Gazakrise: UN-Gericht weist Nicaraguas Forderungen an Deutschland ab
Deutschland kann nach Maßgabe der internationalen Justiz weiterhin Waffen an Israel liefern: Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag wies am Dienstag Sofortmaßnahmen im Verfahren zu dem von Nicaragua gegen Deutschland erhobenen Vorwurf der Begünstigung eines „Völkermords“ im Gazastreifen ab. „Das Gericht stellt fest, dass die Umstände nicht so sind, dass sie die Ausübung seiner Befugnis erfordern, einstweilige Maßnahmen anzuordnen“, verkündete der Vorsitzende Richter Nawaf Salam in Den Haag.
Nicaragua hatte beantragt, dass der IGH noch vor Ende des womöglich mehrere Jahre dauernden Verfahrens fünf Sofortmaßnahmen durchsetzt, darunter auch die Einstellung deutscher Waffenlieferungen an Israel. Nicaragua wirft der Bundesrepublik in dem Prozess vor, unter anderem durch Waffenlieferungen an Israel, „Beihilfe zum Völkermord“ an den Palästinensern zu leisten.
Das Auswärtige Amt in Berlin begrüßte den Beschluss des Gerichtshofs. „Deutschland ist keine Konfliktpartei in Nahost – im Gegenteil: Wir setzen uns Tag und Nacht für eine Zweistaatenlösung ein“, erklärte das Ministerium im Onlinedienst X. Deutschland sei „größter Geber von humanitärer Hilfe für die Palästinenser“ und arbeite „unerlässlich“ daran, dass die Hilfe die Bevölkerung im Gazastreifen erreiche.
„Wir sehen aber auch: Der Terror des 7.10. hat diese neue Spirale von Leid erst losgetreten, gegen den sich Israel verteidigen muss“, fuhr das Außenamt fort und wies auf die noch im Gazastreifen verbleibenden, aus Israel verschleppten Geiseln hin.
Nach den von Nicaragua beantragten Sofortmaßnahmen sollte Berlin auch seine Unterstützung für das UN-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) wieder aufnehmen. Deutschland hatte seine Zahlungen im Januar ausgesetzt, weil Mitarbeitern des UNRWA vorgeworfen worden war, in den Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober verwickelt gewesen zu sein. Nach der Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts zu dem UN-Hilfswerk kündigte die Bundesregierung in der vergangenen Woche jedoch die Wiederaufnahme der Zahlungen an.
Deutschland weist die Vorwürfe Nicaraguas zurück. Die Bundesrepublik liefere Waffen „nur auf der Grundlage einer sorgfältigen Prüfung, die weit über die Anforderungen des Völkerrechts hinausgeht“, hatte die Leiterin der Rechtsabteilung und Völkerrechtsberaterin des Auswärtigen Amts, Tania von Uslar-Gleichen, Anfang April vor dem IGH gesagt. Die Sicherheit Israels stehe aufgrund der deutschen Geschichte „im Zentrum der deutschen Außenpolitik“.
Nicaragua gilt als ein Verbündeter des Iran, der Israel als Erzfeind in der Region gegenübersteht. Der engste Verbündete Israels sind eigentlich die USA – Nicaragua habe aber den IGH gegen Deutschland angerufen, weil die USA das Haager Gericht nicht anerkennen, hatten die Anwälte des zentralamerikanischen Landes erklärt.
Der IGH wurde eingerichtet, um über zwischenstaatliche Streitigkeiten zu entscheiden. Seine Entscheidungen sind rechtlich bindend, er hat aber kaum Möglichkeiten, diese durchzusetzen. (afp)
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