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Rentenstreit in Frankreich: Regierung lenkt ein – Streikende sprechen von „Täuschungsmanöver“

Nach wochenlangen Streiks und Protesten ist die französische Regierung bereit, vorerst auf den umstrittensten Punkt ihrer Rentenreform zu verzichten. Premierminister Philippe will sich eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters auf 64 Jahre vorbehalten.

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Eine Person hält ein Schild mit der Aufschrift "Kein Aufruf zur Ruhe" während eines Protests gegen die Rentenreform der französischen Regierung am 11. Januar 2020 in Nantes, Westfrankreich.

Foto: LOIC VENANCE/AFP über Getty Images

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Lesedauer: 3 Min.

Nach wochenlangen Streiks und Protesten ist die französische Regierung im Streit um die Rentenreform auf die Gewerkschaften zugegangen. Premierminister Edouard Philippe stellte am Samstag in Aussicht, die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 64 Jahre vorerst aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Moderate Gewerkschaften begrüßten den Kompromissvorschlag, die anderen lehnten ihn umgehend ab. Ein Ende der Streiks ist somit nicht in Sicht: Für Donnerstag riefen mehrere Gewerkschaften zu neuen landesweiten Streiks und Protesten auf.
Mit dem vorläufigen Verzicht auf das höhere Renteneintrittsalter wolle er den Sozialpartnern sein „Vertrauen“ beweisen, erklärte Philippe in einem Schreiben an Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Sollte die von den Gewerkschaften vorgeschlagene Konferenz über eine alternative Finanzierung des Rentensystems jedoch scheitern, werde die Regierung auf die Erhöhung des Renteneinstiegsalters zurückkommen, warnte er. Dieses solle dann ab dem Jahr 2022 schrittweise auf 64 Jahre im Jahr 2027 steigen. Präsident Emmanuel Macron sprach von einem „konstruktiven und verantwortungsvollen“ Kompromissvorschlag.
Die größte Gewerkschaft CFDT begrüßte den Vorschlag der Regierung. Damit zeige diese ihre „Kompromissbereitschaft“. Auch die Gewerkschaften Unsa und CFTC sprachen von einer „guten Sache“ und einer „wichtigen Geste“ der Regierung. CFDT-Chef Laurent Berger sagte der Zeitung „Journal du Dimanche“, der Rückzug sei eine „Geste“, aber „kein Blankoscheck“ und auch riskant. Nun fange die Arbeit erst an.

Vorwurf: „Täuschungsmanöver“

Die bei den Streiks federführende CGT und die FO beharrten hingegen auf einer vollständigen Rücknahme der Rentenreform. Die Diskussion über das höhere Rentenalter sei „nichts als ein Täuschungsmanöver“, um die Zustimmung der Gewerkschaften zu den Reformplänen zu bekommen, erklärte die CGT. Deren Chef Philippe Martinez sagte dem Sender TF1, die vollständige Rücknahme der Reform bleibe „die Hauptforderung einer Mehrheit der Gewerkschaften, die die Mehrheit der Beschäftigten vertritt“.
Mit den Reformplänen will Macron das komplizierte Rentensystem mit mehr als 40 Regelungen vereinheitlichen. Am Freitag hatte die französische Regierung erstmals den ausformulierten Gesetzestext vorgelegt. Das höhere Rentenalter von 64 Jahren war darin noch enthalten. Mit der Reform will Macron auch das Milliarden-Defizit bei den Rentenkassen abbauen. Die CFDT hatte eine Finanzierungskonferenz vorgeschlagen, um Alternativen zur Anhebung des Rentenalters zu finden. Diese Konferenz soll nach dem Willen von Philippe nun stattfinden und bis April Vorschläge vorlegen, wie der Premierminister in seinem Brief betonte.
Am Samstag gab es in mehreren französischen Städten erneut Demonstrationen gegen die Rentenreform. Laut Innenministerium gingen landesweit 149.000 Menschen auf die Straße, der CGT zufolge beteiligten sich allein in Paris 150.000 Menschen an Protesten und landesweit mehr als eine halbe Million.
Am Rande des Protestzugs der Gewerkschaften warfen vermummte Demonstranten in Paris Schaufensterscheiben ein und warfen Gegenstände auf Polizisten. Mehrere Geschäfte wurden geplündert. Die Polizei setzte Tränengas ein. (afp)

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