Mehr als 40 Länder beraten über Wege zur Beendigung des Ukraine-Kriegs – ohne Russland

Die „territoriale Integrität und Souveränität“ der Ukraine soll im Zentrum von Verhandlungen zur Beendigung des Krieges stehen. Es gab keine Abschlusserklärung. Auch Deutschland war vor Ort.
Titelbild
Eine durch den Krieg zerstörte Eisenbahnanlage im Dorf Sosnove in der Region Donezk am 5. August 2023, Ukraine.Foto: ANATOLII STEPANOV/AFP via Getty Images
Epoch Times6. August 2023

Im saudiarabischen Dschiddah haben am Wochenende Vertreter aus mehr als 40 Staaten über Wege zur Beendigung des Ukraine-Kriegs beraten.

Das von Kiew organisierte Treffen ohne Beteiligung Russlands ging am Samstagabend nach mehrstündigen Beratungen und Gesprächen hinter verschlossenen Türen zu Ende. Aus europäischen Diplomatenkreisen verlautete, es herrsche Einigkeit über zentrale Punkte einer Friedenslösung wie die „territoriale Integrität und Souveränität“ der Ukraine.

China habe sich „aktiv beteiligt“

Wie erwartet wurde nach dem Treffen keine Abschlusserklärung veröffentlicht. Aus europäischen Diplomatenkreisen hieß es, die „territoriale Integrität und Souveränität“ der Ukraine solle nach dem Willen der Teilnehmer „im Zentrum jeglicher Friedensvereinbarung“ stehen.

Zu den mehr als 40 Teilnehmerstaaten gehörten westliche Staaten wie die USA und Deutschland, aber auch China, Indien und Südafrika sowie Entwicklungsländer. Aus europäischen Diplomatenkreisen hieß es, China habe sich „aktiv“ beteiligt und sich „positiv“ zu einem möglichen weiteren derartigen Treffen geäußert.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich nach den Beratungen verhalten optimistisch. „Jeder Millimeter Fortschritt in Richtung eines gerechten und fairen Friedens bringt ein Stück Hoffnung für die Menschen in der Ukraine“, sagte Baerbock der „Bild am Sonntag“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe „mit seiner Friedensformel dafür einen ganz entscheidenden Pfad aufgezeigt“. Diese fordert einen kompletten Abzug russischer Truppen aus der Ukraine.

Selenskyj hatte in seiner abendlichen Videobotschaft erklärt, dass 42 Länder in Dschiddah vertreten waren und dass die ukrainische Delegation seine „Zehn-Punkte-Friedensformel“ vorantreibe, die den vollständigen Abzug russischer Truppen von ukrainischem Territorium fordere. Russland hatte in der Vergangenheit erklärt, dass bei Verhandlungen die „neuen territorialen Gegebenheiten“ berücksichtigt werden müssten.

Echte Verhandlungen müssen auch Russland einschließen

Aus französischen Diplomatenkreisen hieß es nach dem Treffen, es gebe „übereinstimmende Bemühungen, um die Bedingungen für eine berechtigte Verhandlung zu schaffen“. Diese Bedingungen seien aber durch das Treffen „eindeutig nicht“ geschaffen worden. Dies sei „ein langfristiger Prozess“.

Der brasilianische Delegationsleiter Celso Amorim forderte in einer Stellungnahme, dass „echte Verhandlungen alle Parteien einschließen“ müssten, also auch Russland. „Auch wenn die Ukraine das größte Opfer ist, müssen wir, wenn wir wirklich Frieden wollen, Moskau auf irgendeine Weise in diesen Prozess einbeziehen“, hieß es in Amorims Redetext, der der Nachrichtenagentur AFP vorlag.

Die Ukraine hatte vorab die Erwartung geäußert, dass die Gespräche „nicht einfach“ würden. Aber „die Wahrheit ist auf unserer Seite“, sagte Andrij Jermak, Stabschef des ukrainischen Präsidialamtes, in einem am Freitag veröffentlichten Interview.

Jermak führte die ukrainische Delegation in der saudiarabischen Küstenstadt am Roten Meer an. „Wir haben viele Meinungsverschiedenheiten, und wir haben viele Positionen gehört, aber es ist wichtig, dass wir unsere Prinzipien teilen“, erklärte er. „Unsere Aufgabe ist es, die ganze Welt um die Ukraine zu vereinen.“

Olaf Scholz war vor Ort

Das Treffen fand auf der Ebene der nationalen Sicherheitsberater statt. Für die Bundesregierung nahmen der außenpolitische Berater von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Jens Plötner, sowie die Politische Direktorin im Auswärtigen Amt, Tjorven Bellmann, teil. Die US-Delegation wurde vom Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan geleitet.

China, das im Ukraine-Konflikt nach eigenen Angaben eine neutrale Partei bleiben möchte, schickte seinen Sonderbeauftragten für eurasische Angelegenheiten, Li Hui, nach Dschiddah. „China ist bereit, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um weiterhin eine konstruktive Rolle bei der Förderung einer politischen Lösung der Ukraine-Krise zu spielen“, erklärte Außenministeriumssprecher Wang Wenbin vorab.

Saudi-Arabien, der weltweit größte Rohölexporteur, der in der Ölpolitik eng mit Russland zusammenarbeitet, hat seine Verbindungen zu beiden Seiten bekräftigt und sich als möglicher Vermittler im Ukraine-Krieg positioniert. Der regierungsnahe Experte Ali Schihabi sagte AFP, das Treffen zeige den Erfolg von Saudi-Arabiens „multipolarer Strategie“.

Das Treffen in Dschiddah folgte auf Gespräche in Kopenhagen im Juni, die informell angelegt waren und zu keiner offiziellen Erklärung führten. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion