Tochter verklagt Eltern wegen Kinderfotos auf Facebook

Weil sie hunderte Kinderfotos von ihr auf Facebook stellten, verklagt eine 18-jährige ihre Eltern. Auch Baby-Nacktfotos sind darunter, welche die Eltern nicht löschen wollen. Der Fall dürfte ein Präzedenz-Fall werden.
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Symbolfoto.Foto: Chris Jackson/Getty Images
Von 14. September 2016

Einerseits sind es Persönlichkeitsrechte, die verletzt werden, wenn Eltern Fotos ihrer Kinder ungefragt ins Internet stellen. Und andererseits ziehen bestimmte Bilder Pädophile an, die gezielt danach suchen. Am Wickeltisch, am Töpfchen, in der Badewanne… Solche Motive sollte man laut Polizei keinesfalls online stellen, wie überhaupt Kinderfotos in sozialen Medien nichts zu suchen hätten. Doch vielen Eltern scheint die Tragweite des Problems nicht bewusst zu sein, wie ein aktueller Fall aus Österreich zeigt.

Sie kannten keine Scham und keine Grenze“

Eine 18-jährige Kärntnerin, deren Eltern hunderte Kinderfotos von ihr auf Facebook verbreiteten, verklagt nun ihre Eltern: Noch immer weigern diese sich, dem Wunsch der jungen Frau nachzukommen und die Bilder zu löschen.

Seit dem Jahr 2009 hatten die Eltern täglich Fotos von ihr ins Netz gestellt. „Obwohl ich damals bereits elf Jahre alt war, haben sie quasi nachträglich Babyfotos von mir auf Facebook veröffentlicht. Sie kannten keine Scham und keine Grenze. Ob ich auf dem Töpfchen saß oder nackt in meinem Kinderbettchen lag – jeder Schritt von mir wurde fotografisch festgehalten und nachträglich öffentlich gemacht. Sie haben mich nie gefragt, ob mir das recht sei“, so die junge Frau laut „GanzeWoche.at“ (GW).

Erst mit 14 fand sie dann heraus, welche privaten Bilder von ihr online zirkulierten – als sie selbst Facebook beitrat.

Zu diesem Zeitpunkt hatten ihre Eltern bereits 700 Freunde, die sie täglich mit Fotos auf dem Laufenden hielten. „Ich war extrem verärgert und wütend und forderte sie auf, sofort die bereits veröffentlichten 500 Fotos zu löschen. Doch sie weigerten sich“, so die junge Frau. Sie sehe keine andere Möglichkeit, als ihre Eltern zu verklagen. Sie habe es satt, von diesen nicht ernst genommen zu werden. Mittlerweile ist sie von zu Hause ausgezogen.

„Ich sehe es als mein Recht an, diese Fotos veröffentlichen zu dürfen. Schließlich ist das unser Kind …“

Vater der Klägerin

„Ein schönes Familienalbum …“

Das Löschen der Fotos kommt für den Vater nicht in Frage: „Ich sehe es als mein Recht an, diese Fotos veröffentlichen zu dürfen. Schließlich ist das unser Kind und es ist für meine Frau und mich ein schönes Familienalbum, das bei unseren Facebook-Freunden gut ankommt“, verteidigt sich der Vater laut „GW“.

Mittlerweile poste er keine Bilder der Tochter mehr. Die Babyfotos habe er nur einer begrenzten Gruppe von 700 Facebook-Freunden zugänglich gemacht.

Voraussichtlich im November wird er dazu vor Gericht Stellung nehmen müssen. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm 3.000 bis 10.000 Euro Strafe wegen Verletzung des Datenschutzrechts. Und seine Tochter hat Aussicht auf Erfolg:

„Väter oder Mütter, die persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte über ihr Kind veröffentlichen, können von ihrem Kind verklagt werden“

Medienanwalt Daniel Bauer

„Wer auf Facebook ein sogenanntes Profil einrichtet, ist Medieninhaber einer Internetseite und daher für die dort abrufbaren Bilder und Texte verantwortlich“, erklärt der erfahrene Medienanwalt Daniel Bauer laut „GW“.

Facebook habe keine Kontrollpflichten und stelle lediglich Speicherplatz für Nutzer zur Verfügung. Deshalb könne Facebook nicht belangt werden, falls es rechtsverletzende Inhalte nicht entfernt oder sperrt. Aber: „Väter oder Mütter, die persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte über ihr Kind veröffentlichen, können von ihrem Kind verklagt werden“, sagt Bauer. Intime Baby-Fotos fallen eindeutig in diese Kategorie.

Ein Kind kann die Eltern deshalb u.a. auf Entschädigung für die erlittene Kränkung und auf Unterlassung verklagen.

Fall dürfte Präzedenz-Fall werden

Zum Thema „Recht am eigenen Bild“, das im Urheberrechtsgesetz geregelt ist, gibt es derzeit erst wenige Urteile aus dem privaten Bereich, schreibt die „Welt“. Die Generation der Kinder, die ihre Fotos auf dem Facebook ihrer Eltern wiederfindet und sich dagegen wehrt, wächst erst heran. In Zukunft dürfte es aber noch mehr ähnliche Fälle geben.

Frankreich hat bereits auf das Phänomen reagiert und Gesetze zum Schutz der Privatsphäre erlassen, wonach Eltern, die Fotos ihrer Kinder in sozialen Medien veröffentlichen, Strafen bis zu 45.000 Euro drohen – oder sogar ein Jahr Haft.

Und in Deutschland?

Auch in Deutschland können Eltern vor einem Familiengericht verklagt werden, falls sie Fotos ihrer Kinder ohne deren Einwilligung veröffentlicht haben. Die Strafen sind allerdings nicht so hoch wie in Frankreich. Nötig ist die Einwilligung zur Veröffentlichung von Bildern erst ab dem 14. Lebensjahr, doch auch Kleinkinder und Säuglinge haben ein Recht darauf, dass ihr Persönlichkeitsrecht respektiert wird, bestätigte der Hamburger Rechtsanwalt Christian Oberwetter laut „Welt“ .

In Deutschland sei wegen der Edathy-Affäre das Strafrecht hinsichtlich der Verbreitung von Fotos im Netz verschärft worden – allerdings behandele es nur drastische Fälle wie Nacktbilder.

Die Zahl der Kinderfotos, die im Netz landen ist jedoch immens. Österreichische Eltern zum Beispiel stellen laut einer Studie jährlich rund 200 Fotos ihres Kindes ins Netz. Bis zum fünften Lebensjahr kursieren also pro Kind 1.000 Bilder online. Und wer sie zu sehen bekommt, ist völlig unkontrollierbar.

Das Internet „vergisst“ nichts

Erst im vergangenen Herbst hatte die Hagener Polizei Eltern aufgerufen, KEINE Kinderfotos ins Netz zu stellen und dafür großen Zuspruch geerntet: 11 Millionen Mal wurde der Aufruf angeklickt. Auf keinen Fall sollten Nacktbilder oder Fotos vom Strand, vom Wickeltisch oder der Badewanne gepostet werden, so der Sprecher des Landeskriminalamts NRW, Frank Scheulen, dazu. Besonders Pädophile würden gezielt nach solchen Motiven suchen und sie auch weiterverbreiten. Selbst wenn die Verbreitung über Facebook auf den Freundeskreis beschränkt werde, könne man nie sicherstellen, dass die Fotos nicht woanders landeten, auch wenn sie bereits von der eigenen Seite gelöscht seien. „Eltern, die nicht so netzaffin sind, kennen vielleicht die Folgen ihres Handels nicht“, so Scheulen.



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