Energiekrise in den USA: Experten kritisieren Regierungspläne für Öl-Exportverbot
Nicht nur Europa hat mit hohen Energiepreisen zu kämpfen. Auch die USA erleben derzeit eine Inflation, die vor allem durch die Kosten für Öl und Gas befeuert wird. Präsident Joe Biden und die Demokraten wollen mit unterschiedlichen Maßnahmen gegensteuern.
Energieministerin Jennifer Granholm bringt sogar ein mögliches Exportverbot für Öl ins Spiel. Fachleute aus der Branche selbst halten die angedachten Schritte hingegen für kontraproduktiv.
Energiebranche lange zum politischen Feindbild gestempelt
Die Inflation in den USA erreichte zuletzt einen Wert von 8,1 Prozent, nachdem diese im Juni sogar bei 9,1 Prozent gelegen hatte. Das ist der höchste Stand seit 1981. Dabei sind vor allem die Energiepreise in der Zeit von Mai bis August um 20 bis 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Zwar liegen sie nach wie vor deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Dennoch belastet die Entwicklung Unternehmen und Verbraucher – und in weiterer Folge das Klima für Investitionen und Konsum.
Zu den potenziellen Gegenmaßnahmen, die aus den Reihen der regierenden Demokraten zuletzt gekommen waren, gehörten unter anderem eine sogenannte Übergewinnsteuer, aber auch ein Öl-Exportverbot. Zumindest die Möglichkeit einer Exportbegrenzung ist derzeit Gegenstand von Erörterungen im Energieministerium, wie „Bloomberg“ berichtet.
Experten aus der Ölindustrie selbst zweifeln an der Durchführbarkeit und Sinnhaftigkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen. Eine realistische Chance, auf diese Weise die Energiepreise in den USA zu senken, sehen sie nicht. Die jüngste Entscheidung der OPEC, die Ölfördermenge künftig um zwei Millionen Barrel pro Tag zu drosseln, engt den Spielraum für die US-Regierung zusätzlich ein.
Stattdessen mahnen sie eine politische Kehrtwende im Umgang der Regierung mit der Energiebranche an.
Die Regierung habe diese über lange Zeit hinweg zum Feindbild gestempelt und vor vollendete Tatsachen gestellt. Ein Beispiel sei der eigenmächtige Stopp der Keystone-XL-Pipeline durch Präsident Biden kurz nach seinem Amtsantritt. Dazu käme schlichte Unkenntnis der Eigenheiten der Ölindustrie.
Zweifel an Sinnhaftigkeit von Exportverbot und „Übergewinnsteuern“
Dies zeige sich bereits mit Blick auf die Forderung nach einer sogenannten Übergewinnsteuer für Ölgesellschaften. Chevron-CEO Michael Wirth verweist darauf, dass es nicht das erste Mal sei, dass ein solcher Anlauf unternommen worden wäre.
Er habe sich jedoch stets als kontraproduktiv erwiesen, weil er zu einer angebotsseitigen Verknappung führe – die nicht erwünscht sein könne. Am 13. September erklärte Wirth im Gespräch mit CNN: „Es ist ziemlich einfach: Wenn man mehr von etwas will, dann besteuert man es nicht. Wenn man weniger von etwas will, muss man es besteuern.“
Ein noch gravierenderer Fehler, der zudem von noch größerer Unkenntnis der Sachlage künde, wäre jedoch ein Exportverbot von Öl. Seit 2011 waren die Exporte von Rohöl gestiegen. Gleichzeitig hätten sinkende Ölimporte im gleichen Zeitraum zu einem Rückgang der Netto-Rohölimporte geführt. Durch einen Ausbau der Infrastruktur für die Förderung von Schiefergas seien die USA auch zum Exportriesen geworden.
Exportiertes und importiertes Öl ist nicht deckungsgleich
Dennoch gehe die Gleichung nicht auf, wonach ein Stopp des Exports von Öl aus den USA für den Weltmarkt automatisch ein entsprechend größeres Angebot für Industrie und Verbraucher im Land selbst bewirke.
Dies sei die Konsequenz daraus, dass es Unterschiede in den Eigenschaften der jeweiligen Ölsorten gebe. Entsprechend sei auch nicht jedes Öl für jede Raffinerie geeignet.
Sogenanntes „süßes“ Öl hat beispielsweise einen geringeren Schwefelgehalt als „saures“ Öl, wo dieser höher als 0,5 Prozent liegt. Dazu kommt das spezifische Gewicht des Erdöls. Schweröl erfordert mehr technischen und finanziellen Aufwand, ehe es fertig für Markt und Transport ist.
Der jüngste Exportanstieg sei hauptsächlich von leichterem Schieferöl getragen, erklärt Dan Kish, Senior Vice President der American Energy Alliance, gegenüber der Epoch Times.
Einer Analyse der Dallas Fed zufolge exportierten die Vereinigten Staaten Ende November 2021 täglich drei Millionen Barrel „süßen“ Rohöls. Demgegenüber stünden Importe von täglich mehr als sechs Millionen Barrel von Schweröl aus Kanada und anderen Ländern.
Erforderliche Modernisierungen kurzfristig nicht zu bewältigen
Um das leichtere Schieferöl zu verarbeiten, müssten die bestehenden Raffinerien im Land aufwendig umgerüstet werden. Dies sei jedoch nicht nur teuer, sondern auch nicht kurzfristig zu bewerkstelligen. Die Voraussetzungen dafür, einen solchen Prozess in Angriff zu nehmen, seien auch nicht ideal, meint Kish.
Die Modernisierung der Anlagen würde bedeuten, dass die Raffinerien Milliarden Dollar investieren – zusätzlich jedoch emissionsbezogene Genehmigungen einholen müssten. Ein unmögliches Unterfangen, meint der Experte. Und die Folge politischer Fehlentscheidungen: „Sie haben das Geschäft mit fossilen Brennstoffen in Nordamerika zum Feind des Volkes gemacht, deshalb steigen die Preise immer weiter.“
Ein Exportverbot würde zu „endlosen Mengen an Öl entlang der Golfküste“ führen. Diese könnten ohne hohe Modernisierungsinvestitionen nicht genutzt werden. Allerdings würden in der Zwischenzeit die Preise für Benzin, Diesel und Flugzeugtreibstoff in die Höhe schießen.
Zweifel an sicherem Investitionsumfeld
John Catsimatidis, der eine Ölraffinerie betreibt, sieht auch keine Motivation, in Modernisierungen dieser Art zu investieren.
Er bezweifelt, dass die politische Ausrichtung der Regierung in Washington ein ausreichend verlässliches Umfeld dafür biete. Insbesondere im Bereich der Energiepolitik sei die Politik der Regierung in Washington nicht mehr berechenbar:
„Warum sollte jemand eine Milliarde, zwei Milliarden, drei Milliarden ausgeben, wenn er sich der Politik des Landes, in dem er Geschäfte macht, in den nächsten fünf, zehn Jahren nicht sicher ist? Weil man einen Return on Investment haben muss. Der Erfolg der Vereinigten Staaten, der Erfolg der Unternehmen hängt also davon ab, ob man Vertrauen in Washington hat, ob man Vertrauen in die Regierung hat, dass sich die Investition auszahlt, wenn man eine Milliarde Dollar oder zwei Milliarden Dollar ausgibt.“
Das symbolträchtig gleich am ersten Tag im Amt unterzeichnete Aus für Keystone-XL sei kennzeichnend für diese fehlende Berechenbarkeit. Die Keystone-XL-Pipeline sollte täglich etwa 800.000 Barrel kanadisches Öl und etwa 100.000 Barrel Öl aus North Dakota liefern. Das Öl, um das es gehe, wäre das „richtige“ Öl für die US-Raffinerien gewesen, erläuterte Kish.
Öl-Exportverbot würde zu weiterer Zuspitzung führen
Er und Catsimatidis weisen gegenüber der Epoch Times zudem darauf hin, dass diese derzeit nur ein Viertel ihrer Kapazität ausschöpfe. Sie wäre in der Lage, täglich 2,1 Millionen Barrel zu transportieren. Fließen würden jedoch nur 500.000.
Michael Wirth warnt zudem vor steigenden Ölpreisen auf den Weltmärkten, die eine zwangsläufige Folge des Fehlens US-amerikanischen Öls wäre. Dies hätte auch Rückwirkungen auf die US-Importpreise. Dass die OPEC+-Staaten ebenfalls ihre Fördermengen drosseln, könnte die Lage noch weiter zuspitzen.
Vorstandschef Darren Woods von Exxon warnt vor einem Öl-Exportverbot mit dem Ziel, die Vorräte zu sichern. Die einzigen, die vorübergehend von einem Öl-Exportverbot profitieren würden, seien die bereits jetzt auf leichteres Öl spezialisierten Raffinerien, heißt es auch in der Analyse der Dallas Fed. Sinkt jedoch der Preis für im Inland gefördertes Rohöl, füllen sich die Lager. Dann würde es „nicht lange dauern, bis einige inländische Ölproduzenten unrentabel werden und ihren Betrieb einstellen“.
Experten warnen vor ideologischer Energiepolitik
Die Experten unterstreichen die Wichtigkeit einer „Öffnung Nordamerikas“ im Bereich der Förderung und des Transports von Öl und Gas. Dies werde jedoch durch die Regierung Biden durch Beschränkungen und das Verbot neuer Leasingprojekte erschwert.
Kish sagte, ein möglicher Kompromiss könnte darin bestehen, dass die Regierung Biden die Öllieferungen aus Kanada und Alaska erhöht und die zusätzlichen Kapazitäten ausschließlich für den Inlandsverbrauch bestimmt.
Catsimatidis ist der Ansicht, dass die Inflation mit den Energiepreisen sinken werde, wenn Biden die Ölförderung in Nordamerika öffnet. Die Federal Reserve müsse dann auch möglicherweise keine weitreichenden Maßnahmen ergreifen. Eine Rezession ließe sich so vermeiden.
Die Beibehaltung einer einseitigen Ausrichtung auf E-Autos oder erneuerbare Energieträger würde jedoch eine Gefahr für das Land insgesamt bringen: „Ich begrüße neue Technologien. Aber vielleicht sollte man sie über 30 Jahre, über 40 Jahre hinweg planen. Und sicherstellen, dass sie funktionieren, bevor man alles andere vom Markt nimmt – und dann feststellt, dass sie das nicht tun.“
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 66, vom 15. Oktober 2022.
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