FDP warnt vor Krawallen wie in Frankreich

Die FDP warnt, dass Krawalle wie in Frankreich auch in Deutschland stattfinden könnten. Sie macht „unkontrollierte Zuwanderung“ für bestehendes Konfliktpotenzial verantwortlich. Kritik kommt daraufhin von links wie von rechts.
Seit Tagen beherrschen Ausschreitungen die Schlagzeilen in Frankreich. Fast eine Woche nach der Tötung eines 17-Jährigen bei einer Polizeikontrolle ebben die Krawalle langsam ab - Entwarnung gibt es allerdings noch nicht.
Seit Tagen beherrschen Ausschreitungen die Schlagzeilen in Frankreich. Fast eine Woche nach der Tötung eines 17-Jährigen bei einer Polizeikontrolle ebben die Krawalle langsam ab – Entwarnung gibt es allerdings noch nicht.Foto: Christophe Ena/AP/dpa
Von 3. Juli 2023

Die Krawalle in Frankreich sind in der Nacht auf Sonntag, 2. Juli, etwas abgeflaut. Es kam zu weniger Bränden und Vandalismus als in den Tagen zuvor. Dazu beigetragen haben dürften Ausgangssperren, die über viele Banlieues (Vororte) verhängt wurden. Dennoch warnen FDP und CSU vor möglichen ähnlichen Entwicklungen auch in Deutschland.

Djir-Sarai: „Unkontrollierte Zuwanderung“ für Krawalle verantwortlich

Gegenüber „Bild“ forderte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, die Politik müsse sich mit den Unruhen in Frankreich „intensiv beschäftigen“. Als Ursachen für die Krawalle macht er „unkontrollierte Zuwanderung und enorme Defizite in der Integrationspolitik“ aus. Diese seien eine „Bedrohung für die innere Sicherheit“.

Am vergangenen Dienstag starb der 17-jährige Nahel M. nach Schüssen, die ein Polizeibeamter abgegeben hatte. Medienberichten zufolge soll M. sich bei einer Verkehrskontrolle den Beamten widersetzt haben und wiederholt weitergefahren sein. In den Tagen nach dem Vorfall kam es in mehreren Städten Frankreichs zu bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen.

Am Rande der Krawalle gab es auch bereits zwei Todesfälle. In der Nacht zu Sonntag griffen Randalierer Berichten zufolge auch das Wohnhaus des Bürgermeisters eines Pariser Vororts an. Dessen Familie schlief zu dem Zeitpunkt zu Hause. Die Täter sollen mit einem Auto das Tor zum Haus gerammt haben. Anschließend zündeten sie das Auto der Familie und Mülltonnen an. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes, berichtet die „Tagesschau“.

Kritik an der FDP von links und rechts

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte, die Verhältnisse in Deutschland seien andere als jene in Frankreich, wo die Kolonialvergangenheit eine Rolle spiele. Dennoch zeigten die Entwicklungen „gesellschaftliche Sprengkraft“ auf. Diese entstehe, wenn man bei „wachsenden Parallelgesellschaften und mangelnder Integration gepaart mit hoher Perspektivlosigkeit“ wegschaue.

Der Tod des 17-jährigen Nahel M. sei „der Zündfunke für ein schon länger schwelendes Konflikt- und Gewaltpotenzial“ gewesen. Medien sprechen in Anlehnung an die „Black Lives Matter“-Bewegung in den USA von „Frankreichs George-Floyd-Moment“. Dobrindt forderte „klare Regeln und Engagement für Integration und Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung“. Nur so ließen sich Entwicklungen wie im Nachbarland verhindern.

Auf Twitter wurde vor allem an der FDP in weiterer Folge Kritik laut. Einige fragen, was die Partei in der Regierung für eine Begrenzung der „unkontrollierten Zuwanderung“ mache. Andere meinen, die Liberalen hätten sich mit ihren Aussagen „rechtsextremer Narrative“ bedient.

Bezüglich der Krawalle „das Problem benennen“

In der „Welt“ forderte der Ressortleiter Außenpolitik, Klaus Geiger, in einem Kommentar, man müsse bezüglich der Krawalle in Frankreich „das Problem benennen“. Dies sei erforderlich „in seiner sozialen, aber auch in der religiösen und kulturellen Dimension“.

Die Plattenbauten hätten bis in die 1970er-Jahre für viele Familien den Aufstieg in die Mittelschicht symbolisiert. Mit der Zeit zogen jedoch Familien weg, die sich den Traum vom Eigenheim erfüllen konnten. Bei den verbliebenen Bewohnern habe sich der Verlust von Industriearbeitsplätzen in zerstörerischer Weise ausgewirkt.

Neben dem Drogenhandel macht Geiger einen „Machismo, der sich auch aus dem Islamismus speiste“, verantwortlich. Der Staat habe die Wohnviertel mithilfe milliardenschwerer Programme saniert. Wer erfolgreich sei, verlasse diese dennoch.

Macron beruft Krisensitzung mit Bürgermeistern ein

Im „Spiegel“ weist Nadia Pantel hingegen auf den Umgang der Sicherheitskräfte mit den Bewohnern als Faktor hin, der die Krawalle angeheizt habe. Im Jahr 2020 wollte die Regierung in Frankreich ein Gesetz verabschieden, das ein Filmen von Polizisten im Einsatz verboten hätte. Nach Protesten zog das Kabinett das Vorhaben zurück.

Die Betroffenen betrachteten das Dokumentieren von – häufig möglicherweise rassistisch unterfütterter – Polizeigewalt als Selbstschutz. Seit 2007 war es bereits vor dem Fall Nahel M. zu drei Todesfällen und zwei extremen Gewalttaten von Polizeibeamten im Zuge von Kontrollen gekommen. Zudem sei die Polizei häufig mit erheblicher Gewalt und Gummigeschossen gegen Proteste in den Vorstädten vorgegangen. Mittlerweile haben rechtsextreme Gruppen mit Blick auf die Krawalle zur Gegengewalt aufgerufen.

Unterdessen hat Präsident Emmanuel Macron angekündigt, eine Krisensitzung mit den Bürgermeistern der betroffenen Kommunen abzuhalten. Es gehe darum, „die Gründe für die Gewalt genau zu verstehen“, hieß es aus dem Élysée-Palast.



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