Baerbock vor neuem Top-Posten bei den UN: Eine umstrittene Kandidatur

Die scheidende Bundesaußenministerin Annalena Baerbock soll den Vorsitz der UN-Generalversammlung übernehmen. Ein entsprechender Kabinettsbeschluss sei bereits auf dem Weg, berichten Regierungskreise. Doch die Entscheidung sorgt für heftige Diskussionen. Kritik kommt sogar aus den eigenen Reihen.
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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hält eine Rede während der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGA) am 26. September 2024. Michael M. Santiago/Getty Images
Von 19. März 2025

Informationen aus Regierungskreisen, wonach die scheidende Bundesaußenministerin Annalena Baerbock den Vorsitz in der UN-Generalversammlung anstrebt, haben in Deutschland heftige Debatten ausgelöst. Am Dienstag, 18. März, hieß es vonseiten der „Deutschen Presse-Agentur“, ein entsprechender Kabinettsbeschluss sei bereits auf den Weg gebracht.

Internen Absprachen innerhalb der UNO zufolge wird Westeuropa den Vorsitz in der Sitzungsperiode 2025/26 übernehmen. Deutschland soll aufgrund seines starken Engagements in der UNO das Vorschlagsrecht erhalten – und dieses für eine „starke politische Besetzung“ nutzen. Auf diese Weise will man auch seinen Anspruch auf einen nichtständigen Sitz im UN-Weltsicherheitsrat für 2027/28 unterstreichen.

Erfahrene Diplomatin muss Grünen-Politikerin weichen

Baerbock soll in der Funktion dem früheren Ministerpräsidenten von Kamerun, Philémon Yang, folgen. Dieser war in seiner Heimat für seine Bestrebungen gegen mehr Autonomie für die englischsprachigen Landesteile umstritten und stellte sich in der Taiwan-Frage an die Seite der kommunistischen Führung in Peking.

Ursprünglich war für den Posten die 64-jährige Helga Schmid vorgesehen gewesen. Diese war seit 1988 im diplomatischen Dienst tätig und unter anderem Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD). Als Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte sie unter anderem das Atomabkommen mit dem Iran verhandelt.

Die Wahl Baerbocks gilt als Formsache. Die Politikerin, die auf den Fraktionsvorsitz im Bundestag verzichtet hatte, um eigenen Angaben zufolge zugunsten der Familie kürzerzutreten, wird ihr Mandat niederlegen. Ihren angestrebten neuen Posten würde sie für die Dauer eines Jahres ausüben.

Heusgen empört über Vorzug für Baerbock gegenüber Schmid

Die geplante Bestellung stößt nicht auf ungeteilte Zustimmung. Vor allem der Umstand, dass zu ihren Gunsten nun die erfahrene Diplomatin Schmid ausgebootet werden soll, wirft Fragen auf. Baerbock kommt zwar, wie sie selbst betont, „vom Völkerrecht“. Vor ihrer Tätigkeit als Bundesaußenministerin hatte sie aber keine Berufserfahrung in diesem Bereich vorzuweisen.

In ungewohnt scharfer Form kritisiert beispielsweise der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), Christoph Heusgen, die Personalentscheidung. Gegenüber dem „Tagesspiegel“ äußerte der frühere Ständige Vertreter Deutschlands bei den UN, es sei „eine Unverschämtheit, die beste und international erfahrenste deutsche Diplomatin durch ein Auslaufmodell zu ersetzen“. Die Nominierung von Schmid zugunsten Baerbocks zu widerrufen, sei Ausdruck einer „Aktion Abendrot“.

Der künftige MdB der CDU Johannes Volkmann, Enkel von Altbundeskanzler Helmut Kohl, spricht von einer „Selbstbedienungsmentalität“, wie sie am 23. Februar abgewählt worden sei. Auf X schreibt er:

Die Art und Weise, wie Baerbock nun eine langjährig verdiente Diplomatin wie Helga Schmidt verdrängen soll, macht fassungslos.“

Volker Beck prangert fehlende Distanz zu UNRWA an

Eine überraschend deutliche Kritik kommt sogar aus ihrer eigenen Partei. Der langjährige frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen, Volker Beck, beglückwünscht Baerbock mit einem sarkastischen Unterton. Er wirft der Bundesaußenministerin vor, sich unkritisch vor die UN-Hilfsorganisation für palästinensische Flüchtlinge, die UNRWA, gestellt zu haben.

Diese steht im Verdacht, ein Naheverhältnis zu terroristischen Organisationen zu pflegen und sogar eine unrühmliche Rolle beim Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 gespielt zu haben. Beck wirft Baerbock implizit vor, Kritik an der UNRWA unterlassen zu haben, um ihre Chancen auf eine UNO-Karriere zu wahren.

In eine ähnliche Richtung geht die Kritik von Philipp Peyman Engel, dem Chefredakteur der „Jüdischen Allgemeinen“. Er deutet auf X an, Baerbock habe als Ministerin mehr Interesse an der Dämonisierung Israels als an der Befreiung der Hamas-Geiseln gezeigt. Eine solche Position sei in der UN-Generalversammlung hilfreich.

Baerbock soll im Mai ihr Arbeitsprogramm vorstellen

Demgegenüber nimmt die jesidisch-deutsche Journalistin Düzen Tekkal die Politikerin in Schutz. Die Kritik an Baerbock, so Tekkal auf X, sieht eine „männlich geprägte Weltordnung“, die sich „gerade zerlegt“, hinter der Kritik an der Nominierung. Es sei das Ziel des „Patriarchats“, Frauen wie Annalena Baerbock „kleinzureden“. Helga Schmid erwähnt die Journalistin in ihrem Post nicht.

Baerbock will im Mai in New York ihr Arbeitsprogramm vorstellen. Die Vorarbeit dazu hatte Schmid bereits geleistet. Die Vorsitzende der UN-Generalversammlung organisiert und leitet unter anderem die Sitzungen des Gremiums. Zudem soll sie die 193 Mitgliedstaaten der UNO als Gesamtheit vertreten, diplomatisch vermitteln und die Tagesordnung für die Sitzungen mitbestimmen.

Bundesregierung verteidigt Nominierung: Außenministerin „hoch qualifiziert“ und „anerkannt“

Unterdessen haben der Regierungssprecher Steffen Hebestreit und der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Sebastian Fischer, in der Bundespressekonferenz die Nominierung verteidigt. Baerbock sei „hoch qualifiziert für diesen Job“ und „hoch anerkannt“. Dies sage gleichzeitig nichts über „etwaige andere Bewerberinnen aus, die genauso anerkannt und auch qualifiziert sind“.

Die Nominierung Baerbocks für diese Position sei auch im Einvernehmen mit der künftigen Bundesregierung erfolgt. Es sei zudem ein „besonderes Zeichen“, dass Deutschland für dieses Amt die Außenministerin nominiere. Diese Kandidatur auf höchster politischer Ebene unterstreiche „das deutsche politische Bekenntnis zu den Vereinten Nationen und unsere Bereitschaft, in schwierigen Zeiten besondere Verantwortung für dieses multilaterale System zu übernehmen“.

Den von einem Fragesteller kommenden Einwand, Baerbock sei bisher kaum durch diplomatisches Geschick aufgefallen, wiesen die Sprecher zurück. Das Feedback, das man aus dem Kreis der Staats- und Regierungschefs und der Außenminister bisher erlangt habe, sei „durchweg positiv“.

UN-Generalversammlung steht in der Kritik

Die UN-Generalversammlung ist in ihrer Geschichte mehrfach durch fragwürdige Entscheidungen in die Kritik geraten. So hatte das Gremium 1975 in einer Resolution den Zionismus als „Rassismus“ eingestuft. Erst 1991 wurde die Entscheidung, die der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan als einen „Tiefpunkt“ der UN-Geschichte bezeichnete, zurückgenommen.

Im Jahr 2022 stimmte die Generalversammlung infolge des Ukrainekrieges mehrheitlich für einen Ausschluss Russlands aus dem UN-Menschenrechtsrat. Diesem gehören gleichzeitig Staaten wie das von der KP regierte China, das kommunistische Kuba oder das als unfrei geltende Burundi an. Von 2015 bis 2023 hat die UN-Generalversammlung zudem 154 Resolutionen beschlossen, die sich gegen Israel richteten. Demgegenüber betrug die Zahl der Beschlüsse, die sich gegen andere Staaten richteten, insgesamt lediglich 71.



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