Schluss mit Lockdown: In der Schweiz öffnen ab Montag wieder die Geschäfte

Die Schweiz war unter den letzten Staaten in Europa, die einen zweiten Lockdown verhängt haben, und gehört zu den ersten, die ihn wieder beenden werden. Die Bedeutung der Wirtschaftsverbände und die direkte Demokratie könnten dabei die entscheidende Rolle spielen.
Von 26. Februar 2021

Die Schweiz hatte infolge der Corona-Krise 2020 mit minus 5,0 Prozent einen etwas geringeren Rückgang der Wirtschaftsleistung zu beklagen als beispielsweise Deutschland (minus 5,1).

Die Eidgenossenschaft hatte ihre Lockdown-Maßnahmen allerdings deutlich kürzer gefasst und auch die erst im Januar verhängten Einschränkungen in Anbetracht der zweiten Welle und Mutationen werden auch früher wieder zu Ende gehen: Am kommenden Montag werden Geschäfte, Museen und Zoos wieder öffnen.

Restaurants hoffen auf frühere Entlassung aus dem Lockdown

Die Restaurants, die erst ab 1. April wieder regulär öffnen sollten, könnten bereits ab 22. März wieder ihre Kunden vor Ort bedienen. Die Entscheidung darüber soll Mitte März auf Basis der Entwicklung der Fallzahlen ab der bevorstehenden Öffnung der Geschäfte und Museen getroffen werden.

Zuvor hatte der Verband Gastrosuisse massiv darauf gedrängt, den Lockdown für die Gastwirte zu beenden, und dabei auf die schwindende Akzeptanz der Corona-Maßnahmen und die rückläufigen Ansteckungszahlen verwiesen.

Am 13. Juni soll ein Referendum über ein COVID-Gesetz des Bundesrates stattfinden. Die Aufhebung des Lockdowns und eine weitere Beruhigung der Pandemielage könnte dessen Initiatoren den Wind aus den Segeln nehmen.

Damit ist der harte Lockdown jedoch weitgehend erledigt – der einzige Faktor, der weiterhin in Kraft bleiben wird, ist das Homeoffice-Gebot. Dies ist gleichzeitig auch die einzige Corona-Maßnahme, die in der Bevölkerung nach wie vor deutliche Zustimmung findet.

Direkte Demokratie

Die „Welt“ ist der Frage auf den Grund gegangen, warum die Eidgenossenschaft, deren Corona-Entwicklung nicht signifikant von der in anderen mitteleuropäischen Ländern abweicht, sehr zurückhaltend ist, was Beschränkungen des öffentlichen Lebens im Sinne eines „harten Lockdowns“ angeht.

Politikwissenschaftler Silvano Moeckli erklärt gegenüber der Zeitung, er sehe einen anderen Grund dafür, dass der Lockdown in der Schweiz so kurz wie möglich gehalten werde, als die direkte Demokratie.

Er betrachtet die Konkordanzdemokratie in der Schweiz, die dazu führt, dass alle vier größten Parteien in der Regierung vertreten sind, als Schlüsselfaktor.

Es müsse vor jeder Entscheidung Einvernehmen hergestellt werden, sodass ein späteres Ausscheren nicht möglich sei. Im Gegenzug könnten Verbände und Interessensgruppen davon ausgehen, dass ihre Stimme in der Regierung zur Sprache gebracht werde.

Bewegungsradius am unbeliebtesten

Das Meinungsforschungsinstitut Sotomo hat im Januar eine ausführliche Erhebung über die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen vorgenommen. Die Studie wurde im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Schweiz („SRG“/„SSR“) durchgeführt – und dieser kommunizierte die Ergebnisse landesweit.

Sotomo-Geschäftsführer Michael Hermann ist sich sicher, dass „die Politiker versuchen, Corona-Maßnahmen zu vermeiden, die sehr unpopulär bei der Bevölkerung sind“. Zu diesen gehört die von 56 Prozent stark oder sehr stark abgelehnte Schließung von Läden, noch unpopulärer ist mit 63 Prozent nur noch der 15-Kilometer-Bewegungsradius in besonders stark betroffenen Regionen.

Demgegenüber gab es Mehrheiten für eine Beschränkung von Treffen in der Öffentlichkeit auf maximal fünf Personen (64 Prozent) und die Homeoffice-Pflicht mit sogar 74 Prozent der Befragten, die einigermaßen oder sogar stark dafür seien.

Die bereits im ersten Lockdown auf massive Ablehnung gestoßene Schließung von Schulen bis zur neunten Klasse wurde im zweiten gar nicht erst wieder beschlossen.

Impfbereitschaft deutlich gestiegen

Zudem ist die Impfbereitschaft in der Bevölkerung seit Oktober des Vorjahres deutlich angestiegen. Waren es damals noch weniger als 20 Prozent, die sich bei erster Gelegenheit impfen lassen wollten, sind es mittlerweile 41 Prozent. Nur noch 24 statt 28 Prozent wollen sich definitiv nicht impfen lassen. Der Anteil der Befragten, die Angst vor möglichen Nebenwirkungen hatten, stürzte von 29 auf nur noch 14 Prozent ab.



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