Auf keinen Fall Vizekanzler unter Merz: Olaf Scholz politische Zukunft unklar
Ganz gleich, wie die Bundestagswahl am 23. Februar ausgehen wird: Einen Vizekanzler namens Olaf Scholz (SPD) wird es in einer wahrscheinlich unionsregierten Regierung nicht geben.
Der noch amtierende Bundeskanzler beantwortete am 12. Dezember 2024 im Berliner Humboldt-Forum bei einer Veranstaltung von „Deutschlandfunk Kultur“ die Frage, ob er unter Friedrich Merz Vizekanzler werden würde, mit den Worten
Das würde ich nicht. Aber ich kämpfe ja sowieso darum, dass ich erneut Kanzler sein kann.“
Letztendlich seien Wahlen „ganz anders als die Vorhersagen“, gab Scholz zu bedenken. Schon bei seinen Hamburger Wahlen und auch bei der Bundestagswahl 2021 habe niemand vorhergesagt, dass er die absolute Mehrheit holen könnte. „Ich mir auch selbst nicht, und trotzdem war sie da“, fügte Scholz hinzu. Und weiter: „Es ist Gottseidank in der Demokratie so, dass die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Kreuz in der Wahlkabine entscheiden, wie’s geht. Da können Sie einem auch ein starkes Mandat geben.“
Scholz verwies darauf, dass deutliche Mehrheiten von zum Teil 80 Prozent seine Ansichten zur Rente, zum höheren Mindestlohn, zu Verbesserungen für Familien oder zum Wohngeld teilen würden. „Ob das dann in der Koalition von Parteien gestaltbar ist, das ist eine andere Frage, und das werden wir sehen“ (Audio ab ca. 44:10 Min. auf „Deutschlandfunk Kultur“).
INSA sieht leichte Zugewinne für SPD – großer Abstand zur Union
Nach der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA im Auftrag der „Bild“ müsste die SPD deutlich zulegen, um CDU/CSU tatsächlich noch von Platz eins in der Wählergunst zu verdrängen.
Trotz eines Plus von einem Prozentpunkt würden lediglich 17 Prozent der Befragten die SPD wählen, wenn der Bundestag bereits am kommenden Sonntag neu gewählt würde. Die CDU hätte einen Vorsprung von 14,5 Punkten (31,5 Prozent). Bundeskanzler würde mit allergrößter Wahrscheinlichkeit Friedrich Merz (CDU). Bei der jüngsten Forsa-Umfrage ergab sich ein ähnliches Bild.
Bliebe es bis zum Wahlsonntag dabei, dann hätte Merz allerdings gar keine andere Möglichkeit, als die SPD um eine Partnerschaft zu bitten. Denn für Schwarz-Grün allein würde es nicht ausreichen – schon gar nicht, falls die FDP (4,5 Prozent) doch noch den Sprung in den Plenarsaal schaffen würde.
In diesem Fall hätte Merz höchstens die Option, auf eine schwarz-grün-gelbe „Jamaika-Koalition“ zu setzen, um eine Mehrheit im Parlament zu besitzen. Doch FDP-Chef Christian Lindner würde wohl kein Bündnis mehr mit den Grünen wagen: Erst vor wenigen Tagen warnte der frühere Bundesfinanzminister den Kanzlerkandidaten Merz davor, sich auf eine Koalition mit den Grünen einzulassen.
Klare Absage von Söder an Schwarz-Grün, hohe Hürden für Schwarz-Rot
Darüber hinaus hatte CSU-Chef Markus Söder erst jüngst wieder klargestellt, dass für ihn keine Partnerschaft mit den Grünen infrage käme. Am 5. Dezember bekräftigte er vor dem Hintergrund der drohenden 600-Millionen-Northvolt-Pleite in einem X-Video seinen Standpunkt:
Warum sollen die Grünen, warum soll Robert Habeck in der Regierung bleiben? Mit der CSU gibt es kein Schwarz-Grün und keinen Robert Habeck mehr als Wirtschaftsminister.“
Ende November hatte Söder allerdings auch betont, dass „eine grundlegende Wende bei Migration und Bürgergeld“ für die CSU eine „elementare“ Bedingung für die Auswahl eines Koalitionspartners sei. Womit es zugleich schwierig sein dürfte, den Franken für eine schwarz-rote Koalition zu gewinnen.
Eine CDU/CSU-AfD-Koalition scheidet wegen des Unvereinbarkeitsbeschlusses („Brandmauer“) von vorneherein aus. Auch eine Zusammenarbeit der Union mit den Grünen und dem BSW wäre wohl nur rechnerisch möglich: Friedrich Merz hatte ein Bündnis mit der Wagenknecht-Partei auf Bundesebene bereits im ZDF-„Sommerinterview“ kategorisch ausgeschlossen.
Welche Rolle Olaf Scholz in einer mutmaßlich schwarz-roten Regierungskoalition bekleiden könnte, bleibt damit vorläufig unklar. Die Position des Vizekanzlers könnte nach Scholz’ Absage am ehesten Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius oder SPD-Coparteichef Lars Klingbeil zufallen, wie der „Spiegel“ spekuliert.
Vor seiner Zeit als Kanzler hatte Scholz unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erst als Arbeitsminister (11/2007 bis 10/2009), dann als Finanzminister und Vizekanzler (03/2018 bis 09/2021) gedient.
Bei zweiter Amtszeit würde Scholz schneller für Klarheit sorgen wollen
Im „Deutschlandfunk Kultur“ mit der hypothetischen Frage konfrontiert, was er im Fall einer erneuten Kanzlerschaft ändern würde, antwortet Scholz: „Die Klarheit herstellen, dass es bestimmte Dinge gibt, über die die Regierung entweder weitermacht oder aufhört.“ Für ihn stehe die Frage im Raum, ob er den Schritt zum Ampel-Aus nicht schon früher hätte vollziehen müssen.
Am 6. November 2024 hatte Scholz seinen Finanzminister Lindner entlassen und die Vertrauensfrage angekündigt, die er am vergangenen Mittwoch auch schriftlich einreichte. Am kommenden Montag, 16. Dezember, könnte der Bundestag nun den Weg zu Neuwahlen am 23. Februar frei machen.
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