Baerbock: „Wir dürfen nicht zu einer weiteren Verunsicherung der Lage beitragen“
Das Auswärtige Amt stellt Familienangehörigen von deutschen Diplomaten in der Ukraine die Entscheidung zur Ausreise frei. Die Rückreise nach Deutschland könne auf freiwilliger Basis erfolgen, sagte ein Außenamtssprecher am Montag in Berlin. Eine Anordnung zur Ausreise von Botschaftspersonal, wie sie die Regierungen der USA und Großbritanniens ausgesprochen hatten, vermied das Auswärtige Amt aber.
Das Vorgehen des Auswärtigen Amts solle die Sicherheit der Betroffenen gewährleisten – zugleich aber auch die „Arbeitsfähigkeit unserer diplomatischen Vertretung in der Ukraine“ sicherstellen, sagte der Sprecher. Die Möglichkeit zur freiwilligen Rückreise gelte auch für Angehörige von Mitarbeitern deutscher Organisationen wie etwa des Goethe-Instituts oder der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Die Kosten für die Rückreise würden vom Auswärtigen Amt beziehungsweise von anderen Arbeitgebern getragen. „Für das Wohl der Menschen, für die wir die Verantwortung tragen, ist das der angemessene Schritt“, sagte der Außenamtssprecher.
Abzug deutscher Diplomaten „nicht förderlich“
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte am Montag am Rande eines Treffens mit ihren EU-Kollegen in Brüssel angedeutet, dass sie den Abzug deutscher Diplomaten aus der Ukraine derzeit nicht für förderlich halte: „Wir dürfen nicht zu einer weiteren Verunsicherung der Lage beitragen“, warnte Baerbock.
„Die Sicherheit von Mitarbeitenden hat oberste Priorität“, so die Außenministerin. Deshalb gebe es am Montag „eine krisenvorsorgende Sitzung mit Blick auf deutsche Staatsangehörige beziehungsweise Mitarbeitende in der Ukraine“. Solche Überprüfungen habe es bereits in der Vergangenheit gegeben.
Entscheidend sei aus deutscher Sicht aber gerade die wirtschaftliche Stabilität der Ukraine. Es seien auch deutsche Unternehmen vor Ort. Die Lage dürfe deshalb „nicht zu einer Verunsicherung mit Blick auf Investitionen in die Ukraine genutzt werden“, unterstrich sie.
Zurückhaltend äußerte sich Baerbock zu einem möglichen Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift, sollte es zu einem Einmarsch in der Ukraine kommen: Sie sei der Ansicht, dass „der härteste Knüppel nicht immer das intelligenteste Schwert am Ende sein wird“. Die EU müsse gemeinsam mit Partnern wie den USA Finanzmaßnahmen so überprüfen, dass sie die größte Wirkung entfalten.
Kein Grund „zur Dramatisierung“
Auch die Europäische Union will ihr diplomatisches Personal vorerst ebenfalls nicht aus der Ukraine abziehen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte am Montag vor einem Treffen mit den Außenministern der 27 Mitgliedsländer in Brüssel, der EU lägen noch keine Informationen über die Hintergründe der US-Entscheidung vor. Er setze auf das geplante Gespräch mit US-Außenminister Antony Blinken per Videokonferenz im Tagesverlauf.
Zentrales Thema des Außenrats in Brüssel ist der Ukraine-Konflikt. Borrell betonte, solange die diplomatischen Gespräche mit Moskau andauerten, gebe es für die EU keinen Grund „zur Dramatisierung“.
Der Außenbeauftragte wies zudem Vorwürfe zurück, Deutschland sei kein verlässlicher Partner und bei möglichen Sanktionen gegen Russland zu zögerlich. „Alle Mitgliedstaaten sind verlässliche Partner“, betonte der Spanier. Es gebe eine „beispiellose Einigkeit über die Situation in der Ukraine“ und „kein Problem mit irgendeinem Mitgliedstaat“.
Großbritannien zieht Teil seines Botschaftspersonals aus Ukraine ab
Großbritannien hatte zuvor die Ausreise eines Teils seines Botschaftspersonals aus der Ukraine angeordnet. „Einige Mitarbeiter“ der Botschaft und ihre Angehörigen „ziehen sich als Reaktion auf die wachsende Bedrohung durch Russland aus Kiew zurück“, erklärte das britische Außenministerium am Montag. Die britische Botschaft bleibe offen und werde weiterhin ihre Kernaufgaben wahrnehmen.
Zuvor hatte Washington eine Abreise der Familien von US-Diplomaten angeordnet. Die Ukraine bezeichnete den Schritt der USA als „verfrüht“. Es handle sich um „übertriebene Vorsicht“, erklärte der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleg Nikolenko. In letzter Zeit habe es „keine radikalen Veränderungen“ in der Sicherheitslage in der Ost-Ukraine gegeben.
Russland unternehme „derzeit aktive Anstrengungen, um die innenpolitische Lage in der Ukraine zu destabilisieren“, warnte Nikolenko. Medien verbreiteten „Falschinformationen“, um „Panik unter Ukrainern und Ausländern zu säen“. Es sei daher wichtig, „die Risiken nüchtern zu betrachten und Ruhe zu bewahren“. (afp/dl)
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