Migration, Bürgergeld, Schuldenbremse: Differenzen zwischen Union und SPD

Fünf Tage nach der Bundestagswahl starten Union und SPD Sondierungen über eine mögliche Koalition. Ob es tatsächlich zu Schwarz-Rot kommt, ist offen. Beide Seiten liegen in Bereichen wie Migration, Bürgergeld, Klimaschutz, der Reform der Schuldenbremse oder beim Wahlrecht auseinander. Ein Überblick über mögliche Knackpunkte.
Titelbild
Der Wahlsieger und Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Epoch Times28. Februar 2025

Migration

CDU/CSU fordern eine deutliche Verschärfung der Migrationspolitik, um irreguläre Migration zu verhindern. Dazu gehören auch ausnahmslose Zurückweisungen von Geflüchteten an den Landesgrenzen – auch von Asylsuchern.

Die SPD hält dies weiter weder mit dem Grundgesetz vereinbar noch mit EU-Recht. Zudem will die Union den Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten, die kein Asyl bekommen haben, aber aus anderen Gründen vorerst blieben können, aussetzen. Die Sozialdemokraten wollen dies weiter ermöglichen.

NGO-Anfrage

Für Unverständnis bei der SPD sorgte in den vergangenen Tagen eine parlamentarische Anfrage der Union zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen. SPD-Chef Lars Klingbeil sprach von einem „Foulspiel“ und forderte CDU/CSU auf, diese zurückzunehmen.

Die Anfrage betrifft auch Organisationen, die vor dem Hintergrund der AfD-Unterstützung eines Unionsantrags zur Verschärfung der Migrationspolitik zu den jüngsten Demonstrationen gegen Rechts aufgerufen hatten.

Bürgergeld

CDU-Chef Friedrich Merz will „Totalverweigerern“, die eine Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur ablehnen, die Bezüge komplett streichen. Dafür nimmt Merz auch Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht in Kauf.

Den Begriff Bürgergeld will er abschaffen und durch „neue Grundsicherung“ ersetzen. Die SPD hält hingegen am Bürgergeld fest. Sie will aber deutlich stärker auf die richtigen Arbeitsanreize, auf mehr Beratung und auf Kontrollen setzen, ob Arbeitsangebote auch wahrgenommen werden.

Mindestlohn

Die Union will den Mindestlohn von derzeit 12,82 Euro pro Stunde nicht über eine politische Entscheidung anheben. Die Lohnuntergrenze soll weiterhin die unabhängige Mindestlohnkommission regelmäßig anpassen, die sich aus den Sozialpartnern zusammensetzt.

Die SPD fordert hingegen eine Anhebung auf 15 Euro spätestens ab 2026. In der SPD-geführten Ampelkoalition war der Mindestlohn schon einmal durch einen politischen Beschluss auf zwölf Euro erhöht worden.

Steuern

CDU/CSU wollen die Unternehmensteuern in mehreren Schritten auf maximal 25 Prozent senken, die SPD will Firmen hingegen durch Abschreibungen bei Investitionen unterstützen. Bei der Einkommensteuer strebt die Union eine Abflachung des Tarifs an und will die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz deutlich erhöhen.

Außerdem soll der Soli komplett gestrichen werden. Die SPD will ihrerseits die Einkommensteuer für 95 Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler senken, Top-Verdiener sollen jedoch einen höheren Beitrag leisten.

Rente

Die SPD will ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent des Durchschnittseinkommens dauerhaft garantieren. CDU/CSU wollen Rentenniveau und Beitragssatz laut Wahlprogramm „durch wirtschaftliches Wachstum“ stabil halten. Im Wahlkampf hat die SPD Merz vorgeworfen, er nehme damit eine Kürzung der Renten in Kauf.

Schuldenbremse oder Sondervermögen

Intensiv diskutiert wird in Union und SPD auch über eine Lockerung der Schuldenbremse oder ein neues Sondervermögen für die Bundeswehr. Beides könnte nur über eine Grundgesetzänderung erfolgen, dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig.

Im scheidenden Bundestag wäre das mit CDU/CSU, SPD und Grünen möglich. Im ab dem 25. März tagenden Parlament ginge das aber nicht ohne die Linkspartei, die grundsätzlich gegen mehr Aufrüstung ist. CDU-Chef Merz hat seinerseits diese Woche eine Lockerung der Schuldenbremse noch im alten Bundestag bereits ausgeschlossen.

Waffenlieferungen an die Ukraine

Merz hat schon lange klar gemacht, dass er der Ukraine auch Taurus-Marschflugkörper mit großer Reichweite liefern würde. Die SPD lehnt das kategorisch ab, weil sie eine Eskalation im Konflikt mit Russland befürchtet.

Ob die Frage aber in Koalitionsgesprächen eine Rolle spielt, ist angesichts der dynamischen Entwicklungen aufgrund des Vorstoßes von US-Präsident Donald Trump mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu einer Beendigung des Konflikts fraglich.

Klimapolitik

Die Union will das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 „im Blick“ behalten, verweist aber auf die Notwendigkeit des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Die EU-Vorgaben zur Abkehr vom Verbrennungsmotor will sie ebenso wie das Heizungsgesetz der Ampelregierung abschaffen.

Zudem erwägt sie einen Wiedereinstieg in die Nutzung der Atomkraft. Ein von der SPD gefordertes Klimageld zur Entlastung von Bürgern steht zwar nicht im Wahlprogramm der Union – Merz sprach sich aber kurz vor der Wahl dafür aus.

Deutschlandticket

Die SPD will das Deutschlandticket dauerhaft zum aktuellen Preis anbieten, ergänzt durch vergünstigte Tarife für Familien, Studenten oder ältere Menschen. CDU-Chef Merz ist grundsätzlich für eine Weiterführung, stellt dies aber ausdrücklich unter den Vorbehalt einer möglichen Finanzierung, die nur noch für dieses Jahr gesichert ist.

Wahlrechtsreform

Die Union will das von der Ampelregierung unter SPD-Führung reformierte Wahlrecht wieder ändern. Grund ist, dass bei der Wahl am Sonntag 18 ihrer Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag kamen. Denn dies hängt aktuell davon ab, ob auf Landesebene die Direktmandate auch durch den Zeitstimmenanteil der Parteien gedeckt sind. (afp)



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