TICKER 12.10.: Israels Parlament billigt Notstandsregierung und Kriegskabinett – EU leitet formelles Verfahren gegen X ein

Israel setzte heute seine Gegenangriffe im Gazastreifen fort. Mittlerweile zeigt sich, dass Israels Geheimdienste durchaus vorher Ungewöhnliches bemerkten. Trotz nächtlicher Beratungen mit dem Generalstabschef und weiteren Generälen wurde das wahre Ausmaß der Bedrohung unterschätzt.
Titelbild
Israelische Soldaten in Kfar Aza an der Grenze zum Gazastreifen, am 10. Oktober 2023.Foto: Thomas Coex/AFP via Getty Images
Von 12. Oktober 2023

Nach dem Großangriff der Hamas auf Israel verschärft sich die Lage in Nahost weiter. Hier die vorangegangenen Geschehnisse: 7. Oktober, 8. und 9. Oktober, 10. Oktober und gestern, 11. Oktober.

+++ TICKER 12. Oktober +++

21:10 Uhr – Großbritannien verlegt Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer

Auch Großbritannien verlegt nun zwei Kriegsschiffe sowie ein Aufklärungsflugzeug ins östliche Mittelmeer. Das Aufklärungsflugzeug soll bereits ab Freitag in der Region im Einsatz sein, unter anderem um „Waffenlieferungen an Terrorgruppen“ ausfindig zu machen. Die Militärunterstützung umfasst auch drei Hubschrauber und eine Kompanie Marine-Soldaten.

21:05 Uhr – Russland verurteilt Angriffe auf syrische Flughäfen

Russland verurteilte die israelischen Angriffe auf zwei große Flughäfen in Syrien als Verstoß gegen internationales Recht. Die israelischen Angriffe stellten „eine eklatante Verletzung der Souveränität der Arabischen Republik Syrien und der Grundsätze des Völkerrechts dar“, erklärte das Außenministerium in Moskau. Solche Militäraktionen seien zudem mit „äußerst gefährlichen Konsequenzen verbunden, da sie eine bewaffnete Eskalation in der gesamten Region provozieren könnten“.

20:50 Uhr – Israelische Medien: Notstandsregierung und Kriegskabinett gebilligt

Israels Parlament hat die Bildung einer Notstandsregierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Oppositionspolitiker Benny Gantz gebilligt. Die Abgeordneten stimmten bei einer Sondersitzung mit 66 zu vier Stimmen dafür, nachdem Netanjahu der Opposition eine Zusammenarbeit in Zeiten des Krieges angeboten hatte. Benny Gantz und vier Mitglieder seiner Partei wurden als Minister ohne besonderen Geschäftsbereich vereidigt.

Dem dreiköpfigen „Kriegskabinett“ gehören laut einer Erklärung Netanjahu der ehemalige Verteidigungsminister Benny Gantz und Verteidigungsminister Joav Gallant an. Als Beisitzer ohne Stimmrecht sollen der ehemalige Generalstabschef Gadi Eisenkot und Likud-Minister Ron Dermer dienen.

Oppositionsführer Jair Lapid lehnte eine Beteiligung an der Notstandsregierung zuvor ab. Er warf der bisherigen Koalition Versagen im Zusammenhang mit dem Großangriff der Hamas vor. „Das Versagen vom Samstag ist unverzeihlich“, sagte Lapid in einer Fernsehansprache. Er sei für eine „Regierung der nationalen Einheit“ und wolle sich nicht einer Regierung mit „Extremisten“ anschließen, sagte Lapid und verwies auf Itamar Ben Gvir, den Minister für öffentliche Sicherheit von der rechtsextremen Partei Jüdische Kraft. Lapid soll ein Sitz in dem neuen Kabinett freigehalten werden.

Eine breite Koalition ist laut Fachleuten notwendig ist, um weitreichende militärische und politische Entscheidungen – weil einen Großangriff – in den nächsten Tagen durchsetzen zu können. Netanjahu stimmte zudem zu, die umstrittene Justizreform der Regierung auf Eis zu legen. „Während des Krieges“ würden keine Gesetze oder Regierungsvorlagen, die nicht mit dem Krieg zu haben, weiter vorangetrieben.

20:41 Uhr – EU leitet formelles Verfahren gegen X ein

Nach Ansicht von Forschern werden Online-Netzwerke seit dem Großangriff der Hamas und den Vergeltungsangriffen Israels mit Fehlinformationen geflutet. Ausmaß und Geschwindigkeit der Verbreitung der sogenannten Fake News seien beispiellos. Daher hat die EU ihr Vorgehen gegen X (früher Twitter) verschärft. Die EU-Kommission übermittelte dem Unternehmen heute eine sogenannte Informationsanfrage auf der Grundlage des Gesetzes für digitale Dienste (Digital Services Act, DSA). Damit wird ein formelles Verfahren gegen X eingeleitet.

EU-Digitalkommissar Thierry Breton hatte Elon Musk wegen der „Verbreitung von illegalen Inhalten“ und „Falschinformationen“ auf X bereits am 10.10. verwarnt. Am Mittwoch und Donnerstag folgten ähnliche Verwarnungen an den Facebook-Mutterkonzern Meta und Tiktok. Die Anbieter müssen binnen 24 Stunden darlegen, wie sie gegen Falschinformationen vorgehen wollen. Bei dem DSA-Verfahren hat X zwar deutlich mehr Zeit als 24 Stunden, muss aber auch deutlich mehr liefern.

20:16 Uhr – Schusswechsel vor Polizeiwache in Jerusalem

Ein bewaffneter Angreifer hat vor einer Polizeiwache im annektierten Ostteil Jerusalems zwei israelische Polizisten durch Schüsse verletzt. Einer der Beamten bei dem Vorfall in der Nähe der Jerusalemer Altstadt sei schwer verletzt worden, teilte die israelische Polizei mit. Der Angreifer sei „neutralisiert“ worden. „Nachdem er auf die Polizisten geschossen hatte, versuchte er zu fliehen und die Polizei versuchte, ihn festzunehmen, bevor sie ihn durch Schüsse neutralisierte“, erklärte die Polizei. In der Gegend waren zahlreiche Sicherheitskräfte im Einsatz.

Auch im Westjordanland kam es wieder zu tödlicher Gewalt. Alm Mittwoch wurden in dem Palästinensergebiet sechs Menschen getötet, vier bei einem Angriff radikaler Siedler und zwei durch Schüsse der israelischen Armee.

Auf israelischer Seite wird nach Angaben der Regierung von mehr als 1.200 Toten und rund 150 Geiseln gesprochen, darunter sind auch ausländische Staatsbürger. Beim Gegenangriff auf den Gazastreifen wurden nach palästinensischen Angaben bisher mehr als 1.350 Menschen getötet. Nach UN-Angaben haben mehr als 338.000 Menschen ihre Häuser verlassen.

19:34 Uhr – Sonderflüge nach Deutschland

Der erste Sonderflug mit 372 in Israel gestrandeten Deutschen landete bereits am späten Donnerstagnachmittag in Deutschland. Einige Minuten später landete auch der zweite Lufthansa-Sonderflug aus Israel in München. Im Laufe des Abends wird die Landung von zwei weiteren Sonderflügen aus Israel erwartet. „Der vierte von der Bundesregierung bei der Lufthansa beauftragte Sonderflug hat Tel Aviv verlassen“, schrieb das Auswärtige Amt im Onlinedienst X. Rund 950 Deutsche hätten somit am Donnerstag aus Israel ausreisen können. Am Freitag sollen erneut insgesamt vier Flugzeuge deutsche Staatsbürger aus Israel nach Hause bringen. Am Donnerstagnachmittag sollte außerdem eine Fähre bereitgestellt werden, um Deutsche nach Zypern zu bringen.

Laut Auswärtigem Amt halten sich in Israel mehr als 100.000 deutsche Staatsbürger auf, die meisten von ihnen haben die doppelte Staatsbürgerschaft. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte am Mittwoch, auf der Krisenliste der deutschen Botschaft in Israel hätten sich rund 5.000 Menschen eingetragen. Ob sie alle ausreisen wollen, ist ungewiss.

19:25 Uhr – NATO fordert zur Mäßigung auf

Die NATO-Staaten versicherten Israel ihrer Solidarität und forderten zugleich die israelische Armee zur Wahrung der „Verhältnismäßigkeit“ im Kampf gegen die Palästinenserorganisation auf. „Israel steht nicht alleine da“, erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag beim Treffen der Verteidigungsminister des Bündnisses in Brüssel. Der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant war per Video zugeschaltet. Gallant informierte die Minister über die „Gräueltaten der Hamas gegen israelische Zivilisten und Staatsangehörige mehrerer Nato-Länder“. Stoltenberg sagte anschließend vor Journalisten: „Wir haben ein schockierendes Video gesehen.“.

Israel habe „das Recht, sich selbst unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gegen diese ungerechtfertigten Terrorakte zu verteidigen“, teilten die NATO-Staaten mit. Sie riefen die Hamas dazu auf, „alle Geiseln unverzüglich freizulassen“ und forderten „den größtmöglichen Schutz für Zivilisten“. US-Präsident Joe Biden hatte gewarnt, Israel müsse sich „trotz aller Wut und allem Frust“ an internationales Recht halten.

19:00 Uhr – Hamas-Flugblätter vergleichen russische und chinesische Raketenwerfer

Auf X kursieren Bilder von Flugblättern, die von israelischen medizinischen Teams bei getöteten palästinensischen Terroristen gefunden wurden. Darauf erläutert werden die Unterschiede zwischen chinesischen 80mm-Raketenwerfern vom Typ 69 und russischen RPG-7. Für einige ist dies ein „unwiderlegbarer Beweis“, dass die Kommunistische Partei Chinas die Finger im Spiel hat.

18:56 Uhr – Vor Hamas-Angriff: Was wussten Israels Geheimdienste?

Stunden vor dem Großangriff der radikalislamischen Hamas bemerkten israelische Wachposten offenbar ungewöhnliche Aktivitäten an der Grenze, wie eine Lokalzeitung unter Berufung auf Militär- und Sicherheitsquellen berichtet. Die israelische Armee und der Geheimdienst wurden daraufhin informiert. Trotz nächtlicher Beratungen mit dem Generalstabschef und weiteren Generälen wurde das wahre Ausmaß der Bedrohung unterschätzt. Man hätte kleinere Angriffe erwartet, nicht jedoch ein Massaker dieses Ausmaßes, heißt es weiter. Ein „fataler Fehler“ kritisieren die Überlebenden.

Live-Ansicht der Skyline von Gaza am 12. Oktober

 

18:35 Uhr – Israelischer Oppositionsführer wirft Regierung „unverzeihliches Versagen“ vor

Israels Oppositionsführer Jair Lapid hat der Regierung Versagen im Zusammenhang mit dem Großangriff vorgeworfen. „Das Versagen vom Samstag ist unverzeihlich“, sagte Lapid am Donnerstag. Er erklärte, er werde der von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angekündigten Notstandsregierung mit dessen Rivalen Benny Gantz nicht beitreten. Er sei für eine „Regierung der nationalen Einheit“ und wolle sich nicht einer Regierung mit „Extremisten“ anschließen, sagte Lapid und verwies auf Itamar Ben-Gvir, den Minister für öffentliche Sicherheit von der rechtsextremen Partei Jüdische Kraft. Das Parlament tritt am Abend zusammen, um die Notstandsregierung zu bestätigen.

18:15 Uhr – Deutschland soll Israel politisch den Rücken freihalten

Auf mehreren Kanälen hatte Israel in den vergangenen Tagen deutlich gemacht, dass die Erwartung an Deutschland nun vor allem sei, Israel politisch den Rücken frei zu halten. Die Bundesregierung ist zu einem starken Signal über Worte hinaus bereit und will tätige Hilfe leisten. Mehrere Bundesregierungen haben in der Vergangenheit versichert, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson sei. Was dies genau bedeutet und ob dann die Bundeswehr im Fall der Fälle auch für Israel kämpfen müsste, blieb lange unbeantwortet und erschien manchem als akademische Frage.

In der Vergangenheit hat Israel seine Marine eingesetzt, um den Gazastreifen von der Seeseite aus abzuriegeln. Ziele im Gazastreifen werden dann gewissermaßen von drei Seiten – Land, Luft und See – beschossen. Die israelische Marine ist in den vergangenen Jahren mit Schiffen aus Deutschland ausgerüstet worden, darunter vier Korvetten der SA’AR-6-Klasse, die bei ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) bestellt worden waren. Das letzte der etwa 90 Meter langen und 13 Meter breiten Schiffe war 2021 in Haifa eingetroffen.

Israel erklärte, mit den Patrouillenschiffen vor allem Gas-Förderplattformen im Mittelmeer schützen zu wollen und stattet die Korvetten selbst mit Radar- und Waffensystemen aus. In der Vergangenheit hat Deutschland vor allem U-Boote nach Israel geliefert und die Exporte auch mit Steuergeldern gefördert. Inzwischen gibt es Großprojekte auch in die andere Richtung: Deutschland bezieht Drohnen und Luftverteidigungssysteme aus Israel.

17:54 Uhr – Israel: Wasser und Strom für Gazastreifen nur gegen Freilassung von Geiseln

Israel erklärt am Donnerstag, den Gazastreifen so lange von der Versorgung mit Lebensnotwendigem abzuriegeln, bis die in den Küstenstreifen verschleppten Menschen freigelassen werden. „Humanitäre Hilfe für Gaza? Es wird kein elektrischer Schalter umgelegt, kein Wasserhahn geöffnet und kein Treibstofftransporter einfahren, bevor die israelischen Entführten nach Hause zurückgekehrt sind“, erklärte der israelische Energieminister Israel Katz.

Die Hamas hatte gedroht, Geiseln zu töten, wenn Israel im Gazastreifen zivile Ziele ohne vorherige Warnung bombardieren werde. Das Rote Kreuz bot sich am Donnerstag als Vermittler in der Sache der Geiseln an und teilte mit, es stehe in Kontakt mit der Palästinenserorganisation und den israelischen Behörden.

17:21 Uhr – Abbas fordert „unverzügliches Ende der Aggression“ gegen die Palästinenser

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat ein „unverzügliches Ende der umfassenden Aggression gegen das palästinensische Volk“ gefordert. Abbas habe „Praktiken im Zusammenhang mit der Tötung oder Misshandlung von Zivilisten auf beiden Seiten“ zurückgewiesen, erklärte die palästinensische Präsidentschaft am Donnerstag nach einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Amman. Am Freitag reist auch US-Außenminister Antony Blinken nach Amman, um Abbas und den jordanischen König zu treffen.

16:20 Uhr – Baerbock reist am Freitag zu nach Israel

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) reist am Freitag nach Israel. „Im Rahmen ihrer aktuellen Krisendiplomatie“ werde die Ministerin zu einem „Solidaritätsbesuch“ in Israel sein, teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Donnerstag in Berlin mit.

15:25 Uhr – Zwei syrische Flughäfen nach israelischen Luftangriffen außer Betrieb

Israel hat syrischen Staatsmedien zufolge die Flughäfen der Städte Damaskus und Aleppo angegriffen. Bei den „zeitgleichen“ Luftangriffen seien die Rollfelder der beiden wichtigsten Airports des Landes beschädigt worden, berichtete das Staatsfernsehen am Donnerstag unter Berufung auf eine Militärquelle. Beide Flughäfen seien außer Betrieb. Israels Botschafter Ron Prosor sagte dem Sender Welt-TV, Ziel des Angriffs auf den Flughafen Damaskus seien „Waffenlieferungen aus Iran mit Raketen und Drohnen“.

Es waren die ersten israelischen Luftangriffe auf Syrien seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas. Dies sei ein „verzweifelter Versuch“ Israels, die Aufmerksamkeit vom Konflikt mit der Hamas in Gaza „abzulenken“, zitierte das syrische Staatsfernsehen die Militärquelle.

Ron Prosor, Israels Botschafter in Deutschland, bestätigte den Angriff auf den Flughafen von Damaskus. „Wir haben das auch in der Vergangenheit gemacht, ein paar Mal in der Woche“, sagte er „Welt-TV“. Er verwies darauf, „wie intensiv“ die Waffenlieferungen aus dem Iran an „Syrien und Libanon“ seien. „Darum haben wir so viele Waffen und Raketen in der Gegend“, sagte Prosor.

13:47 Uhr – Syrien: Israel greift Flughäfen von Damaskus und Aleppo an

Israel hat syrischen Staatsmedien zufolge die Flughäfen der Städte Damaskus und Aleppo angegriffen. Das syrische Staatsfernsehen berichtete am Donnerstag, eine „israelische Aggression“ richte sich gegen die beiden wichtigsten Flughäfen des Landes. Die Angriffe erfolgen vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas.

Israel hat seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 zahlreiche Luftangriffe auf Ziele im Nachbarland Syrien geflogen. Dabei nahm die Armee in erster Linie Kämpfer der Hisbollah-Miliz und anderer pro-iranischer Gruppen ins Visier – sowie Stellungen der syrischen Armee.

Die israelische Regierung bestätigt nur selten einzelne dieser Einsätze, hat aber wiederholt erklärt, dass sie eine Ausweitung des iranischen Einflusses in Syrien nicht dulden werde. Dem Iran wird von Israel und westlichen Staaten vorgeworfen, die im Gazastreifen herrschende Hamas bei ihrem Großangriff auf Israel zu unterstützen.

12:27 Uhr – US-Regierung in Gesprächen über Ausreise von Zivilisten aus Gaza

Die US-Regierung führt mit Israel und Ägypten Gespräche über die Öffnung eines Grenzübergangs für Zivilisten zur Ausreise aus dem Gazastreifen.

Der ägyptische Außenminister, Samih Shoukry, bestätigte heute während einer Pressekonferenz mit dem litauischen Außenminister, dass der Rafah-Übergang für humanitäre Hilfe für die Bewohner des Gazastreifens geöffnet bleiben wird. Rafah ist der einzige Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten. Alle anderen Passierstellen gehen nach Israel.

11:40 Uhr – Raketenalarm in Sderot, Südisrael

Der Bürgermeister der südisraelischen Stadt Sderot warnt im staatlichen Radio vor akuten Sicherheitsproblemen infolge massiven Raketenbeschusses aus Gaza. Vier Personen starben, mehrere wurden schwer verletzt. Eine Evakuierung der Bevölkerung wird weiterfortgesetzt.

10:39 Uhr – Israel: Keine Versorgung für Gaza ohne Geiselfreilassung

Israels Energieminister Israel Katz hat für eine Versorgung des von der Hamas kontrollierten Gazastreifens mit Wasser, Strom und humanitärer Hilfe die Freilassung der Geiseln zur Bedingung gemacht. „Humanitäre Hilfe für Gaza? Kein elektrischer Schalter wird angeschaltet, kein Wasserhahn aufgedreht, kein Tanklastwagen wird hineinfahren, bis die entführten Israelis wieder zuhause sind“, erklärte Katz am Donnerstag.

10:05 Uhr – Israels Armee: Kein Flächenbombardement im Gazastreifen

Angesichts von Bildern weitreichender Zerstörungen im Gazastreifen hat ein israelischer Militärsprecher am Donnerstag betont, es gebe „kein Flächenbombardement“ in dem Palästinensergebiet. „Wir greifen kein Ziel an, das nicht auf Geheimdienstinformationen basiert“, sagte Sprecher Richard Hecht.

Die Angriffe seien zwar „größer als alles, was wir bisher gesehen haben“, sagte er. Die Armee bekomme aber jeweils konkrete Informationen darüber, wo militante Palästinenser sich versteckten. „Wenn eine beteiligte Person sich versteckt, werden wir (die Zivilbevölkerung) vor dem Angriff warnen“, sagte er. „Menschen, die gehen wollen, gehen dann.“

Die Angriffe konzentrierten sich darauf, die Infrastruktur der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas zu zerstören. Für die Zivilbevölkerung wird die Lage immer prekärer. Laut UN-Angaben sind rund 339.000 Menschen innerhalb des schmalen Küstenstreifens aus ihren Wohngebieten geflohen.

9:20 Uhr – Drohung von Katar zu Gaslieferungen in den Westen

Katar hat gedroht, die Gaslieferungen in den Westen einzustellen, wenn die Bombardierung des Gazastreifens nicht aufhört. Katar ist einer der wichtigsten Unterstützer der islamistischen Hamas. Es fordert die Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates mit Ostjerusalem als Hauptstadt.

9:15 Uhr: Livestream zur Erklärung von Olaf Scholz

Hier der Link zur Regierungserklärung von Kanzler Scholz im Bundestag zu Israel.

8:25 Uhr – Israel fragt Berlin wegen Munition für Kriegsschiffe 

Israel hat Deutschland um Munition für Kriegsschiffe gebeten. Das sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Rande eines Nato-Treffens in Brüssel. Zudem sollen nach Informationen von dpa unter anderem auch Blutkonserven und Schutzwesten angefragt worden seien.

Zuvor hatte das Bundesverteidigungsministerium bestätigt, dass Deutschland Israel mit bis zu zwei von der Bundeswehr geleasten Kampfdrohnen vom Typ Heron TP unterstützen wird. Die Bundeswehr least derzeit fünf Drohnen dieses Typs. In Israel werden an ihnen deutsche Soldaten ausgebildet.

8:05 Uhr – Notstandsregierung gegen „Feind schlimmer als den IS“

Israels Ministerpräsident Netanjahu und Oppositionspolitiker Benny Gantz verabredeten eine Notstandsregierung. Die gemeinsame Führung sei nötig, um einen „Feind schlimmer als den IS“ zu bekämpfen, sagte Netanjahu am Mittwochabend unter Verweis auf die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). „Wir kämpfen mit voller Kraft, an allen Fronten, wir sind zum Angriff übergegangen. Jedes Mitglied der Hamas ist ein toter Mann“, fügte Netanjahu hinzu, wie die israelische Internet-Zeitung „The Times of Israel“ berichtete.

Eine Notstandsregierung gilt als politische Voraussetzung, um weitreichende militärische und politische Entscheidungen, wie eine Bodenoffensive zu treffen.

7:30 Uhr – Biden: Israel muss nach den „Regeln des Krieges“ handeln

US-Präsident Joe Biden hat Israel aufgefordert, nach den „Regeln des Krieges“ zu handeln. Biden kennt den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu seit über 40 Jahren und spricht von einer „sehr offenen Beziehung“ zu ihm. Er solle die Zahl der zivilen Opfer in Gaza so gering wie möglich halten und nach dem Völkerrecht handeln. In einer Rede vor führenden Vertretern jüdischer Gemeinden richtete er auch eine Warnung an den Iran. Seine Regierung werde alles tun, um die von der Hamas verschleppten US-Amerikaner in Sicherheit zu bringen. Über die Details sprach er nicht.

7:05 Uhr – US-Außenminister Antony Blinken wird in Israel erwartet

Am Donnerstag wird US-Außenminister Antony Blinken in Israel erwartet. Er will bei seinem Solidaritätsbesuch ranghohe Regierungsvertreter treffen und über weitere US-Militärhilfen sprechen.

„Wir bereiten uns auf die nächsten Schritte vor. Wir haben eine große Anzahl von Zielen getroffen“, sagte der israelische Armeesprecher Jonathan Cornicus am Donnerstagmorgen. In den vergangenen 24 Stunden seien „weniger Raketen“ nach Israel abgefeuert worden, das sei „ein gutes Zeichen“. Die israelischen Angriffe trafen nach Angaben der Hamas Dutzende Gebäude, Fabriken, Moscheen und Geschäfte.

Nach Angaben der UNO sind durch die Vergeltungsangriffe Israels im Gazastreifen mehr als 338.00 Menschen aus ihren Häusern vertrieben worden. Das palästinensische Gesundheitsministerium gab die Zahl der Toten – bezeichnet als „Märtyrer“ – im Gazastreifen mit 1.200 an. Die Zahl kann nicht unabhängig überprüft werden.

6:44 Uhr – Regierungserklärung im Bundestag um 9 Uhr

Scholz wird am Morgen eine Regierungserklärung im Bundestag abgeben. Die drei Ampel-Fraktionen von SPD, Grünen und FDP wollen nach der zweistündigen Debatte gemeinsam mit der CDU/CSU einen Entschließungsantrag zur Abstimmung stellen, in dem die „barbarischen Gewaltakte“ aufs Schärfste verurteilt werden. Deutschland müsse „auf der Grundlage des Völkerrechts Israel alles Notwendige und Erwünschte zur Verfügung stellen, was es für die Verteidigung braucht“, heißt es darin.

Scholz hatte Israel bereits kurz nach der blutigen Attacke der Hamas mit vielen hundert Todesopfern die unverbrüchliche Solidarität Deutschlands zugesichert. „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Das gilt gerade auch in schweren Stunden wie diesen. Und entsprechend werden wir handeln.“

6:32 Uhr – Bundeskanzler Olaf Scholz empfängt heute den Emir von Katar

Scholz kündigte Beratungen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an und trifft bereits heute in Berlin Tamim bin Hamad Al Thani, den Emir von Katar.

Aus der Unionsfraktion kam Kritik an dem Treffen. „Wir können nicht morgens den Terror der Hamas verurteilen und dann mit dem Hauptsponsor des Terrors zu Mittag essen“, sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann der Zeitung „Welt“.

Vizekanzler Robert Habeck sagte am Mittwoch, es sei richtig, „dass auch meinen Informationen nach Katar ein Finanzier der Hamas ist“. Der Grünen-Politiker verwies aber auch darauf, dass Katar Kontakte habe, über die Deutschland oder Israel nicht verfügten. „Und deswegen finde ich es richtig, dass der Bundeskanzler mit dem Emir redet. Und so wie ich den Bundeskanzler kenne – und wir haben uns darüber ausgetauscht – weiß ich auch, dass er Klartext mit ihm reden wird.“

Nach dem Terror-Angriff der Hamas hatte Katar allein Israel für die Eskalation der Gewalt verantwortlich gemacht und auf die „ständigen Verletzungen der Rechte des palästinensischen Volkes“ verwiesen. Nach Angaben der Hamas versucht Katar aber zu vermitteln, um einen Austausch israelischer Geiseln und palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen zu erreichen.

Der Angriff der Hamas wird in der arabischen Welt unterschiedlich bewertet. Während Katar, Kuwait und Oman allein Israel die Schuld an der Eskalation geben, fanden die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain gemäßigtere Worte – sie haben ihre Beziehungen zu Israel normalisiert. Saudi-Arabien forderte ein sofortiges Ende der Eskalation. Gleichzeitig warnte die Regionalmacht vor einer „Entziehung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes“.

6:00 Uhr – Brasilien setzt weitere Sitzung des UN-Sicherheitsrats an

Für Freitag hat Brasilien eine weitere Sitzung des UN-Sicherheitsrats zum Krieg zwischen der Hamas und Israel angesetzt. Der brasilianische Außenminister Mauro Vieira unterbrach eine Asienreise, um bei dem Treffen „die Situation im Gazastreifen anzusprechen“. Brasilien hat derzeit den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat inne. Bei dem ersten Treffen am Sonntag verurteilten zahlreiche Mitglieder des UN-Sicherheitsrats den massiven Angriff der Hamas auf Israel, die Reaktion erfolgte nicht einstimmig.

5:45 Uhr – Bundeswehr-Drohnen für Israel zugesagt

Das Verteidigungsministerium sagte Israel am Mittwochabend zu, zwei Aufklärungsdrohnen des israelischen Typs Heron TP aus den Beständen der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen. Es reagierte damit auf eine entsprechende Anfrage Israels.

5:00 Uhr – Was geschah in der Nacht?

Es gibt Anzeichen, dass Israels Armee in dem dicht besiedelten Gebiet eine Bodenoffensive starten wird. 300.000 Soldaten sind mobilisiert.

Die US-Regierung führt mit Israel und Ägypten Gespräche über die Öffnung eines Grenzübergangs für Zivilisten zur Ausreise aus dem Gazastreifen. US-Außenminister Antony Blinken reist nach Israel, wo er heute Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Präsident Izchak Herzog treffen will.

UN-Generalsekretär António Guterres fordert schnelle Hilfe für die Menschen im Gazastreifen. „Wir brauchen jetzt schnellen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe“, sagte Guterres am Mittwoch in New York. Die Hamas forderte er zur Freilassung aller Geiseln auf.

Ägypten sichert Öffnung seiner Grenze nach Gaza zu

Ägypten sicherte den Vereinten Nationen die Öffnung seiner Grenze nach Gaza für humanitäre Hilfslieferungen zu. Auch der nahe dem Übergang Rafah gelegene Flughafen in Al-Arisch auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel könnte genutzt werden, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Rafah ist der einzige Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten.

(Mit Material der Agenturen)



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