Eurozonenbudget: Scholz und Le Maire sprechen von „großem Sprung“ – Woher das Geld kommt, ist allerdings umstritten
Die europäischen Finanzminister haben sich auf Kernpunkte für einen künftigen Haushalt der Eurozone und die Stärkung des Rettungsfonds ESM verständigt.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach nach mühsamen Verhandlungen bis in die frühen Morgenstunden am Freitag von einem „großen Sprung“.
Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire räumte aber ein, dass bei der umstrittenen Finanzierung des Eurozonen-Budgets „noch ein weiter Weg“ vor den Ministern liege.
Schon lange Macrons Wunsch
Der Eurozonen-Haushalt ist eine der zentralen Forderungen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für die Reform der Währungsunion.
Seine ursprünglichen Pläne sahen ein Budget von mehreren hundert Milliarden Euro vor, das auch Länder in Krisenzeiten unterstützen sollte.
Dies ist weiter nicht vorgesehen. Der Eurozonen-Haushalt solle die wirtschaftliche Angleichung und Wettbewerbsfähigkeit stärken, hieß es in den der Vereinbarung zu „Hauptmerkmalen“.
Unterstützt werden sollen demnach Strukturreformen in den Mitgliedsländern und öffentliche Investitionen. Beträge aus dem Budget müssen von den betroffenen Ländern dabei aber mit eigenen Mitteln kofinanziert werden. Werden Vorgaben nicht umgesetzt, werden die Zahlungen gestoppt.
Es gebe „erstmals eine Einigung zu einem Eurozonen-Budget“, sagte Le Maire. Der Eurozonen-Haushalt werde nun Wirklichkeit. Er sprach von einer „Mini-Revolution“, weil dies auch eine abgestimmte Planung bei nationalen Haushalten und Investitionen bedeute.
Scholz schloss sich dieser Einschätzung an. Eurogruppen-Chef Mário Centeno betonte, die Frage der Finanzierung solle „bis Jahresende entschieden werden“.
Im Gespräch sind bisher anfänglich 17 Milliarden Euro für den EU-Finanzzeitraum von 2021 bis 2027. Dies wäre nur ein Bruchteil des gesamten EU-Budgets von weit über 1000 Milliarden Euro für die sieben Jahre. Später könnte der Betrag aber steigen.
Woher die Gelder kommen, ist umstritten
Umstritten ist weiter die Frage, ob die Gelder für das Euro-Budget nur aus dem EU-Haushalt kommen sollen oder auch durch nationale Beiträge von Mitgliedstaaten aufgestockt werden könnte. Letzteres lehnen insbesondere die Niederlande aus grundsätzlichen Erwägungen ab.
„Aus einem großen Wurf für das Eurozonen-Budget ist ein kleiner Schritt geworden“, erklärte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold.
Er warf der Bundesregierung vor, den Plänen „durch Zögern und Zaudern sehr geschadet“ zu haben. Ein Eurozonen-Budget sei nur sinnvoll, „wenn es die Wirtschaft in Krisen stabilisiert und investiert“.
Kleiner Schritt mit großer symbolischer Bedeutung?
Dass mancher in der Einigung „nur kleine Schritte“ sehe, „mag auf gewisse Weise wahr sein“, sagte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici. Der Franzose warnte aber davor, „die symbolische Bedeutung“ zu unterschätzen. „Wir haben eine Tür geöffnet.“
Der Euro-Rettungsfonds ESM soll daneben künftig eine größere Rolle bei der Überwachung von Rettungsprogrammen von Krisenstaaten spielen und auch vorbeugend Ländern helfen.
Zudem ist geplant, dass bei ihm ein Fonds zur Abwicklung von Pleitebanken angesiedelt wird, falls bisher bereit stehende Gelder in einem von den Banken gespeisten Fonds nicht ausreichen.
Dies könne beim Vorgehen in Krisen „einen wirklichen Unterschied machen“, sagte Scholz. Die Eurozone gebe sich damit bei großen Bankenpleiten „eine Zweitschlagmöglichkeit“.
Vorgesehen ist ein Volumen von 55 bis 60 Milliarden Euro. Centeno verwies aber darauf, dass auch hier im zweiten Halbjahr noch weitere Arbeiten nötig seien.
Keine Fortschritte gab es wie erwartet beim Bemühen, eine europaweite Einlagensicherung für Bankkundengelder aufzubauen. Hier pochen Länder wie Deutschland weiter zunächst auf den Abbau von Risiken bei den Instituten in den Mitgliedstaaten. EU-Kommissar Moscovici zeigte sich „sehr enttäuscht“. Er forderte nun beschleunigte Arbeiten bis Jahresende. (afp)
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