Preisgekrönter Fotograf: Afghanistan droht „das Nordkorea der Region“ zu werden
Der preisgekrönte afghanische Fotograf Massoud Hossaini sieht die Pressefreiheit in seinem Heimatland nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban massiv bedroht. Er rechne mit einer „wirklich schlimmen Zukunft“ für Journalisten in Afghanistan, sagte der Pulitzer-Preisträger im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. „Die Taliban werden versuchen, die Medien zu töten, aber sie werden es langsam tun.“ Afghanistan drohe, „das Nordkorea der Region“ zu werden.
Hossaini arbeitete für AFP, als er 2012 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde. Den renommierten Journalismus-Preis erhielt er für das Bild eines verzweifelt schreienden afghanischen Mädchens, das nach einem Selbstmordanschlag zwischen den Opfern steht. Inzwischen ist Hossaini freiberuflich tätig. Er lebt derzeit in den Niederlanden.
Strategie der Taliban ist es, jemanden zunächst „in ihre Gewalt zu bringen, und dann töten sie ihn“, sagte der 39-jährige Fotograf. „Dies geschieht jetzt mit den Medien.“
Die Zusage der Taliban, Journalisten und auch Journalistinnen weiterhin eine freie Ausübung ihrer Arbeit zu ermöglichen, bezeichnete Hossaini als Augenwischerei. „Die Taliban werden die Medien komplett dichtmachen, sie werden das Internet komplett dichtmachen.“ Afghanistan werde „wahrscheinlich eine Art Nordkorea in dieser Region“.
Taliban halten den Westen „zum Narren“
Eine bekannte Journalistin, die noch in Afghanistan lebt, habe ihm erzählt, dass die Taliban es nicht zuließen, dass sie ihr Büro verlasse. Sie versuche jetzt ebenfalls, das Land zu verlassen. Hossaini sagte, er halte es für ausgeschlossen, dass sich unter einer Taliban-Herrschaft Frauen frei auf der Straße bewegen dürften; eine Journalistin mit einem Mikrofon hält er für „undenkbar“.
Die internationale Gemeinschaft werde von den Taliban „zum Narren gehalten“, sagte Hossaini weiter. Die Pressekonferenz der radikalislamischen Miliz nach der Einnahme der Hauptstadt Kabul, bei der sie auch Fragen von Reportern akzeptierte, bezeichnete der Fotograf als einen „Trick“ der Islamisten.
Hossaini war am 15. August gemeinsam mit einem anderen Journalisten-Kollegen vor den Taliban aus Afghanistan geflüchtet. Zuvor hatten die beiden über von Zwangsehen mit Taliban-Kämpfern betroffene Frauen und Mädchen berichtet.
„Als unser Flugzeug als letzter kommerzieller Flug vor dem Fall Kabuls abhob, haben wir geweint“, berichtete Hossaini. „Ich habe gesehen, wie viele meiner Freunde, auch Ausländer, ebenfalls weinten, weil sie sich wie ich im Klaren darüber waren, dass wir nicht nach Kabul zurück können.“ (afp)
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