Bulgariens Premier lobt Bürgerwehren, die Migranten jagen

In Bulgarien gibt es Bürgerwehren, die auf eigene Faust Migranten festsetzen und sie der Polizei übergeben. Regierungschef Borissow bedankte sich öffentlich bei ihnen und lobte ihr Engagement – danach knickte er wegen politischem Gegenwind ein. Der Standard berichtete.
Titelbild
Dinko Valev ist Wrestler und traf bei seinen Squad-Touren im Grenzgebiet öfter auf Migranten, die er daraufhin "festnahm".Foto: Ruptly / Youtube
Epoch Times14. April 2016

Das Thema Migrationskrise ist auch in Bulgarien ein heißes. Geschätzte 30.000 Personen übertraten vergangenes Jahr illegal die bulgarische Grenze der Türkei, obwohl das Land abseits der Balkanroute liegt. Die bulgarische Regierung hat keinerlei Interesse, Ausweichroute zu werden oder Willkommenspolitik zu üben – deshalb berichtete auch das Fernsehen lobend über bürgerliche „Selbstschutzgruppen“, welche aus eigenem Antrieb begonnen haben, Migranten zu jagen und festzunehmen.

Vor wenigen Tagen sagte Regierungschef Borissow, er habe mit den betreffenden Bürgergruppen gesprochen. „Ich habe mich bei ihnen bedankt und den Direktor der Grenzpolizei zu ihnen geschickt, damit sie ihre Informationen und alles Nötige miteinander koordinieren. Der Staat gehört uns allen. Jeder, der hilft, hat ein ‚Dankeschön‘ verdient“, wird der Premier zitiert.

Das Vorgehen der Bürgerwehren ist jedoch nicht zimperlich – und plötzlich werden sie auch wieder kritisiert: Die „Festnahmen" von drei afghanischen Flüchtlingen nahe der Grenze seien "illegal", erklärte Antonio Angelow, Leiter der Grenzpolizei dieser Tage laut Standard. Auch er hatte noch letzte Woche den Bürgerwehren offiziell gratuliert. In einem Youtube-Video, das die Flüchtlingsjäger gepostet hatten sah man drei junge Männer mit den Gesichtern am Boden liegen, die Hände mit Kabelbinder am Rücken gefesselt.

„Superheld“ stoppte elf Leute auf einmal

Die Bürgerwehren haben sich gebildet, nachdem der 29-jährige Autoschrotthändler Dinko Valev zu einem Vorreiter wurde. Im bulgarischen Fernsehen nannte man ihn einen Superhelden, weil er „in wenigen Monaten mit eigenen Händen mindestens 20 Migranten festgenommen hat". Menschen, die aus der Türkei über die grüne Grenze nach Bulgarien gewandert waren, darunter Frauen und Kinder, so der Kurier.

Nach eigenen Angaben verhaftet Valev seit August 2015 Migranten – doch dies kam eher zufällig: Bei seinen Spazierfahrten auf dem Squad im Grenzgebiet trifft er regelmäßig auf illegale Einwanderer. Beim ersten Mal sprang einer aus einem Gebüsch heraus und griff ihn mit einem spitzen Gegenstand an. Der Angreifer war der Späher einer größeren Gruppe. Weil Valev körperlich ein Hüne und noch dazu Wrestling-Trainer ist, konnte er sich gegen die insgesamt elf Personen durchsetzen, berichtete Ruptly. "Ich habe ihnen gesagt, dass sie sich mit dem Gesicht nach unten legen sollen, sonst bringe ich einen von denen um", so Valev zum bulgarischen Fernsehsender bTV.

Er sehe es als seine bürgerliche Pflicht, dort einzuschreiten, wo die staatlichen Institutionen ausfielen, erklärte er sein Vorgehen. Durch eine Reportage im Februar wurde er einer breiten Öffentlichkeit bekannt und inspirierte andere zu ähnlichen Taten, so bulgarische Medien. Bürgerwehren fahren nun mit ausrangierten Militärfahrzeugen und Hunden im Grenzgebiet Patrouille.

Anfang März wurde Valev von der Organisation „Helsinki Committee for Human Rights“ angezeigt, wie der Kurier schreibt. „Es ist unerträglich, dass man mich beschuldigt, weil ich ein paar potenzielle Terroristen festgenommen habe“, sagte Valev nach einer Befragung durch die Polizei laut Kurier.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk kritisierte wiederholt die bulgarische Grenzpolizei für ihren Umgang mit Migranten. Im Oktober 2015 wurde ein Afghane beim Grenzübertritt erschossen. Das UNHCR musste daraufhin seinen Sprecher samt Familie aus Bulgarien abziehen, weil es Drohungen gegen ihn gab. (rf)

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