„Null-Toleranz“-Politik: Wie Kamala Harris bei der US-Präsidentschaftswahl punkten will
Der Rückzug von US-Präsident Joe Biden aus dem US-Wahlkampf hat die Karten im Rennen um die US-Präsidentschaft neu gemischt. War der republikanische Herausforderer Donald Trump davor vielfach favorisiert, hat Vizepräsidentin Kamala Harris mittlerweile deutlich aufgeholt und liegt sogar in mehreren entscheidenden Swing States voran.
Die Strategie von Harris scheint primär darauf ausgerichtet zu sein, sich als politisch unbelastet darzustellen – obwohl sie seit 2021 eines der höchsten öffentlichen Ämter des Landes bekleidet. Zudem will sie, ähnlich wie 2020 Joe Biden, darauf setzen, Gegner des 45. Präsidenten Donald Trump möglichst geschlossen an die Wahlurnen zu bringen. Eine Notwendigkeit, die sie dabei offenbar sieht, ist es, möglichst wenig durch polarisierende oder als radikal wahrnehmbare Positionen aufzufallen. Als Konsequenz daraus ist sie sogar von einigen Auffassungen abgerückt, die sie noch vor vier Jahren im Wahlkampf vertreten hat.
Harris betont Entschlossenheit zum Schutz der Grenze
Ein entscheidender Bereich, in dem Kamala Harris heute deutlich anders klingt als noch vier Jahre zuvor, ist jener der Grenzsicherung. Im Jahr 2020 hatte sie die ICE, die Behörde für Einwanderung und Zoll, völlig neu aufsetzen wollen. Zuvor war diese unter anderem dadurch in die Schlagzeilen geraten, dass sie bei der Internierung irregulär über die Grenze gelangter Einwanderer Familienmitglieder voneinander getrennt hatte.
Damals hatte Harris betont, dass Einwanderer ein elementarer „Teil des Gefüges Amerikas“ seien und versprochen, eine Einwanderungsreform auf den Weg zu bringen. Im Juni 2021 hatte sie hingegen einen „Kommt nicht“-Appell an potenzielle Einwanderer in Guatemala gerichtet. Wie zuletzt auch Joe Biden betont sie mittlerweile in erster Linie die Sicherung der Grenze und beharrt auf der Durchsetzung der Gesetze.
Sie verweist zudem darauf, dass sie als Generalstaatsanwältin von Kalifornien unterirdische Tunnel zwischen Mexiko und den USA aufgespürt und geschlossen habe. Außerdem präsentiert Harris sich als konsequente Verfolgerin transnationaler Banden, Drogengangster und Menschenhändler.
Recht auf Waffenbesitz – aber weitreichende Überprüfungen
Biden hatte Harris im März 2021 mit weitreichenden Vollmachten in der Grenzsicherungspolitik betraut. Sie solle zudem eine Strategie entwickeln, um „der Instabilität, Gewalt und wirtschaftlichen Unsicherheit zu begegnen, die Migranten derzeit aus ihrer Heimat vertreiben“.
Noch im selben Jahr erklärte Kamala Harris, sie werde öffentliche und private Mittel im Umfang von 115 Millionen US-Dollar organisieren, um Faktoren entgegenzuwirken, die Migrationsimpulse schaffen. So sollen diese Mittel Korruption bekämpfen, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte fördern sowie Gewalt und Kriminalität entgegenwirken.
Im Bereich der Sicherheit verweist Harris auf ihre harte Linie gegen Straftäter, die Waffengewalt eingesetzt hätten, und betonte eine „Null-Toleranz“-Politik. Die Vizepräsidentin will am verfassungsmäßig gewährleisteten Recht auf Waffenbesitz nicht rütteln.
Allerdings fordert sie ein Verbot des Verkaufs sogenannter Sturmwaffen an Zivilisten sowie umfassende Hintergrundüberprüfungen und sogenannte Red-Flag-Gesetze. Diese sollen verhindern, dass Personen, die Anhaltspunkte für ein erhöhtes Gefahrenpotenzial bieten, legal Waffen erwerben können.
Noch 2020 zeigte Harris Verständnis für „Defund the Police“
Unklar ist, inwieweit Harris die aktuelle Linie der Biden-Regierung weiterführen wird, die bisher geltenden, umfassenden Immunitätsbestimmungen zugunsten von Waffenherstellern zu beenden. Auch will das Kabinett Biden verbindliche Vorschriften für die Aufbewahrung von Waffen in Kraft setzen. Abgerückt ist Harris hingegen von ihrer 2019 vertretenen Position, für sogenannte Angriffswaffen einen Zwangsrückkauf durchzusetzen.
Einen noch deutlicheren Wandel zeigt Harris mit Blick auf die „Defund the Police“-Bewegung. Noch 2020 äußerte sie im Zuge der „Black Lives Matter“-Kampagne für deren Anliegen Verständnis. Die Initiative forderte, örtlichen Polizeidienststellen die Finanzierung zu entziehen und stattdessen das Geld in kommunale Dienstleistungen wie Bildung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung zu investieren.
Harris hatte 2020 eine Reform des Strafgesetzes, ein Verbot des Einsatzes von Würgegriffen oder Griffen an die Halsschlagader für Polizeibeamte und ein nationales Register für straffällige Polizisten gefordert. Äußerungen dieser Art kamen von ihr seither nicht mehr.
Zurückrudern beim Supreme Court – Altbekanntes bei der Abtreibung
In der Debatte um eine Reform des Obersten Gerichtshofs hatte Harris 2019 noch von einer „Vertrauenskrise“ gesprochen und davon, dass „alles auf dem Tisch“ liege. Unter anderem zeigte sie sich offen für eine Erhöhung der Anzahl der Richter. Mittlerweile beschränken sich ihre Reformvorschläge auf eine Amtszeitbegrenzung von 18 Jahren und einen verbindlich durchsetzbaren „richterlichen Ethikkodex“.
Bekannte Positionen der Demokraten vertritt Kamala Harris in der Frage der Abtreibung, die in diesem politischen Segment als Ausdruck „reproduktiver Freiheit“ tituliert wird. Sie betont, ein Bundesgesetz unterzeichnen zu wollen, das die Rechtslage wiederherstelle, die in der „Roe v. Wade“-Entscheidung skizziert war. Zudem soll es Restriktionen der Möglichkeiten für Bundesstaaten geben, den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen einzuschränken.
Ein solches Gesetz könnte jedoch zum einen an der derzeitigen republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus, zum anderen an der Mehrheit im Supreme Court scheitern.
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