Gegen die eigene Basis? 34 Prozent der FPÖ-Wähler für Strache-Comeback

Mit dem Ausschluss der gewählten Nationalratsabgeordneten Philippa Strache aus der Partei und dem Löschen der Facebook-Seite des Ex-Parteichefs versucht die FPÖ-Führung, den Schatten der „Ibiza-Affäre“ abzuschütteln. An der Basis sorgt dies für Unmut.
Titelbild
Heinz-Christian Strache bei einem Statement am 1. Oktober 2019 in Wien.Foto: JOE KLAMAR/AFP/Getty Images
Von 28. Oktober 2019

Einer von der Zeitung „Der Standard“ in Auftrag gegebenen Umfrage des Market-Instituts zufolge wünschen 80 Prozent der Österreicher derzeit kein politisches Comeback des früheren FPÖ-Bundesparteichefs und Vizekanzlers Heinz-Christian Strache. Elf Prozent würden ein solches demgegenüber begrüßen. Unter Anhängern der FPÖ beträgt dieser Wert jedoch 34 Prozent – was die Partei angesichts ihres derzeitigen Gebarens vor gravierende Probleme stellen könnte.

Unmittelbar nach der Nationalratswahl von vor etwas mehr als einem Monat (27.9.) hat die Führung der FPÖ unter Norbert Hofer systematisch damit begonnen, alle Brücken zu ihrem langjährigen Bundesparteichef abzubrechen.

So wurde die Parteimitgliedschaft des früheren Vizekanzlers, der im Mai nach der Veröffentlichung illegal angefertigter, kompromittierender Video- und Tonaufnahmen aus seinem Ibiza-Urlaub 2017 zurückgetreten war, unter dem Eindruck zusätzlicher gegen ihn erhobener Spesenvorwürfe suspendiert.

FPÖ verliert in erster Umfrage nach der Nationalratswahl weiter

Zudem weigerte sich die Partei, Strache seine Facebook-Fanseite mit etwa 800 000 Followern zurückzugeben, die während des Nationalratswahlkampfs einvernehmlich von Administratoren aus der FPÖ-Führung übernommen wurde. Die FPÖ verweigerte zudem der über die Wiener Regionalwahlliste in den Nationalrat gewählten Ehefrau des Ex-Parteichefs, Philippa Strache, die Aufnahme in den Parlamentsklub und schloss sie aus der Partei aus. Mehrere Landesvorsitzende wollen nun auch gegen HC Strache selbst diesen Schritt gehen und ihn vollständig aus der Partei entfernen.

Der Wähler dankt der Partei ihre Anstrengungen, sich von den Straches abzusetzen, bislang nur bedingt.

Bei den Landtagswahlen in Vorarlberg zwei Wochen nach den Nationalratswahlen verlor die FPÖ unter dem besonders Strache-kritischen Landeschef Christoph Bitschi fast zehn Prozent und fiel auf Platz drei zurück. Die erste bundesweite Umfrage von Research Affairs für oe24, die am 17.10. präsentiert wurde, sieht die FPÖ bundesweit nur noch bei 15 Prozent, Tendenz weiter fallend. Die Grünen haben zu den Freiheitlichen demnach aufgeschlossen.

Demgegenüber macht sich an der Basis der Partei immer mehr Unmut über den Umgang der eigenen Führung mit dem langjährigen Parteichef bemerkbar, der 2005 die knapp vor dem politischen Aus stehende Partei übernommen hatte und seither in jedem überregionalen Wahlkampf als Publikumsmagnet präsent war. Die Rede ist von Undankbarkeit und einer „Hexenjagd“, die von Funktionären betrieben würde, die ohne Straches Verdienste ihre Einkünfte in der Privatwirtschaft erzielen müssten.

Umfrage bestätigt Ergebnisse vorheriger „Unique Research“-Erhebung

Der Mitte Oktober für den „Standard“ durchgeführten Market-Umfrage zufolge stimmen sieben Prozent der befragten Österreicher insgesamt, aber ein Viertel der FPÖ-Wähler der Auffassung zu, dass die Verdienste von Heinz-Christian Strache höher zu bewerten seien als die ihm vorgeworfenen Verfehlungen – und deshalb auch ein milderer Umgang vonseiten der Partei mit ihm geboten sei.

Bereits Anfang Oktober hatte eine „Unique Research“-Umfrage für die Zeitung „Heute“ ein ähnliches Bild ergeben. Während eine deutliche Mehrheit der Österreicher insgesamt derzeit kein Strache-Comeback wünscht, nimmt ein beachtlicher Teil der FPÖ-Anhängerschaft Anstoß am Umgang der Partei mit dem Ex-Vizekanzler und dessen Ehefrau. Die Umfrage sprach einem möglichen eigenen Parteiprojekt Straches ein Wählerpotenzial von derzeit bis zu 16 Prozent zu.

Auch Market-Institutschef David Pfarrhofer erklärt gegenüber dem „Standard“, die Beurteilung der Causa Strache vonseiten der FPÖ-Anhänger sei „relevant für Überlegungen, ob Strache auf eigene Faust ein Comeback versuchen sollte“. Viele FPÖ-Wähler seien mit dem Verhalten der Partei gegenüber dem Ehepaar Strache nicht zufrieden – „und in diesem Wählerreservoir könnte Strache zu fischen versuchen“.

Wer in Sorge um Österreich ist, wünscht sich Strache zurück

Eine überdurchschnittliche Zustimmung zu einem möglichen Strache-Comeback finde sich neben FPÖ-Anhängern insgesamt vor allem im Bereich der Jungwähler (16 Prozent), der Gruppe der 30- bis 49-Jährigen (14 Prozent), der Gegner einer schwarz-grünen Koalition (26 Prozent) und jener Menschen, die pessimistisch in die Zukunft blicken und der Auffassung sind, Österreich bewege sich in eine falsche politische Richtung. Von diesen wünschen sich 17 Prozent Strache zurück in die Politik. Unter den dezidierten Strache-Anhängern ist mehr als die Hälfte der Meinung, Österreich steuere einer beunruhigenden Zukunft entgegen.

Dass eine immer noch deutliche Mehrheit der Österreicher derzeit gegen eine Rückkehr Straches in die Politik ist, hängt augenscheinlich auch damit zusammen, dass gegen diesen noch strafrechtliche Ermittlungen laufen. Nach Äußerungen über angebliche Parteispenden am Rechnungshof vorbei, die Strache im „Ibiza-Video“ getätigt hatte, und den neueren Vorwürfen unsauberer Spesenabrechnungen geht die Staatsanwaltschaft immer noch dem Verdacht der Untreue gegen Strache nach.

Dieser hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Sollten die Ermittlungen ergebnislos verlaufen, ist nicht auszuschließen, dass sich die Zahl derjenigen, die den früheren FPÖ-Chef wieder in der politischen Arena sehen möchten, noch deutlich erhöht.



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