht genannt.
Gefangenenaustausch denkbar
Laut einer Analyse der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) von 16. August laufen Vorbereitungen für einen möglichen Austausch von Kriegsgefangenen. In laufenden Gesprächen gehe es um die Möglichkeit eines Austauschs von „Hunderten“ russischer Kriegsgefangener, die die Ukraine seit Beginn der Operation Kursk gefangen genommen haben soll, gegen ukrainische Kriegsgefangene in russischer Gefangenschaft.
Wie das ISW unter Berufung auf Angaben aus Kiew schreibt, sollen die ukrainischen Streitkräfte auch am 15. August weiter Fortschritte in Kursk gemacht haben. Seit Beginn der ukrainischen Operation im Gebiet Kursk am 6. August seien sie 35 Kilometer tief vorgedrungen.
Das Institut geht davon aus, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht das gesamte Territorium innerhalb der Ausdehnung der beanspruchten Vorstöße kontrolliert. Die Einrichtung der Kommandantur werde es den ukrainischen Streitkräften wahrscheinlich ermöglichen, militärische Aktionen in dem Gebiet zu koordinieren und die Zivilbevölkerung „zu schützen“, so die Analyse des ISW.
Laut dem ukrainischen Staatschef Selenskyj sei die Stadt Sudscha unweit der Grenze inzwischen vollständig unter ukrainischer Kontrolle. Zudem seien weitere Ortschaften und Siedlungen eingenommen worden, insgesamt bereits über 80. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Die Kleinstadt Sudscha liegt nur wenige Kilometer von der russisch-ukrainischen Grenze entfernt. Der Ort hatte vor dem Krieg knapp 6.000 Einwohner und ist das Verwaltungszentrum des Bezirks Sudscha.
Russische Generäle bevorzugte Ziele der Ukraine
Nach Angaben der Führung in Moskau fühlen sich russische Generäle bei ihren Besuchen in den besetzten Gebieten der Ukraine als bevorzugte Ziele der ukrainischen Streitkräfte. „Sie sind ein begehrtes Ziel“, sagte der stellvertretende russische Innenminister Wladimir Kubyschko laut der Staatsagentur Tass bei einer Tagung in Moskau.
Sobald ein General in den besetzten Gebieten erscheine, beginne von ukrainischer Seite die Spionagetätigkeit zur Standortbestimmung, auf die dann Raketenbeschuss folge.
Tatsächlich scheint die elektronische Aufklärung der ukrainischen Streitkräfte gezielt nach Kommandostellen und Stäben der russischen Armee zu suchen, um diese auszuschalten. Bisher sind in der Ukraine mindestens sechs russische Generäle getötet worden. Die ukrainische Seite will gar mindestens ein Dutzend getötet haben.
„Sky-News“: Britische Panzer von Ukraine bei Kursk eingesetzt
Laut Berichten britischer Medien setzt die Ukraine im russischen Kursk von Großbritannien gelieferte Panzer ein. Dabei handele es sich um von London zur Verfügung gestellte Challenger-2-Panzer, berichteten der Sender „Sky News“ und weitere Medien am Donnerstag.
Das britische Verteidigungsministerium machte keine detaillierten Angaben dazu, welche der von Großbritannien gelieferten Waffen im Einzelnen von der Ukraine genutzt werden. Die Position des Ministeriums sei unverändert, sagte ein Sprecher.
„Wir machen im Vergabeprozess deutlich, dass die Ausrüstung im Einklang mit dem internationalen Recht verwendet werden muss“, erläuterte er. „Die Ukraine hat gemäß Artikel 51 der UN-Charta eindeutig das Recht zur Selbstverteidigung gegen Russlands illegale Angriffe, was Operationen innerhalb Russlands nicht ausschließt.“
Die britische Regierung hat der ukrainischen Armee seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 unter anderem ein Geschwader von 14 Challenger-2-Panzern geliefert. Kiew erhielt von London zudem auch Storm-Shadow-Marschflugkörper.
Laut einem Bericht der „Times“ erteilte der zum Zeitpunkt der Waffenlieferung amtierende konservative Verteidigungsminister Ben Wallace Kiew die Erlaubnis, die Ausrüstung auch für Angriffe in Russland zu nutzen, wenn es sich bei den Zielen um Logistik und Infrastruktur Moskaus für den Krieg gegen die Ukraine handelt. Für den Einsatz der Storm-Shadow-Marschflugkörper seien damals jedoch Einschränkungen formuliert worden.
Der neue Verteidigungsminister der Labour-Regierung, John Healey, hatte kurz nach Amtsantritt Anfang Juli weitere Militärhilfen für die Ukraine angekündigt. Der neue Premierminister Keir Starmer signalisierte Unterstützung auch für ukrainische Angriffe in Russland.
Lage in der Ostukraine
In der Ostukraine gehen derweil die russischen Truppen weiter vor. Dort sei laut dem ukrainischen Staatschef Selenskyj dringend benötigter Nachschub eingetroffen. Selenskyj machte keine Angaben dazu, ob auch zusätzliche Truppen in die schwer umkämpften Gebiete verlegt wurden.
Zu den Angriffen auf die Verteidigungsstellungen der Ukrainer rund um den Donbass teilte der Generalstab in Kiew am Abend mit, seit Tagesbeginn habe es 68 Gefechte gegeben.
Schwerpunkt der Gefechte waren laut Lagebericht einmal mehr die seit Wochen umkämpften Orte Torezk und Pokrowsk. Die russischen Soldaten wurden den Angaben zufolge bei ihren Attacken von Kampffliegern unterstützt.
Härteres Vorgehen gegen „Volksverräter“
Der ukrainische Staatschef kündigte ein härteres Vorgehen gegen sogenannte Volksverräter an. „Wer (Kremlchef Wladimir) Putin dient oder seinen Krieg rechtfertigt oder dem Bösen hilft, hat es nicht verdient, alles zu behalten, womit der ukrainische Staat ihn oder sie geehrt hat“, sagte Selenskyj.
Dies gelte für Verräter, die nach dem Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 nach Russland geflohen seien, sowie für Kollaborateure in Kriegszeiten, kurzum: „Alle Verbrecher, die dem russischen Staat dienen.“
Ihnen müssten alle Titel und Auszeichnungen der Ukraine aberkannt werden, und zwar nicht nur per deklaratorischer Entscheidung über die Aberkennung, sondern auch per Gesetz, forderte Selenskyj. Entsprechende Gesetzesentwürfe seien bereits im Parlament vorgelegt worden. (dts/afp/dpa/red)
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