„Folter, immer wieder Folter“: Türke schildert seine Haft in Syrien
Er ist endlich zuhause in der Türkei, aber Mehmet Ertürk kann das Brot nicht essen, das seine Ehefrau Hatice für ihn zubereitet. Der Mann mit den eingefallenen Wangen ist gerade aus einem syrischen Gefängnis freigekommen. Die Hälfte seiner Zähne fehlt, die übrigen drohen auszufallen.
„Es war Folter, ständig Folter“, erzählt er der Nachrichtenagentur AFP und imitiert die Knüppelschläge auf den Mund, die ihm die Wärter in einem als „Palästina-Abteilung“ bekannten Gefängnis in Damaskus immer wieder verpasst haben. Dort hat er einen Teil seiner fast 21-jährigen Haft verbracht.
Wegen Schmuggel festgenommen
Im Jahr 2004 wurde Ertürk in Syrien wegen Schmuggels festgenommen. Am vergangenen Montagabend ist er endlich wieder in sein Haus in Magaracik zurückgekehrt. Das Dorf liegt am Ende einer gewundenen, mit Olivenbäumen gesäumten Straße, nur zehn Minuten von der syrischen Grenze entfernt. „Meine Familie dachte, ich bin tot“, sagt der 53-Jährige, der 20 Jahre älter aussieht und läuft wie ein alter Mann.
In der Nacht, in der er frei kam, hörte Ertürk Schüsse und begann zu beten. „Wir wussten nicht, was draußen passiert. Ich dachte, das ist mein Ende“, sagt er. Dann hörte der 53-Jährige laute Hammerschläge. Innerhalb weniger Minuten wurden die Gefängnistore aufgebrochen von denen, die der Herrschaft des syrischen Machthabers Baschar al-Assad ein Ende setzten.
„Wir hatten ihn elf Jahre nicht gesehen. Wir hatten keine Hoffnung“, erzählt seine Frau Hatice. Sie sitzt vor ihrem Haus und bereitet zusammen mit ihrer jüngsten Tochter Brot vor. Diese war bei der Festnahme ihres Vaters knapp sechs Monate alt.
Unterirdisches Verlies
Nach seiner Verurteilung zu 15 Jahren Haft steckten die Gefängnisbehörden den vierfachen Vater in ein unterirdisches Verlies, wo er brutalen Wärtern ausgeliefert war. Dass seine Haftstrafe eigentlich 2019 zu Ende gehen sollte, kümmerte sie nicht.
„Unsere Knochen sind aus dem Gelenk gesprungen, wenn sie mit Hämmern auf unsere Handgelenke geschlagen haben“, beschreibt Ertürk die Gewalt der Gefängniswärter. „Einem Gefangenen haben sie kochend heißes Wasser über den Hals gegossen. Das Fleisch von seinem Hals ist heruntergerutscht“ bis zu seiner Hüfte, erinnert sich der 53-Jährige.
Er zieht sein rechtes Hosenbein hoch und zeigt sein Fußgelenk. Die Haut dort ist dunkel von der Kette, die er trug. „Tagsüber war es strengstens verboten zu sprechen, es gab Kakerlaken im Essen. Es war feucht, es stank wie ein Klo“, sagt Ertürk und erinnert sich an Tage „ohne Kleidung oder Wasser oder Essen“.
„Es war wie in einem Sarg“, schildert Etrürk. „Sie haben 115, 120 Menschen in eine Zelle für 20 Leute gesteckt. Viele Menschen sind verhungert“. Die Wärter hätten die Toten „in Abfallbehälter geworfen“.
Hass der syrischen Behörden auf die Türkei
Ertürk sagt, er habe den Preis für den Hass der syrischen Behörden auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bezahlt, der Assad zu Beginn des Bürgerkriegs zum Rücktritt aufgefordert habe. „Wir Türken sind deshalb viel gefoltert worden“, sagt er AFP. Wegen seiner Nationalität sei ihm auch Medizin vorenthalten worden.
Ertürks Hoffnungslosigkeit war so groß, dass er sich eine Befreiung durch den Tod erhoffte. „Sie haben uns in einen neuen Gefängnistrakt gebracht und ich sah ein Seil von der Decke hängen und dachte: Gott sei dank, ich bin gerettet“, erzählt er.
Immer wieder unterbricht Ertürk seine Schilderung der furchtbaren Erlebnisse, um „unserem lieben Präsidenten Erdogan“ dafür zu danken, dass er wieder zuhause ist, dass er lebt, bei seiner Familie ist und nicht zu den unzähligen Todesopfern in den syrischen Gefängnissen zählt.
Eine seiner Schwestern reicht Ertürk eine Handvoll alter Fotos. Auf einem ist er zusammen mit seinem alten Freund Faruk Karga zu sehen. Kurz nachdem das Foto aufgenommen wurde, verschwanden beide Männer in demselben syrischen Gefängnis. Doch Karga kehrte nie zurück. „Er ist etwa im Jahr 2018 im Gefängnis verhungert“, erzählt Ertürk. „Er wog nur noch 40 Kilogramm.“ (afp/red)
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