Terror-Video verbreitet: Untersuchungshaft über 18-Jährigen in Neuseeland verhängt

Ein 18-Jähriger sitzt im neuseeländischen Christchurch in Untersuchungshaft. Er soll einen Livestream zum Terroranschlag des 28-jährigen bekennenden Rassisten und Ökofaschisten Brenton Tarrant in sozialen Medien verbreitet haben. Tarrant tötete am Freitag in zwei Moscheen mindestens 50 Gottesdienstbesucher.
Titelbild
Trauer in Neuseeland, am 18. März 2019 in Christchurch.Foto: Carl Court/Getty Images
Von 18. März 2019

In Neuseeland ist einem 18-Jährigen am Montag von einem Gericht in Christchurch eine Freilassung auf Kaution verweigert worden, der einen Livestream des Terroranschlags auf zwei Moscheen in der Stadt am Freitag im Internet verbreitet haben soll. Dies berichtet der „New Zealand Herald“.

Der 18-Jährige war am gleichen Tag festgenommen worden wie der mutmaßliche Attentäter Brenton Tarrant (28) selbst. Dieser hatte aus offenbar rassistischen und, wie er selbst einräumte, ökofaschistischen Motiven auf die Besucher von Gottesdiensten zweier Moscheen das Feuer eröffnet. Dabei sind mindestens 50 Personen getötet worden, mindestens 31 zum Teil schwer verletzt. Einige schweben immer noch in Lebensgefahr.

Tarrant hat die Tat live gefilmt und im Internet übertragen. In einem Manifest erklärte er, die Muslime so für deren Geburtenraten „bestrafen“ zu wollen. Diese würden, so schrieb Tarrant, zur „Überbevölkerung“ des Planeten beitragen und damit die Umwelt zerstören.

Keine Verbindung zum Schützen selbst

Der nunmehr vorerst bis 8. April in Untersuchungshaft verbleibende 18-Jährige steht in keiner Verbindung zum Schützen selbst. Der Verdacht lautet nunmehr auf Verbreitung einer unerlaubten Darstellung. Ursprünglich hatte man ihm vorgeworfen, beleidigendes Material mit der Absicht verbreitet zu haben, zu Feindseligkeit und Gewalt gegen eine Gruppe auf Grund von Rasse, Ethnizität oder nationaler Herkunft anzustacheln.

Dieser Vorwurf wurde nicht aufrechterhalten, obwohl er ein Bild einer der betroffenen Moscheen mit dem Begleittext „Ziel erfasst“ versehen und in Chatnachrichten „zu extremer Gewalt angestachelt“ haben soll. Die Höchststrafe für jede der Taten liegt bei 14 Jahren Haft.

Facebook erklärte der „Daily Mail“ zufolge, man habe allein in den 24 Stunden seit der Tat 1,5 Millionen Kopien der Aufzeichnungen von seiner Plattform nehmen müssen.

Ein solches Verfahren ist grundsätzlich auch in Deutschland denkbar. Das Teilen von Gewaltvideos in sozialen Medien ist auch hierzulande strafbar, wie die Polizei immer wieder warnt. Und natürlich geht es für die Behörden vor allem darum, dass die entsprechenden Videos möglichst schnell aus dem Internet verschwinden.

In solchen Fällen greift der Paragraf 131 des Strafgesetzbuches. Demnach wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer Aufnahmen verbreitet oder zugänglich macht, die grausame oder anderweitig unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen zeigen.

Bloße Berichterstattung bleibt zulässig

Voraussetzung ist dabei, dass die gezeigte Tat verherrlicht oder verharmlost wird oder das „Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise“ dargestellt wird. Wer ein solches Video verbreitet, dem kann auch das Mobiltelefon zur Beweissicherung oder zur Gefahrenabwehr entzogen werden – und zwar auch bei Kindern.

Lediglich, wenn die Handlung der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient, greift dieser Tatbestand bei öffentlichen Gewaltdarstellungen nicht.

Nach Einschätzung von Rechtsexperten ist es zudem denkbar, dass in solchen Fällen der Strafrechtsparagraf 201a angewandt wird, der die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen unter Strafe stellt und sich etwa auch gegen Gaffer richtet, die Aufnahmen von Unfällen verbreiten. Demnach wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft, wer eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit eines anderen Menschen zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt.

Im Jahr 2016 hatte die Polizei in Niedersachsen über ein unter Schülern kursierendes Video informiert, auf dem eine Enthauptung zu sehen war. Eine ähnliche Warnung gab es Ende vergangenen Jahres von der Polizei in Schleswig-Holstein. Damals ging es um ein Video, auf dem Gewalttätigkeiten gegen Kleinkinder zu sehen waren – versehen mit der Aufforderung, die Sequenz weiterzuverbreiten, um den Täter fassen zu können. Auch hier warnte die Polizei, die Verbreitung sei strafbar.

Marine Le Pen als bekanntester Fall aus der Politik

Einen heiklen Fall aus der Politik stellen die seit 2015 laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Nanterre gegen die französische Europaabgeordnete Marine Le Pen dar. Das Europäische Parlament hatte deshalb am 2. März 2017 deren Immunität aufgehoben. Auch ihr wird die „Verbreitung von Gewaltbildern“ ermittelt.

Le Pen hatte im Dezember 2015 über ihren Twitter-Account drei Gräuelfotos von Opfern der islamistischen Terrormiliz IS veröffentlicht, darunter auch vom 2014 ermordeten US-Journalisten James Foley. Sie hatte die Bilder mit dem Satz „DAS ist der IS“ überschrieben und so auf einen aus ihrer Sicht den IS verharmlosenden Vergleich eines Journalisten reagiert.

Um das Übel sozusagen an der Wurzel zu packen, sind die Betreiber der sozialen Netzwerke verpflichtet, eindeutig rechtswidrige Inhalte wie das Christchurch-Video binnen 24 Stunden aus dem Netz zu entfernen. Handelt es sich dabei um einen terroristischen Anschlag, soll es künftig sogar noch schneller gehen: Eine geplante EU-Verordnung sieht die Entfernung innerhalb einer Stunde vor.
(Mit Material von afp)



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