
Die Maßnahmen – Schlimmer als Corona selbst: Psychologe erforscht Lockdown-Schäden bei Kindern
Während Kinder und Jugendliche kaum Gefahr laufen, von Corona ernsthaft betroffen zu werden, haben die Regierungsmaßnahmen gegen die Pandemie die junge Generation bereits nachhaltig geschädigt, sagte der Psychologe Professor Manuel Schabus von der Uni Salzburg. Doch die Folgen würden wohl erst in Monaten und Jahren vollständig zu sehen sein. Er brachte die Kinder-Umfrage „Jetzt sprichst Du“ ins Rollen.

Symbolbild.
Foto: Istockphoto/vadimguzhva
Masketragen, Lockdown, Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen – für Kinder sind die Pandemiemaßnahmen noch viel schrecklicher als für die meisten Erwachsenen. Die Folgen von Bewegungsmangel und zu wenig Sonnenlicht, von Nicht-Treffen mit Freunden und Isolierung sind Smartphone-Exzesse und Internetsucht, Verhaltensauffälligkeiten und Aggressionen, bis hin zu Depressionen und Suizidgedanken.
Nachhaltiger Schaden als Folgen der Maßnahmen
Die Umfrage „Jetzt sprichst Du“ von der Universität Salzburg und dem Psychologen Professor Manuel Schabus richtet sich an Kinder und Jugendliche in Deutschland und Österreich, wie der „Focus“ berichtet. In den drei Altersgruppen 6 bis 10, 11 bis 14 und 15 bis 18 Jahre wurden bisher 4.000 Mädchen und Jungen – davon 1.400 in Deutschland – gefragt: „Wie geht es DIR mit der Corona-Situation und was denkst DU darüber?“ Die Umfrage findet weiterhin statt.
Den bisherigen Ergebnissen nach beeinträchtige die Pandemie – und noch mehr die verhängten Maßnahmen – die psychische und körperliche Gesundheit vieler Kinder negativ, erklärt Schabus. Viele der Folgen seien gar nicht mehr abzuwenden und nur noch durch schnelle und gezielte Interventionen zu begrenzen.
„Meine Sorge ist, dass Kinder- und Jugendlichen bereits nachhaltig Schaden zugefügt wurde, den wir erst in Monaten und Jahren in vollem Ausmaß sehen werden. Kinder erleben den Druck, als ‚Virenschleudern‘ bezeichnet zu werden oder gar als ‚Gefährder‘ für das Leben ihrer Großeltern und Eltern“, sagte Schabus.
Dieser Druck sei nicht zu unterschätzen. Das „arbeite“ in den Kindern und Jugendlichen, erklärt der Psychologe – und das, „selbst wenn er rational noch gar nicht erfasst oder verbal formuliert und ausgedrückt werden kann“.
Schulverweigerungen als neues Phänomen?
Man könne hinsichtlich der gewonnenen Daten davon ausgehen, dass psychosomatische Auffälligkeiten wie Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und andere zunehmen werden. Zudem seien Verhaltensauffälligkeiten häufiger als bisher zu erwarten.
Als Beispiele nennt der Psychologe aggressives Verhalten, Depressionen und Angststörungen. Auch die monatelangen Schulausfälle werden nicht folgenlos bleiben, ist sich der Experte sicher:
„Die Corona-Zeit ist erlebnisarm, sozialarm und von vielen neuen Zwängen bestimmt. Schule war lange Zeit ‚verboten‘ oder nur im On-Off Modus möglich. Ich befürchte, dass Schulverweigerung ein neues sich häufendes Problem der kommenden Jahre wird.“
Auch eine Zunahme der Computerspiel-Sucht erwartet der Forscher. Den Umfragen nach seien nun auch Schlafprobleme bei den Kindern und Jugendlichen doppelt so häufig wie zuvor. Vier von Zehn seien davon betroffen, „was in diesen Altersgruppen absolut unüblich ist“. Einen Zusammenhang mit dem gesteigerten Medienkonsum hält Schabus für naheliegend.
Gerade für die jüngeren Altersgruppen sei das Masketragen ein Problem, auch, weil von den 6- bis 14-Jährigen bis zu Dreiviertel sich wünschten, wieder „die Gesichter der Menschen sehen zu können“. Bei den 15- bis 18-Jährigen ist das nur noch 43 Prozent wichtig. Ihnen war mit 72 Prozent wichtiger, ihre Freunde wieder ohne Einschränkungen treffen zu können.
Geringe Corona-Bedrohung
Kinder seien nicht überproportional vom Infektionsgeschehen betroffen, erklärten kürzlich die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sowie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, wie „Focus“ schreibt. Und auch die gestiegenen Inzidenzen bei Kindern seien mit Blick auf die Positivenrate der Getesteten bislang auf die stark gestiegene Testhäufigkeit zurückzuführen, heißt es.
Auch Professor Schabus sieht ein geringes Corona-Risiko für Kinder: „Das Risiko, wegen Corona im Krankenhaus zu landen, liegt bei Kindern bei 1 zu 40.000“. Selbst bei Menschen unter 65 Jahren sei das Risiko an Corona zu sterben „nicht höher als das Risiko, auf dem Weg zur Arbeit tödlich mit dem Auto zu verunglücken“. Dies sei bei Kindern noch erheblich niedriger.
Das RKI gab die Zahl der Todesfälle bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland unter 19 Jahren durch oder mit Corona mit 13 an – und das seit dem Beginn der Pandemie (Stand: 30. März 2021).
Retten, was zu retten ist
Professor Schabus fordert, die Sportstätten und andere Freizeiteinrichtungen für die Kinder und Jugendlichen wieder zu öffnen und empfiehlt den Einsatz von Schulpsychologen und Sozialarbeit, um die Probleme, die bereits jetzt auffallen, aufzufangen. Hilfesuchenden müsse früh die entsprechende Hilfe angeboten werden, so der Psychologe.
„Kinder und Jugendliche sollten sich trotz allem viel draußen aufhalten, wandern, Sport treiben und Freunde treffen, wo immer das möglich ist“, rät der Forscher. Er versichert: „Ihr Risiko ist minimal“.

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