EU zieht Maßnahmen vorerst zurück
EU hofft auf Verhandlungen mit USA – angekündigte Vergeltungszölle ausgesetzt
Die EU hat angekündigt, die vorbereiteten Vergeltungszölle gegen die USA für 90 Tage auszusetzen. Damit reagiert sie auf die ebenfalls 90-tägige Zollpause, die Trump verhandlungsbereiten Staaten gewährt hat.

Von der Leyen signalisiert Verhandlungsbereitschaft.
Foto: Virginia Mayo/AP/dpa
Die EU zieht ihre Antwort auf die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zolle vorerst zurück: Brüssel will erst am Mittwoch beschlossene Gegenzölle für 90 Tage aussetzen und reagiert damit auf eine ebenfalls 90 tägige Zollpause, die Trump verhandlungsbereiten Staaten gewährt hat. Die EU-Kommission hofft nun auf Verhandlungen mit Washington – bislang war allerdings kein Kompromiss in Sicht.
Welche EU-Zölle werden ausgesetzt?
Alle Vergeltungszölle, mit denen die EU in einem ersten Schritt auf die Zollpolitik des US-Präsidenten reagieren wollte. Die Aufschläge, die zunächst nur als Antwort auf die US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte gedacht waren, werden für 90 Tage auf Eis gelegt – auch wenn die Stahlzölle weiterhin gelten. „Wir wollen den Verhandlungen eine Chance geben“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu am Donnerstag.
Trump hatte zuvor einen Teil seiner Zölle ebenfalls für 90 Tage auszusetzen. Für die EU gelten demnach ein allgemeiner Zollsatz von zehn Prozent sowie die branchenspezifischen Zollsätze in Höhe von 25 Prozent auf Stahl- und Aluminiumprodukte sowie Autos.
Kann die Kommission im Alleingang entscheiden?
Nicht ganz. In der Handelspolitik ist Brüssel zuständig, die einzelnen EU-Länder haben ein begrenztes Mitspracherecht. Um das Vorgehen der Kommission aufzuhalten, müssten 14 Mitgliedstaaten dagegen stimmen. Die Kommission berät sich nach eigenen Angaben aber auch stets vorab mit den 27 Ländern.
Gibt es nun Hoffnung auf Verhandlungen?
Darauf setzt die EU-Kommission. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic sprach nach eigenen Angaben noch am Donnerstag mit US-Handelsminister Howard Lutnick. Es könnten nun „sinnvolle Verhandlungen folgen“. Kommissionsvertreter hatten dies vor wenigen Tagen noch bezweifelt. Am Mittwoch hatte der US-Präsident ein Kompromissangebot aus Brüssel öffentlich abgelehnt – die EU hatte vorgeschlagen, auf beiden Seiten alle Zölle auf eine Reihe von Industriegütern abzuschaffen.
Was passiert bei einem Scheitern der Verhandlungen?
Dann will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Vergeltungszölle der EU wieder in Kraft setzen. Darüber hinaus gehen die Vorbereitungen für weitere Gegenmaßnahmen weiter. Dabei „bleiben alle Optionen auf dem Tisch“, betonte die Kommissionspräsidentin.
Welche Produkte wären zuerst betroffen?
In einem ersten Schritt kann die EU auf Aufschläge zurückgreifen, die sie bereits in Trumps erster Amtszeit (2017-2021) als Reaktion auf die Zollpolitik des US-Präsidenten eingeführt hatte. Dabei geht es um Aufschläge auf ausgewählte US-Produkte wie Jeans, Whiskey und Motorräder.
Zusätzlich hatten die EU-Länder eine Liste weiterer Zölle abgesegnet, die bei einem Scheitern in Kraft treten könnten. Das beträfe einige Stahlprodukte, Textilwaren sowie Rindfleisch und Sojabohnen betreffen. Zölle auf Whiskey, Wein und Milchprodukte hatte die Kommission auf Druck von Ländern wie Frankreich und Italien bereits von der Liste genommen.
Warum spielen Dienstleistungen bisher keine Rolle?
US-Präsident Trump beruft sich auf das Handelsdefizit der USA mit der EU im Bereich klassischer Güter, um seine Zölle zu rechtfertigen. Bei den Dienstleistungen sieht es anders aus: Die USA exportieren deutlich mehr in die EU als umgekehrt.
In Brüssel denkt die Kommission für den Fall eines Scheiterns über Gegenmaßnahmen nach, die US-Dienstleistungen treffen könnten. „Wenn sie es auf unseren Warenüberschuss abgesehen haben, dann werden wir uns den Dienstleistungsüberschuss ansehen“, sagte ein EU-Beamter.
Die Kommission könnte etwa US-Patente aussetzen, den Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen blockieren oder den Vertrieb bestimmter digitaler Dienstleistungen verbieten. Diese Möglichkeiten sind in den EU-Gesetzen vorgesehen, falls ein Handelskonflikt eskaliert. Sie würden auch große US-Digitalkonzerne treffen.
Die Maßnahmen gelten als letztes Mittel. Ihren Einsatz müsste die EU auch nach einem Scheitern der Verhandlungen ausführlich begründen. Grundlage dafür könnte nach Einschätzung des SPD-Handelspolitikers und Europaabgeordneten Bernd Lange sein, dass Trump die EU mit seinen Zöllen auch in den Bereichen Verbraucherschutz und Digitalregeln unter Druck setzen will.
Wie positionieren sich die EU-Staaten?
Deutschland und Frankreich hatten sich vor der US-Zollpause in Washington dafür ausgesprochen, solche Maßnahmen immerhin vorzubereiten. Irland, wo US-Konzerne wie Apple, Google und Meta ihren europäischen Sitz haben, warnte hingegen vor einer „außerordentlichen Eskalation“. Italien und Spanien mahnten eine gemäßigte Reaktion an. Ungarn lehnt jegliche Vergeltungsmaßnahmen ab. (afp/tp)
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