Aus Frankreich kann nun Gas nach Deutschland fließen

In Deutschland fehlt Gas, in Frankreich fehlt wegen abgestellter Atomreaktoren Strom. Deswegen haben sich beide Länder darauf geeinigt, sich im kommenden Winter gegenseitig auszuhelfen.
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Gasspeicher in Oberhausen. Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times12. Oktober 2022

Ab Donnerstag kann nach Angaben des Betreibers GRTgaz Deutschland erstmals Gas aus Frankreich über den Grenzort Medelsheim im Saarland nach Deutschland fließen.

Technische Probleme müssen noch behoben werden

Dazu wird eine Leitung genutzt, durch die bislang Gas in die umgekehrte Richtung floss, unter anderem auch aus Russland. Sie gehört zur Mittel-Europäischen Gasleitung (Megal), die quer durch Süddeutschland Richtung Tschechien verläuft. Zwei technische Probleme mussten zuvor behoben werden: Zum einen musste die Fließrichtung geändert werden. Zum anderen musste geklärt werden, inwiefern Deutschland das Gas aus Frankreich problemlos nutzen kann.

Dabei spielen Geruchsstoffe eine wichtige Rolle. Erdgas riecht im natürlichen Zustand nach nichts, deshalb mischen Gasversorger dem Gas stark riechende Zusatzstoffe hinzu. So können Verbraucher zum Beispiel schnell merken, wenn sie den Gasherd aufgedreht haben, aber die Flamme nicht gezündet hat.

In Deutschland werden die Geruchsstoffe erst zugesetzt, wenn das Gas an die Endverbraucher geht. In Frankreich ist das schon früher der Fall. Die französische Industrie ist darauf eingestellt, Gas mit erhöhtem Schwefelgehalt zu bekommen – die deutsche Industrie hingegen nicht.

Geruchsstoffe soll künftig in Medelsheim  entfernt werden

„Sicherheitstechnisch ist das kein Problem“, sagte Frank Dietzsch vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) dazu der Nachrichtenagentur AFP. In manchen Industriezweigen könne es aber unerwünschte Nebenwirkungen geben. So könne sich etwa Glas rötlich färben. Beim Einsatz in Erdgas-Fahrzeugen ließen sich möglicherweise Umweltgrenzwerte für Schwefel nicht einhalten.

Der DVGW habe darüber in einem Rundschreiben informiert. „In manchen Fällen müssen Prozesse angepasst werden“, sagte Dietzsch. Der erhöhte Schwefelanteil lässt sich etwa durch Aktivkohlefilter wieder beseitigen.

Mittelfristig soll in Medelsheim eine Anlage gebaut werden, die die Geruchsstoffe aus dem französischen Gas entfernen kann, bevor es nach Deutschland weitergeleitet wird. Dies kann aber mehrere Jahre dauern.

„Jeder Kubikmeter zählt“

Nach Angaben der französischen Behörde zur Energieregulierung können durch die Leitung bis zu 100 Gigawattstunden täglich fließen. Derzeit importiert Deutschland täglich etwa 3000 Gigawattstunden, den größten Teil davon aus Norwegen. Der Anteil aus Frankreich macht also gerade einmal gut drei Prozent aus. „Aber jeder Kubikmeter zählt“, sagte Dietzsch. Die Lage werde sich entspannen, wenn Ende des Jahres die ersten schwimmenden Flüssiggas-Terminals in Betrieb genommen werden könnten.

Welche Mengen tatsächlich durch die Leitung von Frankreich nach Deutschland fließen werden, werde der Markt regeln, sagte Fiete Wulff, Sprecher der Bundesnetzagentur. Die technischen Möglichkeiten seien nun gegeben, sodass die Pipeline-Kapazitäten vermarktet werden können.

Frankreich hat mehr Gas zur Verfügung als Deutschland, da es bereits über vier Flüssiggas-Terminals verfügt. Ein weiteres schwimmendes Terminal soll in Le Havre gebaut werden. Die Gasspeicher sind für den kommenden Winter in Frankreich komplett gefüllt.

Zudem wird Strom in Frankreich überwiegend über Atomkraftwerke und nicht über Gaskraftwerke erzeugt. Außerdem nutzen viele Haushalte Elektroheizungen.

Allerdings steht derzeit etwa die Hälfte der Atomreaktoren wegen Wartungsarbeiten und technischer Probleme still, sodass die Netzbetreiber im Fall eines strengen Winters vor Stromausfällen warnen. (afp/dl)



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