Rechtfertigungsstrategie von der Leyens für „Green Deal“ – Milliardenhilfen für „Klimaneutralität“ notwendig
„Der Europäische Grüne Deal ist unsere neue Wachstumsstrategie“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. Mit Investitionen in Milliardenhöhe soll die EU demnach bis 2050 klimaneutral werden und sich zugleich zum weltweiten Spitzenreiter bei grüner Technologie und Industrie aufschwingen.
Eine wichtige Rolle soll dabei ein „Just Transition“-Fonds für einen sozial gerechten Strukturwandel spielen. „Wir haben das Ziel, 100 Milliarden Euro an Investitionen für die am stärksten gefährdeten Sektoren und Regionen zu mobilisieren“, sagte von der Leyen. Mit dem Geld sollen tiefgreifende Transformationsprozesse überall und in allen Wirtschaftsbereichen angestoßen werden.
Insgesamt bezifferte die EU-Kommission die nötigen zusätzlichen Investitionen mit 260 Milliarden Euro jährlich. Das entspricht 1,5 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung der EU in 2018. Das Geld soll sowohl von öffentlicher als auch privater Seite kommen. Eine Kernrolle käme demnach der Europäischen Investitionsbank zu.
Nicht alle EU-Staaten sehen Klimawandel als ihr Problem
EU-Ratspräsident Charles Michel konnte am Mittwoch noch nicht sagen, ob sich auch die Staats- und Regierungschefs zu dem Klimaziel 2050 bekennen. Grund sind Vorbehalte osteuropäischer Länder wie Polen, Ungarn und Tschechien, deren Wirtschaft und Energiesysteme oft noch stark auf Kohle ausgerichtet sind.
Michel verwies darauf, dass bei der Einstellung auf den Klimawandel nicht alle Länder dieselbe Ausgangslage hätten. Zudem müssten „soziale Konsequenzen“ in Betracht gezogen werden. Aus seiner Sicht sei es aber „wichtig“, dass es „parallel zur Ankündigung des Green Deal durch die Kommission ein Signal“ zu dem Ziel der Klimaneutralität durch die Mitgliedstaaten gebe, sagte Michel. Vor Gipfel-Verhandlungen nähmen die Mitgliedstaaten oft unterschiedliche Position ein, sagte ein hochrangiger EU-Vertreter. Eine Einigung wäre demnach aber „ein gutes Zeichen“ mit Blick auf die diese Woche endende UN-Klimakonferenz in Madrid.
Stimmen von der „Klimakonferenz“
Greta Thunberg warf der EU unterdessen vor, die Welt mit ihren Versprechungen von Klimaneutratlität bis 2050 in die Irre zu führen. Schießlich bezögen die meisten Zusagen die Emissionen von Luftfahrt, Schiffsverkehr sowie dem Export und Import von Waren nicht mit ein, kritisierte die 16-Jährige in Madrid. Stattdessen werde versucht, die eigenen Treibhausgasemissionen mit Klimaschutzmaßnahmen in anderen Ländern zu kompensieren.
Um diese Fragen geht es in Madrid derzeit bei den Verhandlungen um die Ausgestaltung von Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens zur Einbeziehung von Marktmechanismen. Klimalobbyisten warnen davor, dass sich bei der Förderung von Klimaschutzprojekten durch Industrieländer in anderen Staaten beide beteiligten Staaten die Emissionseinsparungen anrechnen könnten.
Die Grünen begrüßten den Grünen Deal grundsätzlich. „Aber jetzt kommt es auf die Umsetzung an“, erklärte die Ko-Fraktionsvorsitzende im EU-Parlament, Ska Keller. „Ein seitenlanger Katalog von Einzelmaßnahmen macht noch keine Strategie“, merkte auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber an.
Der Industrieverband BusinessEurope forderte eine „starke Industriestrategie“, um die erforderlich Investitionen zu mobilisieren. „Wir sind bereit, Lösungen zu finden und mit der neuen Kommission zusammenzuarbeiten, um diese zutiefst transformative Agenda zu einem Erfolg zu machen“, erklärte Generaldirektor Markus Beyrer.(afp/al)
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