Europa sucht Platz am Tisch, während USA und Russland Friedensdeal vorbereiten

Während die USA und Russland direkte Gespräche über eine mögliche Friedenslösung für die Ukraine vorbereiten, bleibt Europa außen vor. Frankreichs Präsident Macron reagiert mit einem Krisentreffen in Paris, um die Position der EU zu stärken. Die USA setzen auf direkte Verhandlungen mit Moskau – und Europa könnte vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Frankreichs Präsident Macron wirbt für Entschlossenheit und Zusammenhalt aufseiten der EU.
Frankreichs Präsident Macron wirbt für Entschlossenheit und Zusammenhalt aufseiten der EU.Foto: Ansgar Haase/dpa
Von 17. Februar 2025

Im Bemühen um ein Ende des Krieges in der Ukraine ist US-Außenminister Marco Rubio am Montag, 17. Februar, im Rahmen seiner ersten Nahostreise in Saudi-Arabien eingetroffen. Dies berichtet die in Riad erscheinende Zeitung „Arab News“. Rubio wird dort mehrere saudische Regierungsmitglieder treffen, unter anderem seinen Amtskollegen Prinz Faisal bin Farhan. Die Delegation des US-Außenministers wird direkte Gespräche mit Vertretern der Russischen Föderation vorbereiten. Diese sollen bereits in den kommenden Tagen stattfinden.

Auch der Sondergesandte für die Ukraine, Keith Kellogg, soll sich bereits in Saudi-Arabien aufhalten. Präsident Donald Trump hatte schon in der Vorwoche mitgeteilt, dass er ein Telefongespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin geführt habe. Darin habe man sich darauf geeinigt, dass „unsere Teams unverzüglich mit Verhandlungen beginnen werden“. Die Nachrichtenagentur „TASS“ teilte am Wochenende mit, der Kreml habe bereits mit dem Zusammenstellen einer Delegation dafür begonnen.

EU soll Amerikanern eigene mögliche Beiträge zum Frieden in der Ukraine mitteilen

In der EU ist unterdessen Ernüchterung eingekehrt. Die USA haben ungeachtet europäischen Drängens deutlich gemacht, dass kein EU-Vertreter zu den Gesprächen in Riad eingeladen sei. Kellogg erklärte jüngst, dass man eine Einbindung der Europäer schon aufgrund des Scheiterns der Minsk-Vereinbarungen für müßig halte. In ein ähnliches Horn stieß Russlands Außenminister Sergej Lawrow, der am Montag mit Blick auf die Europäer äußerte, er „weiß nicht, was sie am Verhandlungstisch zu suchen haben“.

Um der nun befürchteten Rolle als Zaungast einer Friedenslösung für die Ukraine entgegenzuwirken, hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montagnachmittag nach Paris eingeladen. Vertreter aus Deutschland, Großbritannien, Italien, Polen, Spanien, den Niederlanden, Dänemark, der EU und der NATO nahmen an dem „Dringlichkeitstreffen“ teil.

Europäer uneins über Friedenstruppe

Dabei zeigten sich die Europäer uneins in der Frage einer Friedenstruppe zur Sicherung eines möglichen Waffenstillstands. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Diskussionen nach dem Treffen als irritierend und völlig verfrüht und kritisierte, dass über die Köpfe der Ukrainer hinweg über mögliche Ergebnisse von Friedensgesprächen gesprochen wurde, die noch gar nicht stattgefunden hätten.

„Das ist höchst unangemessen, um es ganz offen und ehrlich zu sagen“, sagte Scholz. Es sei eine „unpassende Debatte zur falschen Zeit und über das falsche Thema“. Der Bundeskanzler stellt sich damit unter anderem gegen den britischen Premierminister Keir Starmer und Macron.

Starmer war kurz vor dem Treffen vorgeprescht und zeigte sich „bereit und willens“, notfalls Soldaten in das von Russland angegriffene Land zu entsenden. In einem Gastbeitrag für den „Telegraph“ schrieb er, Großbritannien könne bei der Arbeit an Sicherheitsgarantien für die Ukraine eine „führende Rolle“ übernehmen. Auch Frankreich soll bereits vor längerem die Bereitschaft zur Entsendung von Truppen bekundet haben.

Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot berichtete von sehr konkreten Gesprächen „auf verschiedenen Ebenen“, in denen es um die Entsendung von Truppen insbesondere aus Frankreich, Großbritannien und Polen – den „drei großen Armeen“ Europas – gehe.

Anders als vom französischen Außenminister dargestellt, erklärte Polens Regierungschef Donald Tusk vor seinem Abflug nach Paris: „Wir haben nicht vor, polnische Truppen in die Ukraine zu schicken, aber wir werden die Länder, die in Zukunft solche Garantien geben wollen, auch logistisch und politisch unterstützen.“

Offen für eine Entsendung von Truppen in die Ukraine hatten sich zuletzt auch die Niederlande und Schweden gezeigt. Spanien und Dänemark schlossen einen solchen Schritt zuletzt zumindest nicht mehr kategorisch aus.

Truppenstärke unklar

Wie viele europäische Soldaten nach einer möglichen Friedensvereinbarung in die Ukraine geschickt werden könnten, bleibt indes unklar. Wie die „Deutsche Presse-Agentur“ aus Verhandlungskreisen erfuhr, wird über eine fünfstellige Zahl gesprochen. Demnach ist eine von dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ins Spiel gebrachte Truppenstärke von 200.000 Soldaten unrealistisch. Zu Beginn der Debatte im Dezember war über rund 40.000 Soldaten spekuliert worden.

Nach Angaben von Diplomaten wird derzeit vor allem darüber gesprochen, ob und wenn ja europäische Soldaten für die Ausbildung ukrainischer Streitkräfte im westlichen Teil des Landes stationiert werden könnten. Als äußerst unwahrscheinlich gilt demnach auch, dass sie direkt an die Frontlinie geschickt würden, um dort die Einhaltung einer möglichen Friedensvereinbarung zu überwachen.

Ein EU-Gipfel, der Entscheidungen treffen könnte, wird Ende März stattfinden. Bis dahin könnten die Verhandler Europa in vielen Bereichen vor vollendete Tatsachen gestellt haben. Die Ukraine wird zwar in Riad nicht vertreten sein. Sollte es zu Annäherungen zwischen den Positionen der USA und Russlands kommen, wäre jedoch auch bald mit direkten Gesprächen unter Beteiligung Kiews zu rechnen.

Finnland schlägt EU-Sondergipfel zu Ukraine vor

Zusätzliche Unsicherheitsfaktoren sind die prekäre Haushaltslage in vielen EU-Staaten, unter anderem auch in Deutschland. Dort könnten nach der Bundestagswahl auch mehrere Monate schwieriger Haushaltsgespräche bevorstehen. Finnlands Ministerpräsident Petteri Orpo hat, wie er gegenüber „Euractiv“ äußerte, dem Ratspräsidenten António Costa einen Sondergipfel zu einem früheren Zeitpunkt vorgeschlagen. Bis dato deutet jedoch wenig auf einen solchen hin.

Die Europäer hoffen unterdessen, dass die Ansagen der Amerikaner aus den vergangenen Tagen nur die Reaktionen unterschiedlicher Seiten ausloten sollen. Polens Außenminister Radosław Sikorski spricht von einer Taktik der „Aufklärung durch Kampf“.

Hinter verschlossenen Türen, so erklären EU-Beamte gegenüber der Plattform, würden US-amerikanische Amtskollegen „die richtigen Dinge“ sagen. Am Ende aber sei „Trump die einzige Stimme, die zählt“, äußerte der frühere Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, Ben Hodges.

Szijjártó: „Treffen frustrierter Kriegspolitiker“ in Paris

Schon am Dienstag könnte es zu einem ersten Gespräch zwischen den Außenministern der USA und Russlands, Marco Rubio und Sergej Lawrow, kommen. Noch im restlichen Verlauf der Woche könnte es schon zu einem Treffen zwischen US-Präsident Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin kommen.

Neben Rubio und Kellogg sollen auch der Nationale Sicherheitsberater Mike Waltz, der Nahost-Beauftragte Steve Witkoff und CIA-Direktor John Ratcliffe nach Riad reisen. Kellogg soll jedoch nicht an den Gesprächen teilnehmen. Stattdessen soll dieser am Dienstag in Brüssel Gespräche mit NATO-Vertretern und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen führen.

Auch in der EU selbst gibt es kritische Stimmen zu dem Treffen in Paris. Ungarns Außenminister Péter Szijjártó sprach von einer Zusammenkunft von „frustrierten, pro Krieg und anti Trump“ eingestellten europäischen Spitzenpolitikern. Deren Ziel sei es, „ein Friedensabkommen in der Ukraine zu verhindern“. Der derzeit in Kasachstan weilende Politiker erklärte, Ungarn unterstütze die Gespräche zwischen den USA und Russland.

Mit Material von dpa



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