Schutz der EU-Außengrenzen: Innenminister einig bei Migrationspolitik
Nach jahrelanger Blockade haben die EU-Innenminister Fortschritte bei der Reform der Asyl- und Migrationspolitik in der EU erzielt.
Die EU-Innenminister einigten sich im Grundsatz auf zwei Gesetzesvorhaben, die den Schutz der europäischen Außengrenzen stärken sollen. Zudem soll ein Mechanismus zur Unterstützung der Mittelmeerländer im Umgang mit Asylsuchenden aufgesetzt werden.
Details müssen noch ausgearbeitet werden
Eine „überwiegende Mehrheit“ der Mitgliedstaaten habe die Vorhaben unterstützt, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Die Details müssen jedoch noch ausgearbeitet werden. Der französische Vorsitz der EU-Staaten strebt einen endgültigen Deal bis zum Ende seiner Amtszeit Ende des Monats an.
Konkret geht es um ein neues Verfahren an den EU-Außengrenzen zur Identifikation Asylsuchender sowie um eine Reform der Eurodac-Datenbank zur Abnahme von Fingerabdrücken. Letztlich soll so schon an der Grenze entschieden werden können, wer gar keine Aussicht auf einen Schutzstatus hat. Über beide Vorhaben müssten die EU-Staaten noch mit dem Europaparlament verhandeln.
Deutschland bereit, Menschen aufzunehmen
Die Teilnahme an dem geplanten Solidaritäts-Mechanismus, der die Mittelmeerländer Griechenland, Zypern, Italien, Malta und Spanien entlasten soll, wäre freiwillig. Die EU-Staaten könnten den Mittelmeerländern entweder Asylsuchende abnehmen oder ihren Beitrag auf andere Weise leisten – etwa durch Geld oder Sachleistungen. Faeser schätzte, dass etwa zwölf Länder Flüchtlinge aufnehmen würden, andere würden sich finanziell beteiligen. Deutschland sei bereit, Menschen aufzunehmen – die Ministerin nannte jedoch keine konkrete Zahl. Zwei oder drei Länder hätten sich negativ zu der Initiative geäußert.
Der Mechanismus soll in die bestehende Plattform integriert werden, die nach Beginn des Kriegs in der Ukraine geschaffen wurde, und zunächst auf ein Jahr begrenzt sein. Ziel sei, in dieser Zeit mindestens 10.000 Menschen zu verteilen. Faeser sagte, die genaue Zahl werde noch ausgearbeitet. Die EU-Kommission und die französische Ratspräsidentschaft kündigten für die kommenden Tage ein Treffen dazu an.
Neue Regeln für vorübergehende Grenzkontrollen
Zudem verständigten sich die Minister auf neue Regeln für vorübergehende Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums. Das Thema ist umstritten, da sich Menschen im Schengen-Raum eigentlich weitgehend frei bewegen dürfen, sollen. Nun müssen EU-Staaten, die längerfristig Grenzkontrollen durchführen wollen, diese künftig unter anderem besser gegenüber der EU-Kommission begründen, wie aus einer Mitteilung hervorgeht. Sie müssen auch einen genauen Zeitraum festlegen und die EU-Kommission kann dann Empfehlungen dazu abgeben.
Der Schengen-Raum, dem 26 europäische Staaten und 420 Millionen Einwohner angehören, soll uneingeschränkten Personenverkehr in Europa gewährleisten. Länder wie Deutschland, Frankreich und Österreich haben jedoch unter Verweis auf illegale Migration oder Terrorgefahr schon seit Jahren temporäre Grenzkontrollen bei der EU-Kommission gemeldet. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im April entschieden, dass Staaten solche Kontrollen nur im Fall „einer neuen ernsthaften Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit“ verlängern dürfen.
Teil der Schengen-Einigung sind auch Minimalstandards für Reisebeschränkungen bei Gesundheitsnotfällen sowie Maßnahmen gegen die Instrumentalisierung von Migranten an der Außengrenze. Hintergrund sind einerseits die Corona-Pandemie, andererseits Vorwürfe gegen Belarus, im vergangenen Sommer absichtlich Migranten aus nichteuropäischen Ländern an die EU-Grenze geschickt zu haben.
Einheitliche Regeln zu DNA und Fingerabdrücken
Zudem einigten sich die Innenpolitiker auf einheitliche Regeln für den Informationsaustausch zwischen den Polizeibehörden der Länder und einfacheren Zugang etwa zu DNA und Fingerabdrücken. Die EU-Länder müssen die Gesetze nun mit dem Europaparlament verhandeln.
Asyl-Organisationen bewerteten die Ergebnisse des Treffens eher negativ. Oxfam teilte mit, der freiwillige Solidaritäts-Mechanismus legitimiere den Status Quo. „Er erlaubt es EU-Ländern, ihre Verantwortung für Flüchtlinge weiterhin nicht wahrzunehmen und überlässt Ländern an den EU-Grenzen die Bewältigung der Flüchtlingshilfe“, sagte Stephanie Pope von Oxfam.
Die EU-Staaten streiten seit Jahren über die Reform der gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik. Knackpunkt ist vor allem die Verteilung Asylsuchender auf die Mitgliedstaaten. (dpa/red)
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