Virtuelles Weltwirtschaftsforum: Vorträge von Macron, Merkel, Putin – Debatte mit Bill Gates
Das traditionell Ende Januar im Schweizer Skiort Davos stattfindende Weltwirtschaftsforum (WEF) findet in diesem Jahr rein virtuell statt.
Von Montag (25. Januar) bis Freitag soll es bei dem Austausch, bei dem sich sonst üblicherweise hunderte Vertreter der globalen Politik- und Wirtschaftselite treffen, wichtige Debatten über die wirtschaftliche und gesellschaftliche Erholung nach der Corona-Pandemie geben. Beraten wurde über Ziele und Wege zur wirtschaftlichen Transformation sowie dem Aufbau krisenresistenter Gesundheitssysteme in einer Post-COVID-Welt.
Ziel ist, einen neuen Gesellschaftsvertrag voranzutreiben. Begonnen wurde mit Themen der globalen Unsicherheiten und der Wiederherstellung des Wirtschaftswachstums nach Corona. Am Montag hielt der chinesische Staatschef eine Sonderansprache.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nahmen am 26. Januar teil. Am 27. Januar sprach der russische Staatschef Putin.
Die USA lassen sich von ihrem Klima-Beauftragten John Kerry vertreten. Für China hielt Parteichef Xi Jinping am Montag eine Rede, für Südkorea spricht ebenfalls der Präsident, für Indien und Japan die Regierungschefs. Im Mai soll das Forum in Singapur nachgeholt werden.
Weitere Informationen und die angebotenen Debatten täglich zwischen 8:00 und 20:00 Uhr: The Davos Agenda Liveblog.
Aktuelle Livestreams: YouTube.com
Weitere Livestreams
CO2-Märkte mit Bill Gates, Mark Carney, Annette Nazareth und Bill Winters
Sonderansprache von Wladimir Putin, Staatschef der Russischen Föderation
Finanzierung des „Net-Zero“-Übergangs: Die Umstellung von Industrien und Volkswirtschaften auf null Kohlenstoffemissionen wäre komplex und kapitalintensiv. Unternehmen müssten mit dem Finanz- und dem öffentlichen Sektor zusammenarbeiten, um die Dekarbonisierung zu beschleunigen. Welche innovativen Finanzierungslösungen werden benötigt, um den Fortschritt in diese Richtung zu beschleunigen?
Rede von Emmanuel Macron
Kanzlerin Merkel sprach am 26.2.: Pandemie wird Gesellschaft noch lange prägen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht davon aus, dass die Folgen der Corona-Pandemie noch sehr lange spürbar sein werden. Die Pandemie zeige „tiefe Spuren in unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft“, sagte sie in ihrer Rede. „Wir haben ein großes Interesse, dass wirtschaftliche Entwicklung wieder überall auf der Welt einsetzt.“ Allerdings warnte sie dabei vor Ungeduld: „Die Pandemie wird auch unser Leben in nächsten Monaten und Jahren prägen“, äußerte sie sich vorsichtig.
100 Millionen Menschen hätten sich bereits mit dem Virus angesteckt, mehr als zwei Millionen seien gestorben. Zudem gebe es sicher eine „sehr große Dunkelziffer“. An vielen Stellen verzeichne man Wirtschaftseinbrüche, so Merkel. Deshalb müsse man jetzt über die Zeit nach der Pandemie und die Wege aus der Pandemie diskutieren.
„Dabei gilt natürlich: Alles, was die Pandemie eindämmt, ist gut“, sagte die Kanzlerin. Das gelte sowohl für die Gesundheit der Menschen als auch für die wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung.
Die CDU-Politikerin äußerte sich aber auch selbstkritisch. In Deutschland sei nicht alles gut gelaufen. „Die Schnelligkeit unseres Handelns lässt sehr zu wünschen übrig. Prozesse sind oft sehr bürokratisch geworden, dauern lange.“ Da habe man „nachzuarbeiten“, so Merkel.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat dazu aufgerufen, aus der Corona-Pandemie national wie international die richtigen Lehren zu ziehen. In der Krise habe sich „unsere Verwundbarkeit“ und „nicht vorhandene Widerstandsfähigkeit“ in Wirtschaft und Gesellschaft gezeigt, diese Schwachstellen „wollen wir beheben“, sagte Merkel. Notwendig seien dafür weniger neue Zielsetzungen als mehr „Entschlossenheit unseres Handelns“.
Konkret nannte Merkel für Deutschland als Schwachstellen Defizite bei der Digitalisierung im Bereich der Verwaltung oder auch der Schulen sowie die mangelnde Vernetzung von Gesundheitsämtern. Als Stärken in der Zeit der Pandemie hätten sich dagegen insbesondere der Gemeinsinn der Bürger als „unser stärkster Schatz“ sowie die soliden Staatsfinanzen erwiesen.
„Die Jahrhundertkatastrophe“ der Pandemie habe auch offengelegt, „wie wir eingebettet sind in die Natur“. Bestehende Ansätze für mehr Klimaschutz und Biodiversität hätten sich vor diesem Hintergrund als richtig erwiesen, doch „wir müssen stärker dafür arbeiten, als wir das bisher getan haben“, betonte die Kanzlerin. Ausdrücklich nannte Merkel die Verschärfung des EU-Ziels für die Minderung des Treibhausgasausstoßes auf minus 55 Prozent bis 2030. Dies müsse jetzt umgesetzt werden, auch wenn das Ausformulieren des Green Deal „harte Monate“ bedeuten werde.
Merkel nannte aber auch Schwachstellen in der Wirtschaft, die zu sehr maximale Effektivität in den Vordergrund gestellt habe. „Lieferketten müssen besser abgesichert werden“, warnte sie vor zu viel „just-in-time“ und dem Verzicht auf jegliche Lagerhaltung. „An vielen Stellen gibt es keine Puffer mehr“, kritisierte die Kanzlerin. Künftig müssten Lieferketten so stabil gemacht werden, dass sie „auch in Zeiten des großen Stresses halten“ und nicht nur wenn „alles zu hundert Prozent funktioniert“.
Allerdings dürfe es dabei auch kein „Zurückfallen in nationalen Protektionismus“ geben. Vielmehr sei für sie jetzt „noch klarer, dass wir einen multilateralen Ansatz wählen müssen“, betonte Merkel. Gerade die Pandemie sei auch „die Stunde des Multilateralismus“. Dies müsse jedoch auch eine regelbasierte Zusammenarbeit sein.
Merkel begrüßte in diesem Zusammenhang die erreichten Fortschritte bei dem Investitionsschutzabkommen mit China: „Ich bin sehr zufrieden, dass uns dieser Schritt gelungen ist.“ Allerdings seien hier auch die Einhaltung internationaler Arbeitsnormen und „ein berechenbarer Zugang zu Hochtechnologie-Bereichen wichtig. Sie sei froh, dass dies auch verankert worden sei.
Künftig sei es wichtig, auch „in großer Geschwindigkeit multilaterale Antworten auf die Herausforderungen der Digitalisierung finden, sagte Merkel weiter. Sie pochte in diesem Zusammenhang auf eine Kooperation mit der neuen US-Regierung hinsichtlich einer Mindestbesteuerung von Digitalkonzernen.
Weitere Livestreams
Die Rede von Ursula von der Leyen:
Kollaterale Gesundheitsschäden: Da 90 Prozent der Länder seit der COVID-19-Pandemie eine Unterbrechung der Grundversorgung melden, sind die Fortschritte bei der Senkung der Müttersterblichkeit, der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, der Verhinderung von Todesfällen durch nicht übertragbare Krankheiten und der Vereitelung von Drogenmissbrauch zurückgegangen. Welche Strategien, Praktiken und Partnerschaften sind notwendig, um ein Wiederauftreten von früher beherrschten Gesundheitszuständen zu verhindern?
Sonderansprache von António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen
Ziele und Wege zur wirtschaftlichen Transformation
Aufbau krisenresistenter Gesundheitssysteme in einer Post-COVID-Welt
Geschlechterparität in den Mittelpunkt des Aufschwungs stellen
Einen neuen Gesellschaftsvertrag vorantreiben
(afp/sza)
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