Baerbock droht Russland bei Eskalation im Ukraine-Konflikt mit Folgen
Die neue Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich an ihrem ersten Tag im Amt mit ihrem französischen Kollegen Yves Le Drian über die großen außenpolitischen Themen abgestimmt.
Beide Politiker wollen sowohl im Ukraine-Konflikt als auch bei einem möglichen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in China europäische Lösungen suchen, wie sie am Donnerstag in Paris bekräftigten.
Russland würde „einen hohen Preis zahlen“
„Die territoriale Integrität und die Souveränität der Ukraine sind für uns nicht verhandelbar“, sagte Baerbock. „Russland würde einen hohen politischen und wirtschaftlichen Preis für eine erneute Verletzung der ukrainischen Staatlichkeit zahlen“, sagte die Ministerin. Ziel sei es, eine militärische Eskalation zu vermeiden.
Le Drian begrüßte das jüngste Gespräch zwischen US-Präsident Joe Biden und seinem russischen Kollegen Wladimir Putin zur Lage in der Ostukraine. Er betonte zugleich, dass eine Lösung „ohne Naivität“ gesucht werden müssen. „Diese Fragen müssen auf europäischer Ebene besprochen werden“, sagte Le Drian.
„Das Normandie-Format wurde nicht infrage gestellt“, sagte Le Drian mit Blick auf die Verhandlungsrunde, an der neben Russland und der Ukraine auch Deutschland und Frankreich beteiligt sind. Es gebe den gemeinsamen Willen, so bald wie möglich wieder ein solches Treffen auf der Basis des Minsker Abkommens zu organisieren.
Baerbock will in der Olympia-Frage eine europäische Antwort
Mit Blick auf einen möglichen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in China sprachen sich beide Außenpolitiker für eine gemeinsame europäische Position aus.
„Ich möchte an dieser Stelle einmal bewusst und deutlich aber sagen, dass wenn eine Frau solche Vorwürfe erhebt, dann muss das auch im internationalen Kontext Gehör finden“, sagte Baerbock in Anspielung auf die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai an, die nach Vergewaltigungsvorwürfen gegen einen chinesischen Spitzenpolitiker unter Druck gesetzt worden war. „Wir verfolgen diese Angelegenheit aufmerksam“, sagte Le Drian.
China steht auch wegen Menschenrechtsverletzungen im Umgang mit Uiguren und Tibetern, wegen der noch andauernden Verfolgung der buddhistischen Meditationspraxis Falun Gong, sowie wegen der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong oder den Drohungen gegen Taiwan in der Kritik.
Die USA hatten Anfang der Woche angekündigt, keine diplomatischen oder offiziellen Vertreter zu den Olympischen Spielen nach China schicken. Australien, Kanada und Großbritannien schlossen sich dem an.
Baerbock ausweichend zu Atomfrage
Baerbock zeigte sich erfreut, dass Frankreich die CO2-Steuer während seiner im Januar beginnenden EU-Ratspräsidentschaft vorantreiben wolle. Sie lobte die Pariser Klimakonferenz 2015 als eine „Sternstunde der internationalen Diplomatie“ und bekräftigte, dass das Auswärtige Amt bei der internationalen Klimapolitik künftig „mit federführend“ sei.
Auf die Frage nach dem französischen Vorhaben, Atomenergie in der EU als nachhaltig einstufen zu lassen, antwortete sie ausweichend. „Dass wir unterschiedliche Positionen haben, ist ja bekannt“, sagte sie knapp.
Le Drian ließ seinerseits erkennen, dass sich Frankreich ein stärkeres Engagement der Deutschen bei militärischen Auslandseinsätzen wie in der Sahelzone erhoffe. „Europa ist im Sahel präsent, um gegen den Terrorismus zu kämpfen“, sagte Le Drian. „Deutschland hat dabei natürlich eine wichtige Rolle zu spielen“, fügte er hinzu.
Beide Politiker versicherten sich gegenseitig der tiefen Freundschaft ihrer Länder. Die Beziehung der beiden Außenministerien sei „ein Schatz“, sagte Le Drian. „Was gibt es Schöneres, als am ersten Morgen seines Amtes in Paris zu sein?“, sagte Baerbock.
„Deutschland hat keine engeren Freunde als Frankreich“, betonte sie und bedankte sich bei Le Drian, den sie einmal siezte, sonst aber duzte. „Ihr könnt Euch vom ersten Tag bis zum letzten Tag Eurer (EU-)Ratspräsidentschaft auf Deutschland, auf meine persönliche Unterstützung, verlassen“, betonte sie.
Baerbock bekennt sich klar zu EU und Nato
Baerbock hat auch ein klares Bekenntnis zu Europa und zur Nato abgegeben. Die EU sei eine „Erfolgsgeschichte“, so Baerbock am Donnerstag. Die Nato bleibe zudem ein „unverzichtbarer Pfeiler der Sicherheit in Europa“.
Bei ihrer ersten eng getakteten Reise als Ministerin traf Baerbock unter anderem Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Brüsseler Hauptquartier. Dieser begrüßte das Bekenntnis der Ampel-Koalition zur Militärallianz: „Die Nato braucht ein starkes Deutschland, sowohl politisch wie militärisch“, unterstrich er.
Gleichwohl kündige Baerbock neue Akzente an: Eine strategische Souveränität Europas sei „nicht nur eine militärische Frage, sondern vor allem eine Frage von Diplomatie, von Rechtsstaatlichkeit und einem starken wirtschaftlichen Zusammenarbeiten in der Europäischen Union“, betonte sie.
Beim Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell ging es dann unter anderem um Konfliktherde wie die Ukraine, China und den Iran. Einigkeit bestand laut Baerbock beim Kurs gegenüber Belarus: „Die EU muss den Druck auf das Regime in Minsk aufrechterhalten“, sagte sie.
Am Freitag wird Baerbock in Warschau erwartet. Auch dort wolle sie kein Blatt vor den Mund nehmen, kündigte Baerbock an: „Freundschaft heißt, gerade auch bei kritischen Fragen offen und ehrlich miteinander zu sprechen“, bemerkte sie zur Frage der Rechtsstaatlichkeit in Polen. (afp/dpa/dl)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion