„Tiefsitzender Menschenhass“: Amnesty International nach Enthüllungen über Arbeitsklima in der Kritik
Ist es ein illustratives Beispiel für den Unterschied zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik, was „Amnesty International“ in diesen Tagen bietet? Die 1961 gegründete und seither weltweit offensiv mit hohem moralischem Anspruch auftretende Nichtregierungsorganisation ist ins Gerede geraten. Während die Organisation unter dem Banner der „Menschenrechte“ Regierungen in aller Welt angeblicher oder tatsächlicher Verletzungen derselben zeiht und ihnen unmenschliches Verhalten vorwirft, soll sie in ihren eigenen Reihen einen überaus rustikalen Umgang mit ihren Mitarbeitern betrieben und toleriert haben.
Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, haben gleich sieben Führungskräfte der Organisation in einem Akt der Selbstkritik einen Brief an Generalsekretär Kumi Naidoo gerichtet, in dem sie kollektiv ihren Rücktritt anbieten. Die Rückzugsambitionen erfassen die gesamte Führungsspitze mit Ausnahme Naidoos, der Chef von Greenpeace war, ehe er zu Amnesty gewechselt war.
Selbstmorde und Traumata
Den Stein ins Rollen gebracht hatte die Veröffentlichung des „Staff Wellbeing Reviews“ der Organisation am 31. Januar 2019. In diesem war davon die Rede, dass es innerhalb der Vereinigung ein „toxisches Arbeitsklima“ gäbe – und das nicht erst seit kurzem, sondern bereits über Jahre und Jahrzehnte hinweg.
„Mobbing, Stress und Rücksichtslosigkeit“ sollen den Alltag innerhalb der Vereinigung gekennzeichnet haben. Als es 2018 eine tiefgreifende organisatorische Umstrukturierung gab, ereigneten sich innerhalb der Organisation zwei Selbstmorde, von denen zumindest jener des Mitarbeiters Gaëtan Mootoo, der 30 Jahre lang für Amnesty International tätig war, direkt mit internen Zuständen in Zusammenhang gebracht werden kann.
Mootoo, der sich am 25. Mai im Büro der französischen Sektion in Paris das Leben nahm, schrieb in einem Abschiedsbrief von einem „unerträglichen Arbeitsdruck“. Am 1. Juli wählte auch die in London für Amnesty tätige Praktikantin Rosalind McGregor im Haus ihrer Familie den Freitod – sie allerdings hinterließ, anders als Mootoo, keine Nachricht, die auf eine kausale Verbindung mit dem Arbeitsklima schließen ließ.
Nachdem sich jedoch Hinweise auf Unzulänglichkeiten innerhalb der Organisation erhärtet hatten, beauftragte die Führung die Beratungsgesellschaft KonTerra Group mit einer Tiefenanalyse. Die Ergebnisse kamen einem Super-GAU für die NGO gleich. Nach Durchsicht von 475 Fragebögen und Interviews mit 70 aktuellen und früheren Beschäftigten in aller Welt riefen die Verfasser in einigen Fällen sogar nach Maßnahmen zur psychologischen Sofortintervention.
Vetternwirtschaft und Schikanen als Alltag
So war die Rede von einer „Märtyrer-Kultur“, die Anklänge an die literarische Figur des Hengstes „Boxer“ in George Orwells „Animal Farm“ weckt und die Mitarbeiter dazu veranlassen soll, ihr eigenes Wohlbefinden der vermeintlich so großen Bedeutung ihrer Arbeit zu opfern. Wer dazu nicht in ausreichendem Maße bereit war, soll üblen Beschimpfungen, Drohungen und psychologischem Druck vonseiten der Führungskräfte ausgesetzt worden sein. Die geschilderten Zustände sollen bereits in die 1990er Jahre zurückreichen.
Zwar schreiben die Autoren des Berichts, dass auch externe Faktoren wie die „sekundäre Traumatisierung“ durch stetige Konfrontation mit Fällen von Gewalt und Folter eine tragende Rolle spielten. Entscheidend seien aber interne Umstände wie Überlastung, Postenschacher, Begünstigungen, Benachteiligungen, mangelnde interner Kommunikation, Schuldzuweisungen und ein grober Ton. Die große Umstrukturierung 2018, die auch zur Versetzung hunderter Londoner Mitarbeiter an die Rechercheorte in Asien, Afrika und Lateinamerika selbst führen sollte, hätte die Lage noch zusätzlich verschärft. Generalsekretär Kumi Naidoo habe sich eigenen Angaben zufolge noch nicht entschieden, ob er die Rücktrittsangebote seiner Vorstandskollegen annehmen will. Zudem wolle er bis Ende März einen Plan zur Reform der Organisation vorstellen.
Zunehmend ideologischer Menschenrechtsbegriff
Die 1961 in London gegründete Organisation hatte sich in den ersten Jahrzehnten ihrer Tätigkeit vor allem auf den Einsatz für Personen konzentriert, die nach Einschätzung von Amnesty auf Grund ihrer politischen oder weltanschaulichen Überzeugungen inhaftiert waren. Dafür organisierte man über so genannte Adoption Groups Petitionsschreiben an die Botschaften der betreffenden Länder. Auch die Anprangerung von Folter und eine generelle Ablehnung der Todesstrafe gehörten zum Repertoire der NGO, die auch von zahlreichen Prominenten in aller Welt unterstützt wurde.
Im Laufe der letzten Jahrzehnten wurde jedoch zunehmend Kritik an der Arbeit von Amnesty International laut, als der Organisation vorgeworfen wurde, in ihrem Einsatz Voreingenommenheit zu zeigen und vor allem eine eigenmächtige, ideologisch motivierte Ausweitung des Menschenrechtsbegriffes zu betreiben.
Im Nahostkonflikt soll Amnesty einseitig und in propagandistischer Weise gegen Israel Stellung beziehen und dessen Bedrohungssituation durch terroristische Gruppen zu ignorieren. Außerdem wirft Amnesty seit Mitte der 2000er Jahre regelmäßig auch Staaten „Menschenrechtsverletzungen“ vor, weil diese eine restriktive Abtreibungsgesetzgebung aufweisen, Prostitution nicht erlauben oder „Racial Profiling“ in der Polizeiarbeit betreiben.
Der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete Carsten Hütter zeigt sich in einer Reaktion auf Facebook über die Enthüllungen nicht überrascht. Er schreibt:
„Wie so oft bei all den wohltätigen, ewig selbstgerechten, moralischen Hilfsorganisationen, verbirgt die süße Frucht der Wohltat einen fauligen Kern. Denn typisch links zählt der Allernächste nichts, solange man sich den gutmenschlichen Anstrich über Dritte verleihen kann. Das kaschiert nur tiefsitzenden Menschenhass, der sich an anderer Stelle Bahn bricht. Pfui Teufel!“
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