Barack Obama in Deutschland: Abschiedsbesuch bei „Freundin Angela“

Die Kanzlerin und der Präsident sind in den vergangenen acht Jahren zu einem Gespann auf der internationalen Bühne geworden - auch wenn das Verhältnis keineswegs frei von Irritationen war. Im Sommer 2008, als Obama noch Präsidentschaftskandidat war, verweigerte Merkel dem als Hoffnungsträger gefeierten Politiker den gewünschten Redeauftritt vor dem Brandenburger Tor.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Barack Obama.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times16. November 2016

Nicht London, nicht Paris, sondern Berlin: Zum Ende seiner Amtszeit stattet Barack Obama Deutschland noch einmal einen Besuch ab.

Die mittlerweile sechste Visite des US-Präsidenten zeugt von der gewachsenen Bedeutung der Bundesrepublik als zentraler Verbündeter der Vereinigten Staaten in Europa und ist Ausdruck von Obamas politischer Freundschaft mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Wenn Merkel und Obama am Donnerstag im Kanzleramt zusammentreffen, dürfte ein vertrautes Gesprächsklima herrschen. Bevor der scheidende US-Präsident in Richtung Europa abhob, drückte er vor Journalisten seine Wertschätzung für die Kanzlerin aus, die wohl die „engste internationale Verbündete“ in seiner Amtszeit gewesen sei.

Die Kanzlerin und der Präsident sind in den vergangenen acht Jahren zu einem Gespann auf der internationalen Bühne geworden – auch wenn das Verhältnis keineswegs frei von Irritationen war. Im Sommer 2008, als Obama noch Präsidentschaftskandidat war, verweigerte Merkel dem als Hoffnungsträger gefeierten Politiker den gewünschten Redeauftritt vor dem Brandenburger Tor.

In den Jahren 2011 und 2012 verfolgte Obama mit großer Skepsis die deutschen „Rettungsbemühungen in der Euro-Krise. Der Präsident hielt den von der Bundesregierung verfochtenen Sparkurs für falsch und befürchtete, dass eine griechische Staatspleite auch die US-Wirtschaft beschädigen und ihm die Wiederwahlchancen verhageln könnte. Ein Jahr später belasteten dann die ausufernden Spionageaktivitäten des US-Geheimdienstes NSA die Beziehungen. „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht“, meckerte Merkel damals.

Das von US-Ökonomen befürchtete Auseinanderbrechen der Eurozone blieb aus, auch die NSA-Affäre ist von den Titelseiten weitgehend verschwunden. Als die Empörung in Deutschland nachließ, begruben Berlin und Washington das Thema mit einem bilateralen Gesprächsforum zum Datenschutz. Enthüllungen über die Verwicklung des Bundesnachrichtendienstes in die Spähprogramme erschwerten moralische Überlegenheitsgefühle in Deutschland, zudem verdeutlichte die islamistische Terrorgefahr die Abhängigkeit von US-Geheimdiensterkenntnissen.

Merkel war für Obama als Regierungschefin der größten Volkswirtschaft in Europa nicht nur in ökonomischen Fragen eine herausgehobene Ansprechpartnerin, auch bei der Beilegung internationaler Krisen setzte Washington in den vergangenen Jahren zunehmend auf die Bundesrepublik. Bei den Gesprächen über das Atomabkommen mit dem Iran spielte die deutsche Diplomatie eine wichtige Rolle, in der Ukraine-Krise übertrug Obama die Verhandlungsbemühungen praktisch der Bundeskanzlerin.

Die wachsende Bedeutung Deutschlands verband Obamas Regierung aber mit zunehmenden Erwartungen an das sicherheitspolitische Engagement der Bundesrepublik. Wiederholt erinnerte Washington den Nato-Partner daran, die Verteidigungsausgaben auf die Zielmarke von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu schrauben.

Merkel und Obama einte ein unaufgeregter Politikstil und eine ähnliche Sicht auf die Welt. Beide setzten sich für Freihandel ein und warben für das umstrittene TTIP-Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union. Als Obama der Kanzlerin im Juni 2011 die Freiheitsmedaille verlieh, die höchste zivile Auszeichnung der USA, pries er sie als „eloquente Stimme für Menschenrechte und Würde weltweit“.

Bestätigt sah sich der US-Präsident in seiner Einschätzung einige Jahre später durch die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Bei einem Besuch im vergangenen Frühjahr in Hannover lobte er seine „Freundin Angela“, die mit ihrer Entscheidung zur Aufnahme von Hilfesuchenden aus den Krisengebieten des Nahen Ostens „auf der richtigen Seite der Geschichte“ stehe.

Unter Obamas Nachfolger Donald Trump zeichnet sich ein rauerer Ton ab. Im Wahlkampf nannte der Republikaner Merkels Flüchtlingspolitik „wahnsinnig“, außerdem ließ er Zweifel an der Bündnistreue der USA in der Nato aufkommen. (afp)



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