Orbán gibt Blockade auf: Alle EU-Staaten für neue Ukraine-Hilfen

Der Weg für weitere milliardenschwere EU-Finanzhilfen für die Ukraine ist frei. Beim EU-Sondergipfel in Brüssel gibt Ungarn seinen Widerstand gegen das Projekt auf.
«Die Ukraine kann 2030 zur EU gehören, wenn beide Seiten ihre Hausaufgaben machen», sagt Charles Michel.
„Die Ukraine kann 2030 zur EU gehören, wenn beide Seiten ihre Hausaufgaben machen“, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel im Oktober 2023.Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa
Epoch Times1. Februar 2024

Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán hat seine Blockade der EU-Pläne für neue Ukraine-Hilfen aufgegeben. Alle 27 Staats- und Regierungschefs hätten dem geplanten Unterstützungspaket im Umfang von 50 Milliarden Euro für die Zeit bis Ende 2027 zugestimmt, teilte EU-Ratspräsident Charles Michel beim EU-Sondergipfel in Brüssel mit.

Ob Orbán dafür Zugeständnisse gemacht wurden, ist noch unklar. Nach Angaben mehrerer Diplomaten war dies nicht der Fall. Von ungarischer Seite gab es zunächst keine Angaben zu dem Thema.

Die Einigung geschah binnen Minuten, wie Ratspräsident Charles Michel im Onlinedienst X (vormals Twitter) mitteilte. Der Durchbruch kam nach einem Treffen in kleiner Runde mit Orbán, an dem neben anderen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teilnahm.

„Deal“ hieß es nur sechs Minuten nach Beginn des Sondergipfels. Die Hilfen aus dem EU-Haushalt über vier Jahre sollen die Ukraine vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch bewahren. Das Land kann damit etwa Krankenhäuser und Schulen finanzieren.

Selenskyj dankte per Video

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj lobte die „starke Einigkeit der EU“. Die Zusage werde die langfristige wirtschaftliche und finanzielle Stabilität seines Landes stärken, zeigte er sich überzeugt. Er wandte sich nach der Gipfeleinigung per Video an die Verbündeten und dankte ihnen für die Entscheidung.

Die anderen 26 Länder gestanden Orbán nach EU-Angaben die Möglichkeit zu, nach zwei Jahren erneut auf Chefebene über die Ukraine-Hilfen zu diskutieren. Die Hürden sind hoch: Schon für das Abhalten einer Debatte müssen alle Länder zustimmen. Auch mögliche Änderungen an dem Hilfspaket erfordern Konsens, was als ausgeschlossen gilt. Orbán konnte sich demnach nicht mit seiner Forderung nach einer jährlichen Vetomöglichkeit gegen die Auszahlung der Gelder durchsetzen.

Die Gipfelteilnehmer reagierten erleichtert: Von einem „guten Tag für Europa“ sprach EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas lobte die Fähigkeit der Europäer, „gemeinsam zu Ergebnissen zu kommen“, wie sie auf X schrieb. „Es ist ein wichtiges Signal an die Ukraine, dass die EU sie langfristig unterstützt, bis zum Sieg“, fügte sie hinzu.

„Wir sind nicht Ukraine-müde, wir sind Orbán-müde“

Ratspräsident Michel hatte ein Foto von der kleinen Runde vor Gipfelbeginn gepostet: Neben einem offenbar bestens gelaunten Scholz sind darauf auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni sowie von der Leyen zu sehen. Orbán blickt wie betreten nach unten.

Vor dem Gipfel hatten sich viele Länder noch frustriert und genervt über Orbáns Veto-Politik geäußert. Der polnische Regierungschef Donald Tusk sagte: „Wir sind nicht Ukraine-müde, wir sind Orbán-müde.“ Finnlands Regierungschef Petteri Orpo betonte: „Niemand darf 26 andere Länder erpressen.“

Drastische Schritte gegen Ungarn sind damit erst einmal vom Tisch. Das Europaparlament fordert bereits seit 2018 einen Stimmrechtsentzug für Ungarn, das seit Jahren gegen die europäische Grundwertecharta verstößt, etwa beim Asylrecht und dem Diskriminierungsverbot für sexuelle Minderheiten.

Scholz dringt auf mehr Waffenhilfe

Bundeskanzler Scholz drängte die Partner auf dem Gipfel auch zu mehr Waffenhilfe für die Ukraine. Alle müssten „mehr tun“, sagte er. Deutschland hat Kiew in diesem Jahr gut sieben Milliarden Euro zugesagt und steht damit nach Darstellung des Kanzlers europaweit an der Spitze. Andere große EU-Länder wie Frankreich, Italien oder Spanien fallen nach Berliner Angaben dahinter zurück.

In Brüssel wurde mit einem schnellen Abschluss des Gipfels gerechnet. Belgien und andere Länder wollten noch über den Nahost-Krieg diskutieren. Eine gemeinsame Erklärung wurde aber wie bereits im Dezember nicht erwartet.

Am Rande des Gipfels blockierten Landwirte mit rund 1.300 Traktoren Brüsseler Straßen rund um das EU-Parlament. Auf der Gipfel-Agenda stand die Lage der Landwirte jedoch nicht. Lediglich Macron, der wegen der Bauernproteste innenpolitisch unter Druck steht, beriet darüber bilateral mit von der Leyen. (dpa/afp)



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