Lukaschenko gewinnt Wahl ohne Alternative – Baerbock: Menschen in Belarus hatten keine Wahl

In Belarus stellt sich nach der Präsidentenwahl Alexander Lukaschenko auf mindestens weitere fünf Jahre an der Macht ein. Deutschlands Außenministerin nennt es einen „bitteren Tag“ für die Bevölkerung.
In Belarus richtet sich Machthaber Alexander Lukaschenko nach mehr als 30 Jahren an der Macht bei der siebten Präsidentenwahl auf weitere fünf Jahre im Amt ein.
In Belarus richtet sich Machthaber Alexander Lukaschenko nach mehr als 30 Jahren an der Macht bei der siebten Präsidentenwahl auf weitere fünf Jahre im Amt ein.Foto: Pavel Bednyakov/AP/dpa
Epoch Times26. Januar 2025

Bei der als Farce kritisierten Präsidentenwahl hat sich Alexander Lukaschenko für eine siebte Amtszeit bestätigen lassen. Laut einer amtlichen Nachwahlbefragung erhielt der 70-Jährige am Sonntag 87,6 Prozent der Stimmen.

Da alle ernstzunehmenden möglichen Gegenkandidaten im Gefängnis oder im Exil sind, stand der Wahlsieg Lukaschenkos von vornherein fest. „Erkennen sie diese Wahlen an, oder nicht, das ist Geschmackssache. Mir ist das völlig schnuppe“, sagte er vor Journalisten in Minsk auf eine Frage zur Nichterkennung der Abstimmung von der EU.

Zugleich sagte er, dass er aus Verantwortungsbewusstsein so lange an der Macht bleibe, wie sein Umfeld ihn trage. Er sei aber bereit, das Zepter der Macht einer jüngeren Generation zu übergeben, sollte sich ein geeigneter Kandidat finden.

30 Jahre an der Macht

Die Wahlleitung gab die Beteiligung vier Stunden vor Schließung der Wahllokale am Nachmittag mit 75,49 Prozent an, mehr als 2020. Aufgerufen zur Abstimmung waren rund 6,9 Millionen Wahlberechtigte.

Es galt als sicher, dass der als letzter Diktator Europas bezeichnete Lukaschenko (70) sich nach 30 Jahren an der Macht erneut zum Sieger erklären lassen wird. Die vier Mitbewerber in der Ex-Sowjetrepublik gelten als reine Statisten.

Die Wahllokale schließen um 18:00 Uhr MEZ (20:00 Uhr Ortszeit). 2020 hatte ihm die Wahlkommission 80,1 Prozent der Stimmen zugesprochen – bei 84,38 Prozent Wahlbeteiligung. Das hatte landesweit Massenproteste ausgelöst, die Lukaschenko gewaltsam niederschlagen ließ, mit Russlands Hilfe. 300.000 Menschen haben nach Schätzung der UN Belarus seither verlassen.

Baerbock: „Keine Wahl“ für die Menschen

Angesichts der erwarteten Bestätigung von Lukaschenko hat Bundesaußenministerium Annalena Baerbock (Grüne) von einem bitteren Tag für die Bevölkerung gesprochen.

„Die Menschen in Belarus hatten keine Wahl“, erklärte Baerbock am Sonntag im Onlinedienst Bluesky. „Es ist ein bitterer Tag für all jene, die sich dort nach Freiheit und Demokratie sehnen.“

Anstelle von freien und fairen Wahlen und einem Leben ohne Angst und Willkür erlebten die Menschen in Belarus „täglich Unterdrückung, Repression und Menschenrechtsverletzungen“, kritisierte die Außenministerin.

Menschenrechtler: Mehr als 1.200 politische Gefangene

Immer noch säßen mehr als 1.200 Menschen in Belarus unschuldig in Haft, „nur weil sie den Mut hatten, ihre Stimme zu erheben“. Baerbock forderte die Freilassung aller politischen Gefangenen. Die „brutale Unterdrückung“ müsse „ein Ende haben“.

Gut vier Jahre nach den Massenprotesten gegen Lukaschenkos Dauerherrschaft sind Oppositionelle entweder ins Ausland geflüchtet oder im Gefängnis.

Baerbock zollte auch der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja und „den mutigen Belarussinnen und Belarussen“ tiefen Respekt. „Sie zeigen uns, wie wichtig der Kampf für unsere Demokratie in Europa ist.“

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas erklärte, die Europäische Union werde nach der „Scheinwahl“ weiterhin „restriktive und gezielte Maßnahmen gegen das Regime“ von Lukaschenko verhängen. „Die Demokratie verlangt freie, faire und transparente Wahlen (…) Das ist nicht der Fall in Belarus“, erklärte Kallas.

Belarus ist auch das letzte Land in Europa, in dem noch Todesstrafen vollstreckt werden – per Genickschuss. Wer sich kritisch äußert in dem Land, riskiert Haft. Die Medien sind gleichgeschaltet, viele unabhängige Nachrichtenportale blockiert.

Opposition fordert Nichtanerkennung der Wahl

Die Opposition im Exil zeigte sich uneins, wie sie mit der Abstimmung umgehen soll. Teile riefen zum Boykott auf, andere dazu, die Möglichkeit „gegen alle“ auf dem Wahlzettel zu nutzen.

Das Lager um die Anführerin Swetlana Tichanowskaja, die 2020 nach Meinung vieler die Wahl gewonnen hatte, rief die internationale Gemeinschaft auf, weder die Wahl noch Lukaschenko als Präsidenten anzuerkennen. Das Land ist nicht nur wegen politischer Repressionen, sondern auch wegen der Unterstützung für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit westlichen Sanktionen belegt.

Lukaschenko hatte vor der Wahl wiederholt politische Gefangene begnadigt – mehr als 200 insgesamt. Damit verbindet er nach Meinung von Experten vor allem die Hoffnung, dass der Westen doch wieder den Dialog aufnimmt. Bei der Pressekonferenz in Minsk betonte er indes erneut seine Bereitschaft, den Kontakt wieder aufzunehmen.

Nach langer Sorge um die Gesundheit der bekanntesten inhaftieren Oppositionellen Maria Kolesnikowa erlaubte Lukaschenko zuletzt auch einen Besuch ihres Vaters und schloss eine Begnadigung nicht aus. Zu sehen waren zudem Bilder des inhaftierten früheren Bankmanagers Viktor Babariko, der 2020 als aussichtsreichster Bewerber nicht zur Wahl zugelassen wurde.

Experte: Wieder mehr Rückhalt für Lukaschenko

Der im Exil im Ausland lebende Politologe Waleri Karbalewitsch sieht ein Land in Angst: Lukaschenkos Apparat fürchte neue Proteste und habe deshalb schon vor der Abstimmung Vertreter in Institutionen Unterstützerunterschriften sammeln lassen.

„Die ganze Staatsmaschinerie steht Kopf, obwohl es nicht die leisesten Hinweise auf Protest und auch keinen Kandidaten als Alternative gibt“, sagte er. Der schon zu Sowjetzeiten wegen seiner Brutalität gefürchtete Geheimdienst KGB hält Belarus fest im Griff.

Und auch die Wähler seien verängstigt, weil ihnen schon Strafverfolgung drohe, wenn sie etwa auf dem Mobiltelefon kritische Informationen lesen, sagte Karbalewitsch dpa. Lukaschenko wolle sich mit der nun im Winter angesetzten Abstimmung frisch legitimieren. Eigentlich wäre der reguläre Termin im Sommer gewesen.

Lukaschenko nutze derzeit eine gewisse Konsolidierung der Gesellschaft, weil die Kritiker weg seien. Zudem setze er sich vor allem mit Blick auf den Krieg in der benachbarten Ukraine als Wahrer des Friedens und der Stabilität in Szene.

„Er hat auch Rückhalt von vielen, die 2020 gegen ihn waren, die aber schon damals auch prorussisch eingestellt waren und jetzt wieder auf Linie sind“, erklärte Karbalewitsch. Kremlchef Wladimir Putin hatte Lukaschenko damals trotz Hoffnungen vieler Demonstranten in Belarus nicht fallengelassen.

Hohe Abhängigkeit von Russland

Der Experte Karbalewitsch erwartet, dass der zuletzt auch von Gesundheitsproblemen geplagte Lukaschenko bis an sein Lebensende an der Macht bleiben will.

Die Chancen stünden nicht schlecht, „weil derjenige, der mit Russland befreundet ist, Gas und Öl zu niedrigen Preisen und den atomaren Schutzschirm erhält“. Inzwischen gehe es Belarus auch wirtschaftlich besser, weil die Betriebe des Landes für Russlands Kriegswirtschaft produzieren.

Der Preis für Lukaschenkos Machterhalt sei eine immer größere wirtschaftliche, finanzielle und politische Abhängigkeit von Putin. „Souveränität aber hat Belarus immer weniger“, sagte Karbalewitsch. Gleichwohl sieht er wegen des starken Widerstands in Minsk keine akute Gefahr, dass Russland sich den Nachbarn einverleibt. (dpa/red)



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