Französische Bürger diskutieren über ihre nationale Identität

Titelbild
Eric Besson, Frankreichs Minister für Einwanderung, Integration und Nationale Identität, fährt am 30. November zu einem Treffen des Gremiums für Justiz und Inneres ins EU-Hauptquartier nach Brüssel.Foto: Georges Gobet/AFP/Getty Images
Von 10. Dezember 2009

Paris—Was es bedeutet Franzose zu sein, wird in Frankreich offiziell diskutiert. Eric Besson, Minister für Einwanderung und Nationale Identität, eröffnete den Dialog über die nationale Identität Anfang November und die Kontroverse wurde von Woche zu Woche heftiger.

Kritiker der Debatte behaupten, dass es eine opportunistische Strategie der französischen präsidialen Mehrheit im Vorgriff auf die Regionalwahlen im Frühjahr ist, seit es in der Debatte um Fragen zur Sicherheit, Einwanderung und nationalen Identität geht, die die Eckpfeiler von Präsident Sarkozys Wahlkampfplattform bilden.

Laut Umfragen, die von der Zeitung Journal „Du Dimanche“ veröffentlicht wurden, sehen 72 Prozent der französischen Staatsbürger die Debatte als einen „Wahlkampftrick“ an. Trotzdem empfinden ihn 57 Prozent als nützlich.

Der französische Präsident „beleidigt Frankreich, indem er versucht sich gegen die nationale Identität und Einwanderung zu stellen“, sagte die Generalsekretärin der Sozialistischen Partei Martine Aubry.

Am 29. November betonte der Parteichef Xavier Bertrand der regierenden Volksbewegungsunion IMP in einer politischen Talkshow von Radio RTL, dass die Debatte nicht nur mit den Wahlen verbunden wäre, sondern auch notwendig ist, um „die tatsächlichen Probleme zu lösen.“

„Worauf stolz sein?” kommentierte ein Leser von „LeNouvelObs“, einer Nachrichten-Webseite. „Auf unser Land? Ja. Auf unsere Geschichte? Ja. Aber können wir auf die Politiker stolz sein, die zurzeit unser Land führen?“

Minister Besson entschied die erste öffentliche Debatte über die nationale Identität am 30. November in der symbolträchtigen Stadt Verdun in Ostfrankreich zu führen. „Es war hier in dieser Stadt, wo unser Wunsch zu Frankreich zu gehören sich zeigte. Das war  1916 in der Schlacht von Verdun, die jede Familie erschütterte“, sagte der Bürgermeister von Verdun. Ähnliche Versammlungen werden im ganzen Land abgehalten und auch die Bürger können im Internet daran teilnehmen.

Etwa 100 Menschen nahmen an der Verdun-Debatte teil, die laut französischen Medien unter Sympathisanten des rechten Flügels der Partei sorgfältig ausgesucht wurden, um angesichts von Konflikten die Themen nationaler Werte, die Merkmale der Bürgerschaft und nationale Identität gegenüber internationalen Belangen zu diskutieren.

Bei dem, was die französische Presse als ein sehr flaches und verhindertes Treffen beschreibt, war die einzige laute Stimme die eines Algeriers, der sagte, dass er seit mehr als 40 Jahren in Frankreich lebe, aber nicht Franzose werden möchte, wenn „das bedeutet ein Bürger zweiter Klasse zu werden.“

„Ich werde gerne französischer Staatsbürger werden, wenn die Gleichheit hier eine Bedeutung hat“, sagte er.

Zu den schon von Besson vorgeschlagenen konkreten Maßnahmen gehört ein „republikanischer Integrationsvertrag“ für alle Einwanderer, die Französisch lernen und die Werte der Republik annehmen müssen. Die Regierung stellte auch schon klar, dass weibliche Unterwerfung und vollständige Verhüllung durch die islamische Burka, die „mobile Gefängnisse“ genannt werden, nicht zu diesen Werten zählten.

Andere Maßnahmen könnten für jeden jungen französischen Staatsbürger die Verpflichtung einschließen mindestens einmal im Jahr die Nationalhymne „La Marseillaise” zu singen. Dieser Vorschlag hat einige französische Staatsbürger verärgert, die „La Marseillaise” nicht als eine wirklich ehrenhafte Nationalhymne ansehen.

„Das unreine Blut tränke unserer Äcker Furchen!” lautet der Text des Militärlieds aus dem 18. Jahrhundert. Die Zeitung Le Monde erinnerte die Leser daran, dass große französische Denker und Humanisten wie Victor Hugo während des 19. Jahrhunderts und L’Abbé Pierre während des 20. Jahrhunderts die Hymne kritisierten.

„Dies sind berüchtigte Worte”, sagt Jean Jaures Anfang des 20. Jahrhunderts, wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg. „Wenn manche sagen, dass unreines Blut in den Adern der anderen fließt, wird dort sicherlich Blut sein und Revolutionen werden zu Schlachtfeldern.“

Die landesweite Befragung wird Ende Februar 2010 enden und dann ihre Schlussfolgerungen veröffentlichen.

 

Originalartikel auf Englisch: French Citizens Debate National Identity

 

 

 

 

 



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