Belarus: Schreie aus dem Innenhof – Freigelassene berichten von Stromschocks, Prügel und glühenden Zigaretten

14. August 2020 - Männer verlassen das Okrestina-Gefängnis in Minsk.
Foto: Getty Images | AFP | Sergei Gapon
Zahlreiche bei den Protesten gegen die umstrittene Präsidentschaftswahl in Belarus festgenommene Demonstranten haben nach ihrer Freilassung von Folter in der Haft berichtet.
Im Gefängnis seien Teilnehmer der Proteste mit Stromstößen und glühenden Zigaretten misshandelt worden, berichteten Freigelassene am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Sie hätten weder Wasser noch Essen bekommen und seien durch Schlafentzug gefoltert worden. Dutzende Menschen wurden demnach zusammen in kleine Zellen gepfercht.
„Sie haben mir sehr stark auf den Kopf geschlagen. Mein Rücken ist mit blauen Flecken übersät von Schlägen mit dem Schlagstock“, sagte der 25-jährige Maxim Dowjenko. Nach eigenen Worten wurde er festgenommen, obwohl er gar nicht an den Demonstrationen teilgenommen hatte, sondern nur zufällig in der Nähe war.
Der 43-jährige Unternehmer Michail Tschernenkow zeigte AFP unzählige blaue Flecken. Er wurde nach eigenen Worten ebenfalls mit dem Schlagstock verprügelt und mit Stromschlägen gequält.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte am Donnerstag von Fällen berichtet, in denen festgenommene Demonstranten nackt ausgezogen, geschlagen und mit Vergewaltigung bedroht wurden.
Schreie aus dem Innenhof
In den sozialen Medien kursieren Videos, in denen die Schreie von inhaftierten Demonstranten in den Innenhöfen von Gefängnissen und Polizeistationen zu hören sind.
In einem Video, das in einer Polizeistation in Minsk aufgenommen wurde, bettelt eine halbnackte Frau Polizisten um Gnade an. In einem anderen Video sind nachts Schreie aus einem Gefängnis ebenfalls in Minsk zu hören.
Belarussische Staatsmedien veröffentlichten am Dienstag eine Aufnahme, die mehrere junge, offenkundig misshandelte Demonstranten zeigt. Als sie von einer unbekannten Person gefragt werden, ob sie sich wieder an den Protesten beteiligen werden, antworten sie mit: „Nein, niemals.“
Die belarussischen Behörden hatten den seit 26 Jahren regierenden Staatschef Alexander Lukaschenko zum klaren Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt. Die Opposition wirft ihm massiven Wahlbetrug vor und fordert Lukaschenkos Rücktritt. Die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja flüchtete nach der Wahl aus Furcht vor Repressalien nach Litauen.
(afp/nh)
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.
Bitte einloggen, um einen Kommentar verfassen zu können
0
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.