Der reichste Mensch der Welt auf neuer Mission
Mit irdischen Erfolgen gibt sich Jeff Bezos längst nicht mehr zufrieden. Der Gründer des Online-Giganten Amazon und reichste Mensch der Welt legt am Montag nach fast drei Jahrzehnten die Konzernleitung nieder. Der 57-Jährige überlässt das operative Geschäft dem bisherigen Chef der Cloud-Sparte von Amazon, Andy Jassy, und bereitet sich auf eine neue Mission vor: Am 20. Juli will Bezos ins All fliegen und sich damit einen Lebenstraum erfüllen.
Der Multimilliardär soll dann beim ersten bemannten Flug seines Raumfahrtunternehmens Blue Origin mit an Bord sein. Eine Rakete wird eine futuristische Kapsel mit Bezos, seinem Bruder Mark und weiteren Passagieren in rund 100 Kilometer Höhe bringen, wo vier Minuten Schwerelosigkeit und ein Blick auf die Erdkrümmung warten.
„Seit ich fünf Jahre alt war, habe ich immer davon geträumt, in den Weltraum zu reisen“, schwärmte Bezos Anfang Juni. „Das ist ein Abenteuer.“
Abenteuer- und experimentierfreudig war Bezos, Geburtsname Jeffrey Preston Jorgensen, offenbar schon früh. Als Kleinkind soll er versucht haben, sein Bettchen auseinander zu nehmen. Später widmete er sich der Informatik und den Ingenieurswissenschaften und arbeitete nach seinem Abschluss an der Elite-Universität Princeton an der Wall Street.
Die Anfänge von Amazon sind mittlerweile Legende: In seiner Garage in Seattle gründete der damals 30-jährige Bezos 1994 einen Online-Buchhandel namens amazon.com. Seine gut bezahlte Stelle bei der Investmentfirma D.E. Shaw ließ er dafür zum Erstaunen seines Umfeldes hinter sich; das nötige Startkapital liehen ihm seine Eltern.
27 Jahre später dominiert Amazon nicht nur den weltweiten Onlinehandel. Der Konzern betreibt auch einen Streamingdienst für Filme, Serien und Musik, bietet Unternehmen mit seiner Cloud-Sparte AWS IT-Dienstleistungen an und arbeitet in den Bereichen Robotik und Künstliche Intelligenz.
Scheidung und Erpressung
Nachfolger von Bezos als Chief Executive Officer (CEO) wird nun Andy Jassy, der derzeit AWS führt. Bezos wird aber als Chef des Amazon-Verwaltungsrates auch künftig die Geschicke des Konzerns entscheidend mitbestimmen. Er werde „in wichtigen Initiativen von Amazon engagiert bleiben“, erklärte Bezos im Februar, als er die Nachfolgeregelung bekanntgab.
Der Schritt erlaubt Bezos, sich mehr seinen anderen Projekten zu widmen: Neben Blue Origin gehört dem glatzköpfigen Milliardär die renommierte Zeitung „Washington Post“, außerdem hat er zwei gemeinnützige Stiftungen gegründet. Der Bezos Day One Fund unterstützt obdachlose Familien und finanziert Vorschulen in ärmeren Wohngegenden, der Bezos Earth Fund widmet sich der Bekämpfung des Klimawandels. Allein seinem Earth Fund spendete Bezos im vergangenen Jahr zehn Milliarden Dollar.
Leisten kann er sich das problemlos. Bezos ist dank seiner Amazon-Aktien der reichste Mensch der Welt, das Finanzmagazin „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf rund 198 Milliarden Dollar. Und das trotz der teuren Scheidung von seiner Frau MacKenzie 2019 nach 25 Jahren Ehe – Bezos überließ ihr ein Viertel der gemeinsamen Amazon-Aktien.
Schlagzeilen machte die Scheidung nicht nur wegen der riesigen Summen, um die es dabei ging, sondern auch, weil Bezos einen Erpressungsversuch durch das Magazin „National Inquirer“ öffentlich machte, das sich intime Fotos von ihm und einer Geliebten verschafft hatte.
Branson will Bezos zuvorkommen
Für Schlagzeilen sorgt immer wieder auch der Konzern Amazon. Regelmäßig gibt es Kritik an den Arbeitsbedingungen von Lagerarbeitern und Lieferanten sowie am Widerstand des Unternehmens gegen die Bildung von Gewerkschaften. Wachsende Kritik gibt es auch an der Marktmacht des mit teils rabiaten Methoden expandierenden Konzerns, die Wettbewerbsbehörden unter anderem in den USA und in Deutschland auf den Plan gerufen hat.
Doch für viele ist Bezos ein Visionär und unternehmerisches Vorbild. Seinen Mitarbeitern gab er kürzlich folgenden Rat mit auf den Weg: „Erfindet weiter und verzweifelt nicht, wenn die Idee im ersten Moment verrückt wirkt.“
Bezos zuvorkommen beim Rennen ins Weltall will allerdings der britische Milliardär Richard Branson. Er will mit einem Raumschiff seines Unternehmens Virgin Galactic ins All fliegen – neun Tage vor dem Amazon-Gründer. (afp)
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