Konservatives Nordeuropa: Finnland wechselt die Regierung

Petteri Orpo hat sein Amt in dieser Woche angetreten. Ein extremer Sparkurs gab den Ausschlag für die Koalition mit den rechtskonservativen „Finnen“.
Der frühere Finanzminister Petteri Orpo ist Finnlands neuer Ministerpräsident.
Der frühere Finanzminister Petteri Orpo ist Finnlands neuer Ministerpräsident.Foto: Jussi Nukari/Lehtikuva/dpa
Von 22. Juni 2023

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Nach dem Ende der sozialdemokratischen Ära in Finnland wird nach Schweden und Dänemark auch Finnlands Regierung deutlich konservativer. Petteri Orpo, Chef der Sammlungspartei, hatte bei den Parlamentswahlen im April gesiegt und die Sozialdemokratin Sanna Marin abgelöst. Seit Dienstag, 20. Juni, ist er im Amt. Mit der Partei seiner Amtsvorgängerin hätte der 53-Jährige ein Bündnis eingehen können, entschied sich aber für eine Koalition mit den rechtskonservativen „Finnen“, berichtet die „Welt“.

Sozialdemokraten drücken nun Oppositionsbank

„Wenn es schon keine Liebesehe wird, dann vielleicht eine Vernunftehe“, kommentierte Orpo die Kritik am neuen Bündnis. So werden die „Finnen“ künftig wichtige Ministerposten im Land besetzen und maßgeblich Einfluss auf die Politik der Mitte-Rechts-Koalition haben, zu der auch die Christdemokraten und die Schwedische Volkspartei gehören. Die Sozialdemokraten von Europas ehemaligem linkspolitischem Shootingstar Sanna Marin sitzen nun trotz gutem Wahlergebnis auf der Oppositionsbank.

Nur wenige Monate zuvor hatte sich ein ähnlicher Paradigmenwechsel in Schweden vollzogen. Beim geografischen Nachbarn beendete der Wahlsieg der rechten Schwedendemokraten das Ende der sozialdemokratisch geführten Minderheitsregierung. In Dänemark regiert seit 2019 zwar eine Schwesterpartei der SPD, doch deren Erfolg begründet sich vor allem mit einer rigorosen Migrationspolitik – und besetzt damit ein traditionell von Rechts beanspruchtes Thema. So hat sich das Vertrauen der Bürger in Nordeuropa deutlich hin zu Konservativen und Rechten verschoben. Die Gründe dafür sind laut „Welt“ unterschiedlich.

Kein Rotstift bei Bildung und Verteidigung

Neben der nationalen Sicherheit waren die Staatsausgaben das zentrale Thema während des finnischen Wahlkampfs. Als Marin 2019 ihr Amt antrat, lag die Schuldenquote noch bei rund 64 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Folgen aus Pandemie und des Ukraine-Kriegs ließen sie auf 73 Prozent ansteigen. Orpos Sammlungspartei und die „Finnen“ sahen die Verantwortung dafür bei den Sozialdemokraten. Die Wähler folgten ihnen und sorgten für einen Regierungswechsel.

Dass die „Finnen“ ebenso wie Orpos Partei für einen extremen Sparkurs stehen, dürfte bei der Entscheidung zum Koalitionspartner ausschlaggebend gewesen sein. Die neue finnische Regierung will den Rotstift in vielen Bereichen ansetzen. Ausgenommen sind lediglich Bildung und Verteidigung. Außerdem kündigt sich im Koalitionsvertrag auch ein deutlich schärferer Migrationskurs an, der die Handschrift der „Finnen“ trägt. Und das, obwohl die Zahl der Asylsuchenden in Finnland deutlich geringer ist als in Schweden und Dänemark.

Debatte über Migration in Schweden

Die rechten Schwedendemokraten haben beim finnischen Nachbarn seit der Wahl im September 2022 großen Einfluss auf die Regierungspolitik. Zwar ist die Partei von Jimmie Åkesson nicht Teil der neuen Mitte-Rechts-Regierung, doch änderte das nichts daran, dass die Rechtsnationalen als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgingen. Nur mit ihrer Unterstützung konnte die konservative Partei des neuen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson die zuvor sozialdemokratisch geführte Minderheitsregierung ablösen.

In Schweden ist der Erfolg der Rechten maßgeblich mit der Debatte über Migration und Integration verbunden. Im Zuge der Migrationskrise 2015 hatte Schweden pro Kopf mehr Menschen aufgenommen als alle anderen europäischen Länder. Die sozialdemokratische Regierung zog zwar damals die Notbremse und verschärfte das Asylrecht. Die Schwedendemokraten forderten allerdings einen noch deutlich härteren Kurs. Wie die Regierung beim Nachbarn Dänemark wollen sie eine „Null-Prozent Migration“. Außerdem fordern sie, die kürzlich verlängerten Haftstrafen für Kriminelle weiter zu verschärfen und straffällig gewordene Migranten sofort abzuschieben.

Dänische Sozialdemokraten rücken nach rechts

Dass eine sozialdemokratische Regierung Dänemark führt, widerspricht dem konservativen Kurs in Nordeuropa nur auf den ersten Blick. Denn Mette Frederiksen rückte ihre Partei, die Socialdemokraterne, mit einem radikalen Kurs bei Integration und Migration nach rechts. Gleichzeitig verschob sie den Schwerpunkt in der Sozialpolitik nach links.

Mit dieser Linie konnte sie sich bei der Wahl 2019 als stärkste Kraft durchsetzen und der rechtsnationalen Dänischen Volkspartei entscheidende Stimmen abjagen. Seit der Wahl im vergangenen November ist Frederiksens Regierung auch nicht mehr auf die Stimmen aus dem rechten Lager angewiesen, wie es in der Vergangenheit oft der Fall war. Die härtere Ausländerpolitik ist inzwischen ohnehin politischer Mainstream. Frederiksen erntet zwar oft dafür Kritik, dass sie rechte Positionen übernommen hat, bei den Wählern kam das allerdings an.

„Finnen“-Vorsitzende beliebteste Kandidatin seit 75 Jahren

In Finnland, wo nun ebenfalls die Weichen für einen konservativen Kurs gestellt sind, zeigt sich die neue Strahlkraft der Rechten auch im Sympathiewert der „Finnen“-Vorsitzenden Riikka Purra. Die 46-Jährige erhielt allein 42.589 Stimmen. Damit überholte sie nicht nur die populäre Ministerpräsidentin Sanna Marin, sie ist nun auch die beliebteste Kandidatin des Landes seit 75 Jahren.

Und eines hat sich trotz Regierungswechsel nicht geändert: die Nähe zum World Economic Forum (WEF). Wie seine Vorgängerin Sanna Marin ist Petteri Orpo eng mit der vom Deutschen Klaus Schwab gegründeten Organisation verbunden. Dasselbe gilt übrigens auch für den Schweden Ulf Kristersson und die Dänin Mette Frederiksen.

 

 



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