Präsidentschaftswahl im Iran: Ultrakonservativer Vize-Präsident zieht Kandidatur zurück

Einer der konservativen Kandidaten im Iran hat sich zurückgezogen. Er fordert, dass sich das konservative und ultrakonservative Lager au einen Kandidaten einigt. Zur Auswahl stehen nun fünf Kandidaten, die der Wächterrat ausgewählt hat. Auf große Veränderungen hofft kaum jemand.
Ein Wahlkampfplakat des amtierenden Parlamentspräsidenten, Mohammed Bagher Ghalibaf, hängt an einem Platz in Teheran.
Ein Wahlkampfplakat des amtierenden Parlamentspräsidenten, Mohammed Bagher Ghalibaf, hängt an einem Platz in Teheran.Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa
Epoch Times27. Juni 2024

Kurz vor der Präsidentschaftswahl im Iran hat ein ultrakonservativer Bewerber seine Kandidatur zurückgezogen. Der amtierende Vize-Staatschef Amir Hossein Ghasisadeh-Haschemi ziehe sich aus dem Rennen um die Nachfolge des bei einem Hubschrauberabsturz gestorbenen Präsidenten Ebrahim Raisi zurück, teilte das Innenministerium in Teheran am Donnerstag mit.

Bei der Präsidentschaftswahl 2021 hatte der Arzt, der die ultrakonservative Märtyrer-Stiftung leitet, lediglich 3,5 Prozent der Stimmen erhalten. Im Onlinedienst X rief Ghasisadeh-Haschemi das konservative und ultrakonservative Lager auf, sich auf einen Kandidaten zu einigen.

Nur ein moderater Kandidat zugelassen

Raisi war am 19. Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Deswegen musste die ursprünglich für kommendes Jahr geplante Präsidentschaftswahl in der Islamischen Republik vorgezogen werden.

Als einzigen Reformer ließ der ultrakonservative Wächterrat den Parlamentarier und Ex-Gesundheitsminister Massud Peseschkian zu der Wahl zu. Der 69-Jährige geht als einer von drei Favoriten ins Rennen.

Als aussichtsreiche Kandidaten gelten auch der konservative Parlamentspräsident Mohammad-Bagher Ghalibaf und der ultrakonservative Ex-Atomunterhändler Said Dschalili. Die beiden anderen Kandidaten sind der konservative Bürgermeister von Teheran, Aliresa Sakaani, und der Geistliche Mostafa Purmohammadi.

Ghalibaf ist ein erfahrener Politiker und gehörte zudem der mächtigen Revolutionsgarde an. Ex-Atomunterhändler Dschalili, der für seine harte Haltung gegenüber dem Westen bekannt ist, kann auf die Unterstützung der Hardliner setzen.

Wahlkampf ohne konkrete Pläne

Alle Kandidaten versprachen in TV-Debatten, die wirtschaftlichen Probleme des Landes wie die massive Inflation und den drastischen Verfall der iranischen Währung anzugehen. Unterschiedliche Ansichten vertraten sie bei den Beziehungen zum Westen.

Als weitere große Herausforderung sieht der Experte Ali Vaez von der International Crisis Group die sich vertiefende „Kluft zwischen Staat und Gesellschaft“. Bisher habe keiner der Kandidaten „einen konkreten Plan“ vorgelegt, wie er mit diesem Problem umgehen wolle.

Das geistliche Oberhaupt des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, hat die Menschen zu einer „hohen Beteiligung“ an der Wahl aufgerufen. Bei der Wahl Raisis 2021, vor der der Wächterrat ebenfalls nur sieben Kandidaten zugelassen und zahlreiche moderate Politiker und Reformer ausgeschlossen hatte, war die Wahlbeteiligung mit knapp 49 Prozent auf den niedrigsten Stand seit Gründung der Islamischen Republik 1979 gesunken.

Was sagen die Frauen?

Auch in diesem Jahr sind viele Menschen unschlüssig, ob sie zur Wahl gehen sollen oder nicht. Auf große Veränderungen hofft kaum jemand. „Ich werde auf keinen Fall wählen“, sagt etwa die Ingenieurin Neda, die nur ihren Vornamen nennen will. „Egal, wer den Posten bekommt, keiner von ihnen ist dem Land wohlgesonnen. Meine Stimme wird nichts bewirken.“

Die Hausfrau Dschaleh will dagegen für Reformer Peseschkian stimmen. Er sei ein Mann „aus dem Volk“ und werde etwas gegen Armut und Arbeitslosigkeit tun.

Ein Thema, das seit den Massenprotesten nach dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini im Jahr 2022 viele Menschen im Iran bewegt, ist auch die strenge Kopftuchpflicht für Frauen. Die 22-jährige Amini war wegen eines angeblich nicht vorschriftsgemäß getragenen Kopftuchs von der Sittenpolizei festgenommen worden. Ihr Tod löste wochenlange Proteste gegen die iranische Regierung aus.

Seitdem gehen immer mehr Frauen im Iran aus Protest ohne Kopftuch auf die Straße. Seit einigen Monaten wird die Einhaltung der Kopftuchpflicht verstärkt kontrolliert.

In den TV-Debatten äußerten sich die meisten Kandidaten vage und sprachen sich lediglich gegen ein gewaltsames Vorgehen gegen Frauen ohne Kopftuch aus. Nur Peseschkian übte vorsichtige Kritik. „Wir haben 40 Jahre lang versucht, das Hidschab-Problem zu lösen, aber wir haben die Situation nur verschlimmert“, sagte er im Wahlkampf.

Viele Frauen glauben nicht an eine rasche Lockerung. „Es ist für die Kandidaten schwer, ihre Versprechen zu erfüllen“, sagt die 31-jährige Marjam. Neda sagt: „Das Hidschab-Gesetz wird niemals aufgehoben, weil der Iran eine Islamische Republik ist.“ Sie könne sich nicht vorstellen, „dass irgendein Präsident bereit wäre, dieses Gesetz zu ändern“. (afp/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion