Sarrazin: „Merkels Politik hat wesentlich das Misstrauen der Briten gegenüber europäischen Lösungen geschürt“

Chaos und Perspektivlosigkeit würde die EU vermitteln, sagt Tilo Sarrazin im Interview mit dem “Focus”. Das liege zum einen an der Asylpolitik Merkels, zum anderen der Politik der Bankenrettung und der Rettung der Staatshaushalte.
Titelbild
Thilo Sarrazin.Foto: Carsten Koall / Getty Images
Epoch Times12. Juli 2016

Die Briten wären gegenüber einer europäischen Lösung misstrauisch geworden, so der frühere Vorstand der deutschen Bundesbank und Ex-SPD-Politiker Thilo Sarrazin, gegenüber dem “Focus”.

Bundeskanzlerin Merkel habe seiner Meinung nach zu viele Flüchtlinge ins Land gelassen. „Da sagt sich der normale Brite: Was haben wir mit dieser chaotischen Veranstaltung zu schaffen?“. Dies habe auf den Ausgang des Brexit-Votums einen nicht unerheblichen Einfluss gehabt, so der Ökonom.

Befragt danach, ob die Bundeskanzlerin eine Mitschuld am Brexit trage, antwortet Sarrazin: „Ihre Politik hat wesentlich das Misstrauen der Briten gegenüber europäischen Lösungen geschürt.“

“Dass die Deutschen für die Griechen zahlen, demnächst wahrscheinlich auch noch für andere. Nirgends läuft es wirtschaftlich vernünftig, weder in Griechenland, noch in Italien, in Spanien oder Frankreich“, so der 71-Jährige. Das hätten die Briten auch im Fernsehen gesehen.

Sowohl bei der gemeinsamen Währung als auch dem Wegfall der Binnengrenzen habe es Fehlentwicklungen gegeben. Beides beträfe die Briten zwar nicht, aber der Rest der EU sei dadurch negativ eingefärbt worden, fährt Sarrazin fort.

„Das ist wie mit einem Korb Süßkirschen auf dem Markt, in dem drei oder vier angeschimmelte liegen. Den kaufen sie nicht. Der ganze Korb hat einen Imageschaden.“ So verhielte es sich auch bei den Briten mit Blick auf die EU. Das Prestige der europäischen Idee sei aus Sicht der Briten fundamental beschädigt.

Erfolg der Briten könnte andere EU-Mitglieder beeinflussen

Auf die Frage danach, welche Folgen der Brexit für Europa habe, antwortet der Bestseller Autor gegenüber dem „Focus“, es werde in Großbritannien zu weniger Wachstum kommen. Auf Dauer aber werde dem Land der Austritt aus der EU wirtschaftlich nicht schaden. Dadurch könnte ein Ausstieg auch für andere EU-Mitglieder zu einer attraktiven Option werden.

Die einzige Möglichkeit dieses Problem zu beheben, sei aus Sarrazins Sicht ein europäischer Bundesstaat. Dazu würde es aber ohne Großbritannien längerfristig nicht kommen. „Und ich glaube an die Fortexistenz souveräner Nationalstaaten, egal ob klein oder groß. Diese arbeiten dann in unterschiedlicher Form zusammen“. (dk)



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