Bundesverfassungsgericht lehnt Eilantrag gegen Pflege-Impfpflicht ab
Das Bundesverfassungsgericht gibt vorerst grünes Licht für die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Das letzte Wort ist in der Sache noch nicht gesprochen, ein entsprechender Eilantrag gegen die Umsetzung wurde aber abgelehnt. Zwar sei die Verfassungsbeschwerde nicht offensichtlich unbegründet, allerdings verlange das Gesetz den Betroffenen „nicht unausweichlich ab, sich impfen zu lassen“, wie es zur Begründung hieß.
„Für jene, die eine Impfung vermeiden wollen, kann dies zwar vorübergehend mit einem Wechsel der bislang ausgeübten Tätigkeit oder des Arbeitsplatzes oder sogar mit der Aufgabe des Berufs verbunden sein. Dass die in der begrenzten Zeit bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde möglicherweise eintretenden beruflichen Nachteile irreversibel oder auch nur sehr erschwert revidierbar sind oder sonst sehr schwer wiegen, haben die Beschwerdeführenden jedoch nicht dargelegt“.
Wirtschaftliche Nachteile, die Einzelnen durch den Vollzug eines Gesetzes entstehen, seien „grundsätzlich nicht geeignet, die Aussetzung der Anwendung von Normen zu begründen“, so die Verfassungsrichter (Beschluss vom 10. Februar 2022, 1 BvR 2649/21).
Bayern sieht sich durch Karlsruhe bestätigt
Bayern sieht sich trotz des gescheiterten Eilantrags durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Das Gericht habe klar gesagt, dass bestimmte Fragen in dem Gesetz zu klären seien, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Freitag in München vor Journalisten. „Deshalb bestätigt das im Prinzip genau die Linie der bayerischen Staatsregierung.“
Holetschek sagte nun, es müsse sich niemand Gedanken machen, ob Bayern gesetz- oder rechtstreu sei. Aber das Gesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht sei „noch nicht ideal“.
Es gebe im Vollzug viele Fragen, dies habe auch schon die Gesundheitsministerkonferenz am 22. Januar gegenüber dem Bund erklärt. „Ich denke, es ist sozusagen geradezu eine Verpflichtung, nochmal deutlich zu machen, dass Probleme da sind, die gelöst werden müssen“, sagte Holetschek.
Scharf wies der CSU-Minister Kritik aus der Bundesregierung am Vorgehen Bayerns zurück. „Die jetzt mit dem Finger in Richtung Bayern zeigen, sollten mal überlegen, was sie in Berlin zustande gebracht haben, mit Verlaub.“ So sei der Pflegebranche erklärt worden, die einrichtungsbezogene Impfpflicht sei nur der erste Schritt zur allgemeinen Impfpflicht – viele würden aber mittlerweile nicht mehr glauben, dass der Bund die allgemeine Impfpflicht tatsächlich umsetzen wolle.
Holetschek attackierte auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der bei Twitter mit Blick auf Bayern geschrieben hatte: „Wenn sich die Regierenden selbst aussuchen, an welche Gesetze sie sich halten und an welche nicht, ist die Tyrannei nicht mehr fern.“ Der Vorwurf der Tyrannei habe ihn irritiert. „Er sollte sich einfach entschuldigen für solche Worte“, sagte Holetschek. Buschmann habe sich damit „unangemessen und ungehörig“ verhalten.
Scholz bekennt sich erneut zur Impfpflicht
In seiner Ansprache vor dem Bundesrat am Freitag bekannte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausdrücklich zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. „Es geht jetzt um den Schutz derer, die darauf ganz besonders angewiesen sind: Kranke und die ältesten Mitglieder unserer Gesellschaft.“
Weil der kommende Herbst und Winter mit erneut steigenden Corona-Zahlen verbunden sein könnten, „macht auch die allgemeine Impfpflicht Sinn“, fügte der Bundeskanzler hinzu. Im Bundestag wird derzeit über entsprechende Gesetzesvorhaben diskutiert. Ob die Entwürfe wie bislang ins Auge gefasst bereits in der kommenden Woche erstmals beraten werden können, ist aber noch offen. (dts/afp/red)
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