Opposition in Venezuela: „Wir haben keine Angst“ – Militär spricht von „Staatsstreich“ und steht zu Maduro

Joe Biden und Lula da Silva fordern eine Veröffentlichung der vollständigen Wahlergebnisse in Venezuela, nachdem sich Amtsinhaber Maduro zum Wahlsieger erklären ließ. Für die Opposition ist Maduro ein Betrüger. Bei Protesten gegen das Wahlergebnis kamen mindestens elf Demonstranten ums Leben, es gab über 700 Festnahmen.
Oppositionsführerin Machado und Präsidentschaftskandidat González fordern den autoritären Präsidenten Maduro heraus.
Oppositionsführerin Machado und Präsidentschaftskandidat González fordern den autoritären Präsidenten Maduro heraus.Foto: Jeampier Arguinzones/dpa
Epoch Times31. Juli 2024

Nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Venezuela kämpft die Opposition weiter für einen Machtwechsel und einen Rückzug des autoritären Präsidenten Nicolás Maduro. Tausende Regierungsgegner gingen in der Hauptstadt Caracas auf die Straße und protestierten gegen das aus ihrer Sicht manipulierte offizielle Wahlergebnis, das den seit 2013 regierenden Staatschef als Sieger ausweist. Sie skandierten „Wir haben keine Angst“.

Das wahre Ergebnis der Wahl sei eindeutig und nicht verhandelbar, rief Oppositionsführerin María Corina Machado ihren Anhängern von einer Tribüne aus zu. „Das Einzige, über das wir zu verhandeln bereit sind, ist eine friedliche Machtübergabe.“

Die Opposition hat nach eigenen Angaben Zugang zu über 80 Prozent der detaillierten Wahlergebnisse aus den einzelnen Stimmbezirken, die der Nationale Wahlrat bislang nicht veröffentlicht hat. Demnach soll González auf 67 Prozent der Stimmen und Maduro auf 30 Prozent kommen.

Nach der Präsidentenwahl am Sonntag hatte die regierungstreue Wahlbehörde Maduro offiziell zum Sieger erklärt. Er konnte demnach 51,2 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, während der aussichtsreichste Oppositionskandidat Edmundo González Urrutia auf 44,2 Prozent kam.

Die Opposition wirft der Regierung Wahlfälschung vor. Auch die USA, die EU und eine Reihe lateinamerikanischer Länder zweifeln das offizielle Wahlergebnis an. Die Organisation Amerikanischer Staaten erkennt Maduros Wiederwahl nicht an und setzte für Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung des Ständigen Rats zur Lage in Venezuela an.

Biden und Lula dringen auf Veröffentlichung detaillierter Wahlergebnisse

Angesichts der Zweifel am offiziellen Wahlergebnis forderten US-Präsident Joe Biden und Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva Transparenz.

Einer am Dienstag (Ortszeit) vom Weißen Haus veröffentlichten Erklärung zufolge waren sich Biden und Lula in einem Telefonat einig, dass „vollständige, transparente und detaillierte“ Ergebnisse der Wahllokale unverzüglich von den venezolanischen Wahlbehörden veröffentlicht werden müssten.

Bei Protesten gegen das Wahlergebnis kamen laut der regierungsunabhängigen Organisation Foro Penal bislang mindestens elf Demonstranten ums Leben, darunter zwei Jugendliche. Zudem wurde nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft ein Polizist getötet.

Im ganzen Land seien 749 Demonstranten festgenommen worden, sagte Generalstaatsanwalt Tarek William Saab. Sie hätten unter anderem Polizeiwachen, Büros des Wahlamtes, Rathäuser und Krankenhäuser angegriffen. Ihnen werde Terrorismus, Aufstachelung zum Hass und die Blockade öffentlicher Straßen vorgeworfen.

Militär spricht von „Staatsstreich“ und steht zu Maduro

Die Streitkräfte, die in dem südamerikanischen Land ein wichtiger Machtfaktor sind, sicherten Maduro unterdessen ihre Unterstützung zu. „Wir bekräftigen die absolute Loyalität und bedingungslose Unterstützung für den Bürger Nicolás Maduro Moros, den verfassungsmäßigen Präsidenten der Bolivarischen Republik Venezuela, unseren Oberbefehlshaber (…)“, sagte Verteidigungsminister Vladimir Padrino López in einer vom Fernsehen übertragenen Erklärung.

Maduro sei rechtmäßig wiedergewählt worden, ergänzte Padrino, umgeben von Mitgliedern des Generalstabs. Zugleich warnte der Verteidigungsminister, das Militär werde notfalls „schlagkräftig“ vorgehen, um die Ordnung im gesamten Land aufrechtzuerhalten. Die Verfassung und die Menschenrechte würden dabei eingehalten.

„Wir haben es mit einem Staatsstreich zu tun, der von den faschistischen Kräften der extremen Rechten mit Unterstützung der imperialen Kräfte, des US-Imperialismus, angezettelt wurde“, sagte Padrina weiter. „Wir werden diesen Staatsstreich vereiteln.“ Schon bei früheren Protesten konnte Maduro sich auf das Militär verlassen.

Maduro kündigte eine Sicherheitsoperation an, bei der Soldaten und Polizisten in den Straßen patrouillieren und gegen gewaltbereite Gruppen vorgehen sollen. Er warf der Opposition und der US-Regierung vor, mithilfe bewaffneter Gruppen einen Umsturz zu planen. „Die Oligarchie erträgt das Wahlergebnis nicht“, sagte er. „Aber der Faschismus kommt in Venezuela nicht durch.“

UN-Menschenrechtskommissar fordert Versammlungsfreiheit

UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk zeigte sich in einer Stellungnahme besorgt über die Gewalt. „Ich bin beunruhigt über Berichte über die unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt durch Sicherheitskräfte und bewaffnete Gruppen, die die Regierung unterstützen“, so Türk. „Ich fordere die Regierung auf, das Recht aller Venezolaner zu respektieren, sich zu versammeln, friedlich zu protestieren und ihre Meinung frei und ohne Angst zu äußern.“

Das sozialistische Venezuela steckt seit Jahren in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise. In dem einstmals wohlhabenden Land mit großen Erdölvorkommen leben mehr als 80 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Immer wieder kommt es zu Stromausfällen, Benzin, Gas und Medikamente sind knapp. Mehr als sieben Millionen Menschen – ein Viertel der Bevölkerung – haben Venezuela in den vergangenen zehn Jahren wegen Armut und Gewalt verlassen.  (dpa/afp/red)



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